XIV. WAVE GOTIK TREFFEN 2005 - Leipzig 13.-16.05.


Einleitung
Freitag
Samstag


BERICHT

Endlich startete dieses Festival mal stilgerecht an einem Freitag, den 13ten. Passend natürlich auch, dass erst der Samstag der Tag der Regenfälle und dem Reinfall war.

Interessant nach diesem Festival ist alljährlich das Gästebuch auf der Homepage. Während die Leute den Gesamteindruck sehr subjektiv zwischen Genial, Schrott und "früher war alles besser" einordneten, waren sich alle Schreiber in einem Punkt einig und das war der Auftritt von VISAGE. Während sich bei mir am Samstag noch Wut und Enttäuschung über diesen Versuch, eine dreijährige Karriere in den frühen 80ern in die frühen 00er zu retten noch die Waage hielten, ist es heuer eher Mitleid mit der Selbstkarikatur Steve Strange. Wie gut, dass er von seinem eigenen Konzert nicht viel mitbekommen hat. Uns hätte ein frühes Treffen mit Ian Curtis vor schlimmerem bewahrt.


HUMAN LEAGUE / Photos by Harry Fayt / www.Datapix-Agency.com

Überhaupt sollte man sich in diesem Zusammenhang die Frage stellen, welchen Sinn diese, als Mitternachts-Spezial angekündigten Konzerte haben (kurzer Einwurf: Hätte man VISAGE und AND ALSO THE TREES getauscht, würde dieser Abschnitt fehlen). Warum spielen diese Bands nicht einfach als Top Act und man spart sich die fast einstündige, unnötige Pause? Einzige Band, welche diesmal wirklich verdient das Siegel einer Mitternachts-Spezial Band überstreifen durfte, waren THE HUMAN LEAGUE.

Bereits beim letztjährigen Bericht habe ich erwähnt, dass das WGT an den Grenzen angelangt ist. Eine Gesundschrumpfung täte dringend Not. Was nutzen dem Fan Superlative wie 180 Bands an vier Tagen, wenn man bestenfalls 30 davon sehen kann? Und zwar nicht immer die 30, die man auch wirklich sehen will. Was nutzen Superlative wie über 20.000 Besucher, wenn man aus diesen Grund eine Stunde in einer Schlange steht und vergeblich auf Einlass hofft. Ein anderes ungewünschtes Superlativ sind die Preise. Während die Getränkepreise in einem Rahmen gehalten werden, der dem entspricht, was quer durch die Republik mittlerweile auf Konzerten verlangt wird, ist der Preis für Nahrungsmittel eine Unverschämtheit, vor allem wenn man den Gegenwert unter die Lupe nimmt (unter das Mikroskop möchte ich diese Erzeugnisse lieber nie legen - obwohl lustige kleine Kriechtiere durchaus ein faszinierendes Sexualleben besitzen).

Probleme, welche seit Jahren bekannt sind, wurden erneut nicht behoben. Eins davon wäre ganz einfach zu beheben. Die geringe Anzahl an Toiletten in der Agra. Man müsste nur den Toilettenbereich etwas vergrößern und hätte Platz für zwei zusätzliche Toilettenwagen und 8 Dixies haben heute dort schon Platz. Bis heute absolut unverständlich, warum auf der Parkbühne für sein Geschäft bezahlt werden muss. Die Preise für's Duschen auf dem Campingplatz sind natürlich berechtigt, weil hier frei nach Kneipp geduscht werden kann. Von Nöten wären ein bis drei Informationsstände, wo sich Besucher informieren könnten, ob es sinnvoll wäre, noch zu dem oder dem Veranstaltungsort zu fahren oder ob die Location wegen Überfüllung kein Einlass mehr gewährt bzw. die Schlange bereits einen Umfang erreicht hat, das es sich nicht mehr lohnt, dafür quer durch Leipzig zu fahren. Zu Überlegen wäre auch eine zweite Open Air Bühne, wie es sie beim Armageddon `99 bereits gegeben hat.

Zu den Bands: Außer Visage gab es keine wirklichen Ausfälle. Sicherlich hatte man die oder die Band schon besser gesehen und andere entsprachen nicht dem persönlichen Musikgeschmack. Und außerdem darf die Frage erlaubt sein, was die Masse an Elektro Bands mit Wave und Gothic zu tun hat? Ist ja gut..., Frage ist nicht erlaubt! Ist denn evtl. die Frage erlaubt, warum hoffnungsvolle deutsche Bands wie GOLDEN APES oder MYSTIGMA (es ließe sich noch fortsetzen) ein ewiges Schattendasein führen, weil ihnen der Hype von bestimmten Zeitschriften verwehrt wird, welche auf der Suche nach dem Exotischen ewig fündig werden? GOLDEN APES aufgrund vom pünktlichen Wahnvorstellungen den letzten Song zu verwähren ist einem WGT unwürdig. Aber die Phobie Uhrzeit betrifft ja nicht nur die "kleinen" Bands, wie das unrühmliche Ende von DAS ICH auf der Parkbühne bewies. Insgesamt sollte man auch darüber nachdenken, evtl. bestimmte Konzerte etwas früher zu beginnen und später enden zu lassen und dafür den Bands 5-10 Minuten mehr Zeit geben. Warum muß (außer in der Agra Halle) jedes Konzert um 0.00 Uhr (meistens früher) beendet sein? O.K. hier geht es auch um die "Auftritte" irgendwelcher DJ's, aber die nerven doch allwöchentlich mit ihrem ewig gleichen Scheiß. Aber vielleicht bin ich einfach zu alt. Ich fahre nach Leipzig, um Bands zu sehen. Ich brauche mich nicht zu produzieren und ich brauche auch keine Projektion. Oben habe ich in einem anderen Zusammenhang "früher war alles besser" erwähnt und in einem ganz bestimmten Punkt ist es wahr. Früher war, neben unterschiedlichen Wertevorstellungen, die Musik das elementare Unterscheidungsmerkmal zum Mainstream, heute ist sie Nebensache einer zum toten Fisch verkommenen mit dem Strom schwimmenden Masse in Schwarz, welche der Stadt Leipzig zum wichtigsten Einnahmeportal des Jahres dient. (andreas)




FREITAG 13.05.

Wenn man mal vom Nadelöhr der Nation (Hannover) absieht, war es eine recht problemlose Anfahrt. Ebenso problemlos und mit geringsten Zeitaufwand ging es in Leipzig weiter. Bändchen und Pässe waren schnell und problemlos in unseren Besitz übergegangen. Wie in den letzten Jahren auch bezogen wir dann unser Zimmer im fast zentral gelegenen Telekom Hotel mit der unaussprechlichsten Adresse der ganzen Stadt. Nach einer kurzen Erholungsphase ging es dann ins Werk 2 nach Leipzig, wo wie leider nur das Ende von TRANSIT POETRY mitbekamen, das Solo Projekt von Despairation Sänger Sascha Blach. Zwischen zwei großen Kerzenleuchter stehend war die Band gerade dabei, ein Cover des Rainbirds Klassikers "blueprint" zu spielen. Und auch das verwegen poppige "Identity" bekamen wir zum Schluß noch mit.


Danach wurde die Bühne reichlich voll, denn puppenlose Köpfe, äh... kopflose Puppen bevölkerten die Bühne um Mastermind NIK PAGE. Nachdem der Opener etwas schwerfällig wirkte, konnte man spätestens mit "Seelenfänger" die ersten Reihen in tanzende Schwingungen versetzen. Nik hatte die anfängliche Nervosität endgültig abgelegt und genoß die weibliche Unterstützung beim Gesang. Dara spielte diesmal übrigens nicht die Krankenschwester, sondern war komplett in Schwarz gekleidet. Es folgte mit "Mephisto" ein weiteres Stück des aktuellen Albums "Sinmachine". Nik durchbrach die Dunkelheit und Nebelwände mit kleinen Taschenlampen, welche seine Hand verlängerten. Straighter Goth Rock mit verschmitzter Elektronik wurde mit "shape my world" dargeboten. Damit dieser Freitag nicht zu Unrecht in die Annalen als Tag der Coverversionen eingehen wird, dafür sorgte auch diese Band. Aber "Mysteryland" scheint wie gemacht für den Sound von Nik Page, der den Song mit reichlich pathetischer Düsternis aufpeppte. Nik nutzte die Pause zwischen den Stücken für reichlich Dankesreden, nach "Mysteryland" wurde zuerst den Leuten gedankt, welche bei einer Viva Sendung (kann mir irgendjemand sagen, wer dieser VIVA ist?) für diesen Song voteten. Dann richtete sich der Dank an Altmeister Joachim Witt, der den Song "Dein Kuss" mit seinem Stakkato Gesang veredelte. Dieser folgte auch im Anschluß und bot den Höhepunkt des Auftritts. Tiefmelodiös und mit einem durchdringenden Refrain ausgestattet begeisterte dieses Stück. Der Danksagung nicht genug, richtete sie sich diesmal an das wichtigste für die vergangenen Jahre Nik's, den Fans. Und quasi als Huldigung gab es mit "Absurdistan" einen Klassiker der Blind Passenger. Dieser mit reichlich Härte präsentierte Song beschloß einen leider zu kurzen Auftritt. (Letzteres gehört für mich zu den Hauptproblemen des WGT/ Die Bands haben allenfalls die Möglichkeit, sich kurz zu präsentieren, für bleibende Eindrücke bleibt keine Zeit/ In meiner Einleitung hab ich bereits geschrieben, dass man genügend Möglichkeiten hätte, hier Abbitte zu leisten).


Die Kölner Band um Grafitti Macher Thomas Elbern, Gründungs- und Ex Mitglied von Pink turns blue, ESCAPE WITH ROMEO enterten danach die Bühne mit ihrer Version eines perfekten Wave Pop Songs. Der Opener "I'm lost in the anteroom of your love" überzeugte gleich mit seiner Melange aus warmen Klängen und schneidenden Saiten. "Alaska" oder "It's Loneliness" wurden gefolgt von "Prince in the shell", letzteres wurde übrigens versehentlich zweimal angekündigt. Covern können sie auch ("Skeletons"). Aber die beiden Höhepunkte behielten sie sich für den Schluß. "White room", die Melodie ergeht sich im Spagat zwischen Pop und schrägen Dark Pop, zum endgültigen Ende gab es dann eine etwas abgespeckte (Im Vergleich zu früheren Auiftritten)Version von "somebody".


Mit ANGELZOOM folgte die neue Band von Ex X-Perience Sängerin Claudia Uhle, welche damit ihren zweiten Auftritt beim WGT genoß. Leider ließ sowohl die Stimmung als auch die Besucherzahl nach. Die teils sehr getragenen Stücke und vor allem die verwirrend interpretierten Covers (Blasphemous Rumours, fragile, Into my arms) trafen nicht jedermanns Geschmack. Das mittlerweile neu eintrudelnde Publikum bestand dann auch zur Hauptsache aus älteren Goth Rockern, welche dem Auftritt der Australier Ikon entgegenfieberten. Claudia überzeugte trotzdem nicht nur mich mit ihren Heavenly Voices, ihr klarer Gesang erinnert phasenweise an Mila Mar, während sie in den Covern ein wenig an alte weibliche Heroen der 80er erinnert. Unterstützt wurde sie an den Streichinstrumenten von zwei Mitgliedern der "Letzten Instanz". Dadurch, dass man auf Computertechnik weitestgehend verzichtete, klangen die Stücke sehr frisch. Für zwei Songs liess sich Claudia auf ein Duett mit Nik Page ein. Für knapp 50 Minuten hätte man sich weniger Cover (Sting war nur gut bei Police) gewünscht und lieber mehr von ihrem grandiosen Debüt gehört.


Nun folgten die weitangereisten IKON. Die Australier verbinden Goth Rock mit Folk Elementen, werden aber wohl niemals eine Live Band werden. Zu statisch, zu sehr auf das Album bezogen agieren bzw. instrumentieren die Musiker. Der dunkel monotone Gesang, der auf CD noch für bedrückende Momente sorgt, wirkt auf der Bühne etwas unzweckmäßig, verbreitet er doch all zu oft Langeweile. Geboten bekamen die Fans einen Querschnitt ihres langjährigen Schaffens, angefangen mit "Black Roses" vom Erstling (sehr druckvoll dargeboten) über das getragene Death in June Cover "fallen Apart" bis hin zu den elektronisch, düster verspielten Rock Klängen von "Ghost in my Head" oder "Psychic Vampire" vom aktuellen Werk.


Den Abschluß bot eine Band der Spätachtziger Düsterriege um Pink turns Blue, Love Like Blood oder Catastrophe Ballet, die Hamburger GIRLS UNDER GLASS. Fast 6 Jahre war es her, als ich zum letzten mal einen der raren Auftritte der gläsernen Mädchen beiwohnen durfte. Und noch länger muß ich zurückdenken, als ich sie zum letzten mal in dieser Form erlebt habe. Und ohne auf die Reihenfolge zu achten, muß ich gleich einen Song aus der Mitte des Sets herausheben. Ich hätte am heutigen Tag mit allem gerechnet, aber niemals damit, dass sie meinen Lieblingssong spielen. "Long forgotten Town" einen getragenes, bedrückendes Kleinod von ihrem Debüt. Wie es der Band um Volker gelang, zwischen all den brachialen Stücken, dieses ruhige, düstere Output zu inszenieren, war einfach klasse. Und gleich darauf den Titelsong dieses Erstlings "Humus" zu zelebrieren, zehn Minuten frühe Endlosgedanken und Gänsehaut, DANKE. Danach "Lucky", "Die Zeit" (von "Crystal and stones") und das wohl genialste an ganz frühe Zeiten anknüpfende Stück vom neuen Album "Ohne Dich" folgen zu lassen, war fast schon zuviel. Mit "Frozen" coverte man das wohl stärkste Stück der Pop Mama Madonna. Unterkühlt, aber mit einer vehementen Eleganz liess man den Refrain glänzen. Natürlich wurde ihre aktuelle CD "Zyklus" ausgiebig gewürdigt, von Vorteil dabei ist natürlich, dass man hier musikalisch 20 Jahre Revue passieren lässt. Sanft vermengt sich die Elektronik mit brachialen Gitarren und der düstere Gesang Volkers thront über energische Soundstrukturen. Das Ganze umgeben von einer Melodie, welche dich galant umarmt. Bester Beweis dafür die in deutsch vorgetragenen Stücke "in die Einsamkeit", "Ohne Dich" oder das wundervolle "Feuerengel". Zwischendurch waren mir die stampfenden Beats zwar ein wenig zu modern, aber das holten die Gitarren und vor allem die ekstatische Leistung hinter Mikro wieder raus. In der ersten Zugabe gab es dann noch ein weiteres Schmankerl, "reach for the stars" vom 92er "Darius" Album. Natürlich sollte der Ausflug in leicht Industrial Metal Gefilde nicht außer Acht gelassen werden und so beendete "sick of you" ( von "Firewalker") den ersten Zugabenblock. Wer gedacht hätte die Band hätte hier ihr Pulver endgültig verspielt, vergaß den Blick auf die leuchtende Zündschnur. Theatralisch verträumt erklang das Schlussstück des aktuellen Werkes ""I'm alive". Kurzzeitig die Romantik ausgepackt, um hernach das Publikum mit einer bitterbösen Brachialversion von "Du Tier" (von "Flowers" 1989) zu verabschieden.
01. Touch Me
02. In die Einsamkeit
03. When I Think About You
04. Truly Living
05. Feuerengel
06. Burning Eyes
07. Long Forgotten Room
08. Humus
09. Lucky
10. Die Zeit
11. Ohne Dich
12. Frozen
13. Reach For The Stars
14. Sick Of You
15. Iam Alive
16. Du Tier




SAMSTAG 14.05.

Tja, und dann folgte der Samstag, ein Scheißtag wie er im Buche steht. Die Depression regnete sich gefühlvoll aus. Der Videotext hatte gar abartige Ergebnisse bzgl. Fussball zu bieten. Einziger Lichtpunkt dieses Tages war das Intro nach dem Erwachen in Form des aktuellen BERND DAS BROT-Films. Wie eine Metapher geisterte hernach nicht das armlose Getreideerzeugnis um mich rum, sondern dieser seltsame Roboter, der sich als Hauptduden des deutschen Schlagers bezeichnen kann. "Brösel, Brösel, ich hol dich mit dem.... usw. Das Lachen verkam zur Fratze, das Wetter gab sich mediterran feucht. Die Fratze verkam zur Wut und Unlust lukte durch die Tür. Dem Wetter trotzend und sich viel zu spät auf den Weg zur Parkbühne machend verließen wir vier Wände, welche dezent dafür sorgten, dass man sich im Zaum halten konnte. Da ist eine Schlange..., wo?, da, direkt vor dir..., eine Blindschleiche eher, oder? Es war allerdings die beschirmte, um Einlaß bettelnde Schlange vor der Parkbühne. Naß bis auf die alten Knochen negierte sich der Lustfaktor gegen Null.

Pause und Übergabe an Keule, der es besser verstand, den Samstag in sein Programm zu integrieren.


AND ALSO THE TREES

Samstag Nachmittag machten wir uns auf den Weg Richtung Parkbühne, um (nach langer Zeit mal wieder) AND ALSO THE TREES live zu sehen. Und ehrlich gesagt - die höchsten Erwartungen hatte ich nicht, da ich mit den letzten Veröffentlichungen eigentlich gar nichts mehr anfangen konnte. Trotzdem mehr als verwunderlich, warum eine so wichtige Band für die Waveszene zu einer Uhrzeit Richtung "Beginn der 2.Halbzeit" (für die "Nicht-Fussballer": 16 Uhr 30) auftreten muss und gerade mal 30 Minuten spielen darf... und irgendwelche absolut unwichtigen *peep* Bands dürfen dann abends im Dunkeln für 60 Minuten oder noch länger auf die Bühne! Aber ich will ja nicht über die miese Zeitplanung ablästern, sondern von dem Gig berichten - und der hatte es wahrhaftig in sich:
Leider hatten die Trees scheinbar mieses Wetter aus England mitgebracht - auf Grund der Masse an aufgeklappten Regenschirmen im Publikum hatte man daher nicht gerade freie Sicht auf die Bühne... aber egal, denn bei einer Band wie AATT ist das "Hören" sowieso wichtiger als das "Sehen"... (das wäre jetzt wieder ein guter Zeitpunkt, um über diverse "Bands" abzulästern....*g*). AATT eröffneten den Set direkt mit einem meiner Lieblingtracks: "A room lives in Lucy", sehr kraftvoll dargeboten, einfach nur Wahnsinn! Direkt im Anschluss folgte "Dialogue" vom Klaxon-Album - erneut mit sehr viel Power und um einiges krachiger als die Studioversion. Weiter ging's dann mit "Brother Fear", dem meiner Meinung nach besten Song des ansonsten doch ziemlich schlappen 96er-Album "Angelfish", gefolgt vom Live-Pflichtsong "Slow Pulse Boy". Das Publikum dankte mit begeistertem Applaus. Anschließend wurde ein Song vom letzten Album "Further from the truth" dargeboten ("In my house"), bevor dann mit "Maps in her Wrists & Arms" ein weiterer Hammer (und der 2. Song vom "Virus Meadow"-Album) folgte. Und da "alle guten Dinge gleich 3 sind", haben sie auch noch den dazugehörigen Titeltrack als letzten Song drangehängt!!! Und das war's dann leider schon - 30 Minuten sind halt schnell vorbei... nicht auszudenken, mit was für einer Setlist man hätte rechnen können, wenn AATT (verdientermaßen) zu späterer Stunde ungefähr 60 Minuten Spielzeit bekommen hätten... vielleicht noch "Scarlet Arch"? Oder "Suffering of the Stream"? ...oder ...Schluß damit - ich will gar nicht daran denken!
Fazit: AND ALSO THE TREES haben mich mehr als überrascht und für mich den mit Abstand besten Gig des Festivals hingelegt! Vielleicht noch mal ein Fünkchen Hoffnung, dass auch das nächste Studioalbum wieder etwas "Back to the roots" klingt, ich bin gespannt! (keule)
Setlist:
A room lives in Lucy
Dialogue
Brother Fear
Slow Pulse Boy
In my house
Maps in her wrists & arms
Virus Meadow


19.30 Hotel, jetzt aber los, evtl. gibt es noch ein Highlight und schließlich stranged sich auch noch ein Steve in die Nacht. Mittlerweile glich die Stadt eher dem, was man als Jahrhundertflut bezeichne. Während ich mir Gedanken machte, ob die SPD ihren Wettergott erneut benötigte, um eine Wahl zu gewinnen, triefte ich mich in die Moritzbastei, um vollkommen Durcheinander ein Abschiedskonzert der Düster-Rocker von DESERT+FORTUNE mitzuerleben. Tiefdüstere Dark Wave Songs wurden in bester Sisters Manier mit lebenden Dr. Avalanche dargeboten. Und immer wieder das Gerede von Letztem Konzert, Trennung. Hey, das verbessert meine Laune auch nicht, aber schön war's.

Auf dem Weg zur Agra lag der Haltepunkt WERK 2. Ein wenig Deathrock und das Einfangen der Stimmung von gestreiften Strumpfträgern. Tja mein Gott, war hier eine Stimmung, gelangweilt starrten die meisten auf ihr Handy. SLEEPING CHILDREN durften früher ran, da HUMAN DISEASE im Schnee stecken geblieben waren. Dass die Band während des Soundchecks genauso viel Aufmerksamkeit bekam wie beim normalen Konzert (nämlich keine), erstaunte, so schlecht war ihre punkige Darbietung gar nicht. O.K. man muß die Ramones lieben um zu verstehen, dass man kein Instrument beherrschen muß.


VISAGE / Photos by Harry Fayt / www.Datapix-Agency.com

BLOODY DEAD AND SEXY versuchten am Ende noch Leben in die Bude zu bringen und zu beweisen, das hinter den Gitarren durchaus Leute stehen, die wissen, was ein Riff ist. Aber in Punkto "schlechter Geschmack" hatte das WGT noch etwas ganz besonderes in Petto. Als Mitternachts-Spezial durfte Obergurke Steve Strange seine VISAGE demontieren. Demontiert hat er zuvor wohl Backstage so manche Flasche Hochprozentigen. Dann betrat diese Transe, perfekt gestylt von einem Museum für unbildende Kunst, die Bühne, mit dabei eine Combo, deren einziges Vergnügen zu sein scheint, Einsen und Nullen derart verquer zusammenzubringen, dass man es Modern Techno nennen darf. Steve stolperte währenddessen gedankenverloren über die Bühne, säuselte ab und an ein paar undefinierbare Sprachfetzen ins Mikro, erfreute sich am Playback und verhunzte fortan seine Stücke. Ein kunterbuntes Ratespiel begann, was kommt vom Band, was ist live. Und mittendrin hatte ich plötzlich wieder diese Melodie im Kopf "Steve, Steve, ich hol dich mit dem... Das "und dann" liess mich meine pazifistische Ader nicht weiterdenken. Erst als Zugabe gab es dann die beiden größten Hits, bzw. Ruinen derselbigen. "Are the Damned don't cry" als Opener war ja noch halbwegs erträglich, aber was man mit "Fade to grey" oder "mind of a toy" machte, das war Ohrmuschel-Vergewaltigung. Sicherlich kann man diese Selbstkasteiung mit einem Lächeln begleiten, denke ich an das Geld, was dieser Schwachmat erhielt.... Wäre ich einfach nur im Bett geblieben.

Man glaubt es kaum, ich hab an diesem Abend auch etwas absolut positives erlebt. Weiß gar nicht mehr, ob ich mit einer Straßenbahn verfahren oder irgendwo verlaufen hatte. Egal, ich wusste nicht mehr weiter und quatschte zwei Typen, welche so gar nicht zum WGT passten an, ob sie mich evtl. für 5 Euro zum Hotel bringen würden. Das direkte JA überraschte und sie brachten mich bis zur Eingangspforte des Hotels und wollten die 5 Euro partout nicht annehmen. Ein überraschend versöhnlicher Abklang des Tages, geprägt von seltener Hilfsbereitschaft. Alles andere prägte an diesem Samstag eine bedrückte Stimmung. Leider nicht beeinflusst von Musik.