HEAVY XMAS, Osterode-Förste, 23.12.2006
(Fotos by Chris)

Bereits zum 20. Mal richtet der Rock & Kultur am Harz e.V. ein vorweihnachtliches Beisammensein aus. In der Förster Festhalle hat man eine geeignete Örtlichkeit gefunden, die sich im Laufe des Abends auch als ausverkauft erweisen sollte.




Den Anfang machen STEEL PROTECTOR. Die Band kann überwiegend durch ihren Humor und die Besetzung punkten. Erstens bezeichnen sie sich als "The First Real Heavy Metal Band Since 1987" und verwursten auf ihrem ersten Album "Metal is Back" sämtliche Metal-Klischees der letzten 20 Jahre. Zweitens tritt die Band gleich mit zwei Sängerinnen auf. Auch wenn ich gestehen muss, dass mich die Band mit ihrem Auftritt nur bedingt zu begeistern weiß, tut das der Stimmung in der Halle keinen Abbruch und die bereits Anwesenden feiern die Lokalhelden entsprechend ab. Nach einer guten halben Stunde und Tracks wie "The Rime of the Ancient Vacuum Cleaner" oder "Metal Kings" verlassen die 6 Musiker gut gelaunt die Bühne. Mir fehlt bei allem Spaß der musikalische Tiefgang, denn so eindimensional waren die letzten 20 Jahre wirklich nicht. Wer Bock hat, hört auf www.myspace.com/steelprotector rein.




Die zweite Band des Abends sind BACKFLIP aus Göttingen. Sie spielen laut eigener Aussage Nu-Rock und setzen dabei sowohl auf gerappte und gesungene Vocals als auch auf Gitarrenpower und Elektronika und Scratching. O.k., das liest sich nicht nur wie eine neue Variante von Linkin Park, es klingt auch so. Aber die Band hat die Zuschauer schnell im Griff und lässt sie hüpfen und springen. Zu den Songs kann ich leider nicht viel sagen, da es meinen persönlichen Nerv nicht unbedingt trifft, aber wer die Band gesehen hat, weiß, dass es sich um talentierte Musiker handelt, die mit ihrer professionellen Einstellung ihren Weg sicherlich machen werden. Auf der Webseite www.backflip-music.de kann man in einige Songs reinhören.




Die GUANO APES sind Geschichte, aber Dennis Poschwatta (Drums), Henning Rümenapp (Gitarre) und Stefan Ude (Bass) können nicht voneinander lassen und haben zusammen eine neue Band namens IO ins Leben gerufen. Bisher gibt es noch keine Veröffentlichung der Band, aber auf www.io-rocks.com kann man in zwei Tracks reinhören. Viel spannender ist aber, wie der R'n'B und Jazz und Pop-Sänger Charles Simmons in die Rocklandschaft passt. Nicht umsonst lautet das Credo der Band "R'n'B has lost it's Soul / That is why I Rock'n'Roll". Hat das bisherige Schaffen des gebürtigen Amerikaners mit Rock'n'Roll nicht viel zu tun, veredelt er den alternativen Rock der Band mit seiner weichen, aber rockigen Stimme zu einem Livegenuss erster Güte. Hinzu kommt, dass er der geborene Frontmann ist, der mit seinen Ansagen und Bemerkungen die Leute blitzschnell in seinen Bann zieht. Die Band selbst ist großartig drauf und Drummer Dennis Poschwatta erinnert mich beim Drummen immer an eine Mischung aus Dave Grohl zu Nirvana-Zeiten und Tier aus der Muppets-Show - affengeil und timingsicher. Bassist Stefan ist ebenfalls immer in Bewegung und legt mit seinem Bassspiel das Fundament für die groovenden Songs und Gitarrist Henning zockt sowohl die fetten Riffs, als auch die gelungenen Leads souverän runter und selbst eine gerissene Gitarrensaite wird mit einem Lächeln quittiert.
Und die Songs? Fetter Alternative-Rock, der dir live so dermaßen in den Arsch tritt, dass der erste Moshpit gar nicht lange auf sich warten lässt. Anwesende, die auf alte GUANO APES-Gassenhauer warten, dürften ziemlich enttäuscht sein, denn es gibt keine. Aber das ist auch gar nicht nötig, denn die gespielten Tracks haben allesamt eine hohe Qualität und werden von den Fans zu Recht abgefeiert. Die einzige Coverversion ist eine geile Interpretation von "Breathe" von THE PRODIGY, bei der uns Charles animiert, mit ihm zu atmen, was leider klingt wie eine Mischung aus Trockensex und Kreißsaal. Es ist an diesem Abend laut Charles erst die vierte oder fünfte Liveshow der Band, aber man merkt zu jeder Sekunde die Professionalität der Band, die aber genug Spielraum für Spaß lässt. Sehr geiler Auftritt und mit der Band IO ist auf jeden Fall noch schwer zu rechnen!

Setlist IO:
01. Rage
02. Say Somethin
03. Stand my Ground
04. Stupid People
05. When I Fall
06. Epiphany (in you)
07. Fight Back
08. Truly alive
09. Blind Faith
10. Legacy
11. Breathe
12. The Last to know




PAUL DIANNO würde sich dem Luxus vielleicht auch gerne hingeben und weniger Songs seiner "alten" Band IRON MAIDEN und viel mehr seiner eigenen Songs spielen. Das Verhältnis am heutigen Abend steht diesbezüglich aber gar nicht mal sooo schlecht, denn auf 10 MAIDEN-Songs kommen 6 Songs aus seiner "Post-MAIDEN-Ära" sowie 2 Coversongs.
Der "Punk-for-Life" ist wie ein Matrose, denn er hat in vielen Häfen der Welt seine Bands. Wie bereits auf dem diesjährigen Rock Harz Open-Air, wird er von seiner deutschen Band begleitet, den PHANTOMS OF THE OPERA, die mehrheitlich bei ihrer Stammband RE-VISION spielen.
Sobald die Band nach den "Ides of March" mit "Wratchchild" einsteigt, tobt in der armen, kleinen Mehrzweckhalle der Mob. Da Paul tief in seinem Herzen eher Punk als Metalhead ist, kommen die Songs auch um einiges zackiger aus den Boxen gedröhnt, als man es von den Studioscheiben gewohnt ist und laden geradezu zum Moshen ein. Das abschließende "Sanctuary" zum Beispiel ist mehr Punk/Thrash/Hardcore-Massaker als Heavy Metal und knallt in einer schier unmenschlichen Geschwindigkeit aus den Boxen. Das sollte man sich hinter die Ohrenstöpsel schreiben, wenn man ein PAUL DIANNO & THE PHANTOMS OF THE OPERA-Konzert besucht: die Band steht für pure Energie und es ist kein lahmarschiger "ehemaliger Sänger covert seine eigenen Songs"-Event, wie viele fälschlicher Weise glauben. Paule und die Jungs sind lebendiger als 99% der überflüssigen "Reunions in Originalbesetzung" und sie treten so heftig in den Arsch, dass man gar nicht mehr weiß, wo oben und unten ist.
Paul ist bei wirklich guter Laune und bringt eine saugute Gesangsleistung, wobei mir die (wenigen) vereinzelten Growls in den Songs wirklich extrem gut gefallen. Nebenbei unterhält er die Fans mit allerlei Schabernack, kommentiert den Wunsch nach "Transylvania" mit der Bemerkung, dass es "großartig wäre, denn dann könne er eine rauchen und ein Bier trinken.", dann widmet er den Song "Killers" den Staatsoberhäuptern Bush, Blair, Merkel und Osama Bin Laden und versucht uns weiszumachen, dass der Song "Impaler" von seinem Pullermann handelt und nicht vom Schniedel seines "gay drummers" Dominik. Naja, wer weiß das schon? Dominik ist ein absolutes Trommeltier, der die anspruchsvollen Drumfiguren locker meistert und beim Schlagzeugspielen so schweinecool ist, dass er sich zum Ende des Gigs eine Russland-erprobte Fellmütze aufsetzen muss.
Bassist Chris aka Gonzo ist heute Abend spielerisch ebenfalls voll auf der Höhe und trotz eines Blasenproblems (am Finger) zockt er die fetten Bassläufe gekonnt runter, dass man Pipi vor Freude in den Augen hat. Andi und Daniel setzen im Gitarrenbereich Akzente, riffen und solieren gekonnt und vor allen Daniel merkt man bei den Soli an, dass diese nicht nur gespielt, sondern mit ganzer Hingabe zelebriert werden.
Nach 80 Minuten ist der Spuk dann leider vorbei, und die ungefähr 800 Zuschauer verlassen verschwitzt, aber glücklich die Halle und die Band hat es innerhalb von 5 Monaten zum zweiten Mal geschafft, den Harz zum Rocken zu bringen. Die Zukunft der Musiker sieht ebenfalls rosig aus: Pfingsten 2007 wird man als PAUL DIANNO & THE PHANTOMS OF THE OPERA (www.pauldianno.com) das Rock Hard-Festival in Gelsenkirchen unsicher machen und Re-Vision (www.re-vision.org) werden einen Longplayer unter Aufsicht von Devon Graves (ex-Psychotic Waltz/DeadSoul Tribes) aufnehmen.

Tracklist PAUL DIANNO & THE PHANTOMS OF THE OPERA:
01. Intro / Ides of March
02. Wrathchild
03. Prowler
04. Marshall Lokjaw ("Murder One"-Album 1992, Band: KILLERS)
05. Murders in the Rue Morgue
06. Dream Keeper ("Murder One"-Album 1992, Band: KILLERS)
07. Children of Madness ("Children of Madness"-Album 1987, Band: BATTLEZONE)
08. The Beast arises ("Murder One"-Album 1992, Band: KILLERS)
09. Remember Tomorrow
10. Impaler ("Murder One"-Album 1992, Band: KILLERS)
11. The Living Dead ("The Living Dead"-Album 2006, Band: PAUL DIANNO)
12. Faith Healer (ALEX HARVEY-Coverversion)
13. Killers
14. Phantom of the Opera

Zugabe 1:
15. Running Free

Zugabe 2:
16. Transylvania
17. Blitzkrieg Bop (RAMONES-Coverversion)
18. Sanctuary


Viel geiler kann man in das Weihnachtsfest 2006 gar nicht reinfeiern! (chris)


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