M'Era Luna 2006 - 12.+13.08. Flugplatz Hildesheim |
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[ Foto © by Bernd Zahn ] Der Samstag: (Bericht von miria) Die Hinfahrt gestaltete sich schon als ein Abenteuer. Weder Autofahr- noch Wettergott meinten es gut mit uns und so standen wir die meiste Zeit auf der Autobahn, anstatt, wie es Kraftwerk sich gewünscht hätten, zu fahren. Der Regen passelte und prasselte, so dass ich meine kunstvoll auftoupierten Haare schon in den ersten Sekunden habe zusammenfallen sehen. Aber man war uns doch hold und so fiel nach Betreten des Geländes kein Tröpfchen mehr und Haare sowie Make-up waren gerettet. Aber das nur am Rande. Nach ewigem Gefahre waren wir dann aber doch endlich in Hildesheim und nachdem die anfängliche Verwirrung wegen des Bändchenausgabezelt überstanden waren, gingen wir frohen Mutes Richtung Festivalgelände. Und dort schon der erste Schock: die Einlassschlangen erinnerten mehr an einen Saturn, wenn es wieder Haartrockner für 10 Euro gibt. Gut, also angestellt und reingeschlängelt. [ Gothminister / Fotos © by Sandro Griesbach www.darkmoments.de ] Gerade noch rechtzeitig um den Rest von GOTHMINISTER mitzubekommen. Naja, oder vielleicht eher leider. Abgeschreckt von zweitklassigem Metal nutzen wir die Zeit zur Orientierung. Meine Begleitung meinte nur: Sie hören sich genauso an, wie man es sich bei Gothminister vorstellt. Gruselig. [ Girls Under Glass / Fotos © by Sandro Griesbach www.darkmoments.de ] Weiter ging es dann mit GIRLS UNDER GLASS, dem ersten Highlight des Tages. Ein besonderes Schmankerl waren sicher die verschiedenen Gastsänger, die jeweils ein Lied zum besten gaben. So sang Oswald Henke einen Song auf deutsch und auch der alte Leadsänger von Girls under Glas Tom Lücke ließ sich nicht lumpen und steuerte einen Song zum Set bei. [ Mesh / Fotos © by Sandro Griesbach www.darkmoments.de ] Als nächstes enterten dann MESH die Bühne. Tja, was soll man dazu sagen? Die Stimmung unter den doch zahlreichen Mesh-Fans war gut und die Musik klang genau wie von Platte. Die Liveperformance war recht stimmig, aber trotzdem schafften sie es bei mir nicht, dass der Funken überspringen konnte. Viel zu glatt und eingängig kam die ganze Show daher, aber das ist wohl sehr viel Geschmackssache. Eine andere Geschmackssache war sicher auch die dreiviertel Baggyjeans des Sängers. Hallo, wir sind hier auf einem Gothic-Festival oder wollen es zumindest sein. Bitte, da mag man sowas ja eigentlich nicht wirklich sehen. Ich für meinen Teil möchte da lieber gutgekleidete und vor allem gutgebaute EBMler sehen (ich sollte bei den Krupps und auch bei Nitzer Ebb ja noch gut auf meine Kosten kommen.). Aber ich sehe ein, dass dies sicher eine eher subjektive Sichtweise der Dinge ist. ;-) [ M'Era Besucher / Foto © by Bernd Zahn ] Aber das Aussehen der Leute war streckenweise eh sehr... äääähm merkwürdig. Die Mädels hordenweise in neonfarbenem Plüsch, um ja einem der Dreimilliarden Hobbyfotografen aufzufallen und eventuell in einem zweitklassigen Gruftiekäseblättchen abgelichtet zu werden. Und Jungs, bitte: Sprüche-T-Shirts sind nicht mehr lustig. Sie sind es nur, wenn etwas wirklich besonderes und einmaliges draufsteht. Wenn ich in naher Zukunft auch nur noch ein T-Shirt mit "Elfen haben doofe Ohren", "Sonne macht albern" oder noch schlimmer "Religion ist heilbar" sehen muss, werde ich etwas wirklich schlimmes tun. Letzteres gab es sogar als komplette Rudel zu sehen. Bitte, so was will kein Mädchen sehen. Ich schätze, dass war auch der Grund, warum es eine Gruppe von Jungen getragen hat und weit und breit kein Mädel in Sicht war. Aber zurück zu Geschmackssachen. Ihr seht schon, ich bin wirklich sehr gut in neutraler Beobachtung. Denn das was FUNKER VOGT dann als nächstes auf der Hauptbühne ablieferten, fällt auch wieder unter dieses Thema. Musikalisch gesehen wieder eine absolut gelungene Vorstellung, auch wenn man im Laufe der Jahre doch das Gefühl nicht los wird, dass die Jungs etwas zahmer und poppiger geworden sind. Doch ich denke, die Fans der Band sind alle sehr auf ihre Kosten gekommen und die Stimmung vor der Bühne war wirklich sehr gut. Nur für mich als ja eigentlich eher gitarrenfreudigere Goth-Hörerin sprang der Funke wieder nicht über, so dass ich mich nach den ersten Liedern Richtung Auto verzog, um mein selbstgemachtes Picknick zwecks Energieauffüllung für die Krupps zu verspeisen . [ Die Krupps / Fotos © by Sandro Griesbach www.darkmoments.de ] Denn die habe ich auch gebraucht. Himmel. Hier war alles perfekt. Und das, wo ich DIE KRUPPS doch eigentlich auch nicht so sonderlich mochte. Nach diesem Konzert bin ich restlos überzeugt und begeistert. Trotz ihres 25-jährigen Bestehens ist diese Band (auch wenn es sich furchtbar abgedroschen und altbackend anhört) kein bisschen leise geworden. Industrialrock as it´s best. Und keiner rotzt so liebevoll in ein Mikrofon wie Jürgen Engler. Spätestens beim vorletzten Lied , dem Clubklassiker "To the hilt" war der Herzschlag eines jeden auf Krupps-Geschwindigkeit eingestellt und das bis in die letzten Reihen. Jeder wippte mit dem Kopf mit oder mit sonstigen Gliedmassen, die sich zum Wippen eignen. Mit "Fatherland", einem ja eher ruhigeren Stück für Krupps-Verhältnisse, wurden wir dann alle in die Realität und unseren eigenen Herzschlag zurückentlassen. Ein absolut perfektes Konzert. Einzig schade an dem Auftritt war die Uhrzeit, denn um fünf Uhr in der prallen Nachmittagssonne war es nur ein Tucken nicht ganz so klasse, wie es im Dunkeln mit der richtigen Lichtshow gewesen wäre. Aber so what. Es war auch im Hellen klasse. [ Blutengel / Fotos © by Sandro Griesbach www.darkmoments.de ] Während wir dann in der Umbaupause zum dritten Mal an diesem Nachmittag mit einem Livemitschnitt eines Within Temptation Konzerts gequält wurden (man wollte die Menge wohl großherzig dran erinnern, dass man die Heimfahrt am Sonntag besser frühzeitig antreten sollte, wenn man sich dieses ersparen wollte.), begann meine Vorfreude auf die nächste Band des Tages zu wachsen. So viel hatte ich gehört und so lustige Dinge selbst schon gesehen. Es war ja nicht das erste Konzert dieser Band, dass ich miterleben durfte: BLUTENGEL. Und während wir noch genüsslich unser kaltes Wasser an der Theke schlürften, strömten die Fans der Band wirklich in ganzen Heerscharen Richtung Bühne. Etwas ungläubig ob der Anziehungskraft dieser Band gesellten wir uns dann auch kurzer Hand in das Gewühle und harrten der Dinge, die da kommen sollten. Und wir wurden nicht enttäuscht. Als erstes betraten einige Mönche/Sensenmänner mit Fackeln die Bühne. Was wirklich sehr viel hermacht um 18 Uhr und damit später Nachmittag mit knalle Sonnenschein. Das erste Lied erklang und ich kam aus dem Lachen nicht mehr heraus. Dass der Gesang dann auch noch grade in diesem Moment nur sehr kruschelig und unsauber (ob es an Technik oder Können der Darbietenden lag, weiß nur Gott allein) zu uns rüberkam, half nicht sonderlich. Und kaum waren die Maskenmänner verschwunden, kamen die Tänzerinnen und lieferten eine Show ab, bei der ich mir nicht sicher war, ob ich nun lachen oder weinen sollte. Meine Stimmung schwankte die meiste Zeit zwischen Skepsis (das kann niemandes Ernst sein!) und Schock (die meinen das wirklich ernst!). Als dann die Tänzerinnen noch ihre Terragymnastikbänder rausholten und Herr Pohl das Publikum zum begeisterten Mitklatschen aufforderte, war meine persönliche Schmerzgrenze erreicht und wir traten die Flucht Richtung Bierwagen an. Für die Fans der Band war dies sicher auch ein gelungener Auftritt. Aber meine Welt ist diese Art des Weichspülpops und der Konzertdarbietung einfach nicht, so meine ganz persönliche Sichtweise. Schade nur, dass hier schon die Soundprobleme anfingen, die uns den Rest des Abends begleiten sollten. Allerdings ein nettes Anektdötchen muss ich noch zum Besten geben: Ein Sonnenstrahl fiel während des Konzerts auf die Bühne, welcher Chris Pohl wohl zu folgender Ansage inspirierte: "Kaum zu glauben, kaum treten wir auf, scheint die Sonne." Neben mir hörte ich nur eine genervte Stimme, die seufzte: "Wenn jetzt noch wer an Gott glaubt." [ Frontline Assembly / Fotos © by Sandro Griesbach www.darkmoments.de ] Als nächstes durfte der geneigte Zuhörer sich auf FRONTLINE ASSEMBLY freuen. Gut, der geneigte Zuhörer vielleicht. Ich nicht so sonderlich. Begann das Konzert eher schwächelnd, so steigerte man sich von Lied zu Lied doch hörbar. Besonders nett wurde es dann, als die drei Bühnenakteure das gemeinschaftliche Trommeln begannen, welches schon sehr eindrucksvoll und vor allem eingängig war. Trotzdem ist und bleibt Frontline einfach nicht meine Welt und so schaute ich mir die zweite Hälfte des Auftritts lieber aus sicherer Entfernung neben einer der Fressbuden an. [ Nitzer Ebb / Fotos © by Sandro Griesbach www.darkmoments.de ] Nach einem leckeren Abendessen (nein, die Majonäse schimmerte nur grün. Die war noch 1a) freuten wir uns dann auf die beiden Highlights des Abends und dem eigentlichen Grund unseres Kommens. NITZER EBB fingen recht pünktlich gegen 21 Uhr an. Und was soll ich sagen? Wir wurden nicht enttäuscht. Wenn die Krupps schon Industrialrock machen, wie er sein sollte, dann machen Nitzer Ebb den genialsten und besten EBM aller Zeiten und die Betonung kann hier wirklich auf Body liegen... Wirklich keiner der umstehenden Zuschauer konnte sich der Musik entziehen und so war jeder am Wackeln, Wippen oder Tanzen. Besonders niedlich fand ich auch die Exemplare, die versuchten mitzusingen. Hallo, das ist Nitzer Ebb. Mitsingen macht hier nicht sonderlich Sinn. Aber klasse war es trotzdem. Besonders schön war auch die Lightshow, die um die Uhrzeit das erste Mal wirklich richtig zur Geltung kam. Klasse auf die Musik abgestimmt, unterstützte sie die Wahsinnsshow der Band. Mit Zugaben war man dann auch nicht geizig und so wurden diese gleich zweimal gewehrt. Bei der letzten Zugabe verschwand Douglas McCarthy sogar kurzfristig im Fotograben, um dort ausgiebigst mit den frenetischen Fans zu feiern. Rund um gelungen. [ Bauhaus / Fotos © by Sandro Griesbach www.darkmoments.de ] Dann kommen wir nun zum traurigsten Moment des Festivals: BAUHAUS. Hatte ich mich doch so sehr auf den Auftritt gefreut, so wurde ich doch jäh enttäuscht. Und zwar nicht von der Band, denn die konnten da leider herzlich wenig für, aber die Technik streikte hier an allen Ecken und Enden. Ich habe es noch nie erlebt, dass man einen Headliner so dermaßen in der Luft hängen lässt. Aber fangen wir vorne an. Wir hatten uns schon ein schönes Plätzchen frühzeitig erkämpft, in Erwartung der Massen, die zu diesem Konzert sicher stürmen würden. Aber Fehlanzeige. Freie Flächen und von Gedränge kann keine Rede sein. Bei Blutengel war es voller, wie ich schockiert und traurig feststellen musste. Dann wurde die Bühne ordentlich eingenebelt und von hinten beleuchtet. Ein Wahnsinnsbild. Die Gitarren fingen an zu spielen und Peter Murphy betrat umjohlt die Bühne. Er griff sein Mikro und sein Mund ging auf, nur leider hört man nichts. Man sah, dass er sang und zwar sich die Seele aus dem Leib, aber die Mischer bekamen es nicht hin, dass die Leadstimme über die Gitarren kam. Als dann beim Refrain Daniel Ash mit in dem Gesang einsteigen wollte.. *huch.. der nächste Patzer: das Mikro war scheinbar nicht mal angeschlossen. So krochen dann einige der Roadies mit Taschenlampen bewaffnet über den Bühnenboden und versuchten, zu retten, was noch zu retten war. Die beiden Mikros von Daniel Ash und David Jay bekam man auch wieder in Gang und zwar mit dem Ergebnis, dass die beiden Peter Murphy während der Passagen, bei denen sie mitsangen, dermaßen überschrieen, dass man von Herrn Murphy gar nichts mehr hören konnte. Nach einigen Stücke hatte man es dann irgendwie geschafft, dass man wenigstens fetzenweise, den Leadgesang hören konnte. Allerdings in sehr unterschiedlichen Lautstärken, was dem Konzertgenuss doch sehr abträglich war. Nach und nach flüchteten auch immer mehr Besucher vor dieser traurigen Vorstellung. Das zum Abschluss gebrachte "Bela Lugosi´s Dead" war dann wirklich nur noch vor wenigen Hartgesottenen und war musikalisch noch das am besten erträglichste. Für mich persönlich war es wirklich ein sehr enttäuschender Abschluss des Tages. Und das schlimmste war wirklich, dass man sehen konnte, dass die Band sich alle Mühe gab und sich wirklich sehr verausgabte. Man kann es ihnen wirklich nur hoch anrechnen, dass sie so professionell geblieben sind und dieses Trauerspiel den Fans zuliebe durchgezogen haben. Ich wäre nach drei Liedern sicher entnervt geflohen. Abschließend lässt sich wohl nur sagen, dass es ein schöner, anstrengender Samstag war, mit ein paar sehr guten Bands und einigen mittelmäßigen. Wirklich richtig schlecht war niemand. Schade nur, dass der Ruf des M'eras sich auch in diesem Jahr bewahrheitet hat und der Sound einfach zum Davonlaufen war. So was darf auf einem Festival einfach nicht passieren. Auch die Uneinheitlichkeit bei der Security wird jedes Jahr wunderlicher und so warten wir gespannt auf die Dinge, die man sich für das nächste Jahr einfallen lässt (als kleine Anregung für die Ordner: vielleicht darf man nächstes Jahr nur mit Nietenarmbändern rein, wenn man vorher einen Wesenstest bestanden hat und das Tetrapack darf nur so groß sein, dass man es auf der Nase jonglieren kann und Stühle dürfen nur die Leute mit reinnehmen, die den Passierschein A38 vorzeigen können.). Aber sonst war die Orga wie auch in jedem Jahr einfach perfekt und ließ kaum Platz für Meckerlichkeiten (Schade, das tu ich doch so gerne). Gut fand ich vor allem, dass man einen der Duschwagen in Nähe des Festivalgeländes aufgebaut hatte und so auch die Tagsbesucher nicht unbedingt auf's Toitoi gezwungen wurden. Also wenn die Bands nächstes Jahr stimmen, dann gerne wieder. Der Sonntag: (Bericht von chris+michi) Seit ca. 6 Jahren war ich nicht mehr auf dem M'Era Luna (bis 1999 hieß es noch Zillo-Festival). Ich war schon sehr gespannt, ob und wie es sich verändert hat. Es ist auf jeden Fall größer geworden. Der Marktplatz ist so groß, dass man alleine einen halben Tag braucht, um das Angebot zu überblicken. Angeboten wird so ziemlich alles, was das dunkle Herz begehrt: von Klamotten, Schuhen, Schmuck über Skulpturen und Tücher bis hin zu Tattoo- und Piercing-Ständen. Und wie es in einer richtigen Untergrund-Szene üblich ist, kann man selbstverständlich mit EC- oder Kreditkarte zahlen. Das Nahrungsmittelangebot ist reichhaltiger als in so mancher Kleinstadt: Chinesisch, Indisch, Italienisch, Deutsch, Dänisch, vegetarisch, totes Tier...alles da. Wer da nicht sein Lieblingsessen findet, ist selbst schuld oder hat keinen Hunger. Die Preise sind zwar teilweise recht gesalzen, aber das ist bei Festivals ja leider schon normal geworden. Was sich zum Glück nicht geändert hat, ist die Tatsache, dass viele der Besucher die normalen Klamotten mal für ein Wochenende konsequent zu Hause im Schrank lassen. Und so tummeln sich männliche Latex-Krankenschwestern mit unrasierten Beinen neben Bräuten in ihren Kleidern und es gibt Lack und Leder, Samt und Seide, Uniformen, Gasmasken, Leinen, Ketten, wohin das Auge blickt. Aber auch die T-Shirt und Jeans Fraktion darf mitmachen und wird nicht gekreuzigt. And now for something completely different. [ Clan of Xymox / Foto © by chris ] Den musikalischen Sonntag eröffnen für mich die holländischen CLAN OF XYMOX, da ich MONA MUR und ELANE aufgrund der Anreise leider verpasst habe. Der Platz vor der Hauptbühne ist für diese Tageszeit bereits ziemlich gut gefüllt und über den Zuspruch der Fans kann sich die Dark Wave-Legende um Ronny Moorings wahrlich nicht beschweren. Leider ist es weder der richtige Ort noch die richtige Zeit, um den intensiven, wenn auch sehr elektronisch dargebotenen Dark Wave richtig genießen zu können. Ein Auftritt bei Nacht oder optimaler Weise in einem schnuckeligen Club wäre sicherlich ein schönes Erlebnis. Trotzdem nutzen CLAN OF XYMOX die 35 Minuten mit einem Querschnitt ihrer Schaffensphase gut und von den Fans geht keiner nach dem Auftritt unglücklich zum Bierstand. Da ich mich nicht zerteilen kann, habe ich meinen besten Freund, den Michi, gebeten, mir aus dem Hangar zu berichten. Ich gebe das Mikro ab an Michi; Michi, bitte kommen: [ Soman / Foto © by michi ] Schon früh am Sonntagmittag füllt sich der Hangar mit vielen tanzfreudigen Anhängern des Szene-DJs Kolja Trelle, besser bekannt unter dem Namen SOMAN. Vom ersten Beat an wird die Masse mit sehr modernem Industrial-Techno beschallt, und gibt sich in tanzender und jubelnder Weise den Klängen hin. Als optische Begleitung dürfen sich 2 leicht bekleidete Tänzerinnen ihr Frühstück abtrainieren. Erst mit dem Clubhit "Devine" wird die Definition "Industrial" erfüllt und somit finde auch ich wenigstens kurzfristig meine Begeisterung für diesen Auftritt, der mir insgesamt im Vergleich zu den Studioaufnahmen zu technolastig ist und ich mich eher wie auf der MAYDAY gefühlt habe, als auf dem M'Era Luna. Ich gebe zurück vor die Hauptbühne. [ Epica / Foto © by chris ] Hier betritt die Band EPICA die Bühne und präsentiert ihren Gothic Metal à la NIGHTWISH oder EVANESCENCE. Auf der Bühne geht aber ganz gut die Post ab und die zierliche, rothaarige Sängerin Simone Simons lässt sich nicht lumpen und es wird bei den heftigeren Parts munter zum Synchron-Propeller-Banging angesetzt. Die Musik ist, wie in diesem Genre üblich, teilweise sehr orchestral bis hin zum Kitsch, aber auch gut heftig. Unterstützt wird die böse Seite durch den Gitarristen Marc Jansen, der sich um die gegrowlten Vocals kümmert und somit ein guten Gegenpol zum hohen, klaren Gesang der Frontfrau bietet. Die 40 Minuten ziehen sich etwas in die Länge, denn der Kitschfaktor ist bei dieser Band nicht zu unterschätzen, was wohl auch an den teilweise käsigen Keyboardsounds liegen mag. Und weil es so schön war, gebe ich noch mal ab in den Hangar; Michi, bitte kommen: [ Spetsnaz / Fotos © by michi ] Um 13:50 Uhr tritt im sehr gut besuchten Hangar die "Old School EBM" Hoffnung SPETSNAZ auf die Bühne. Die Frage, ob sie ihren aggressiven Sound auch live umsetzen können, beantwortet sich gleich mit dem Opener "Degenerate Ones". Die zahlreich erschienenden EBM-Anhänger setzten sich gewohnt unzimperlich in Bewegung und werden durch die starke Präsenz des schwedischen Duos weiter angeheizt. Mit ihrem schon jetzt unerschöpflichen Repertoire an mitreißenden Songs wie "On The Edge", "Reign of Wolves" oder "To The Core" zeigen SPETSNAZ einen starken Debütauftritt auf dem M'Era Luna 2006. Und zurück zur Hauptbühne! [ Letzte Instanz / Foto © by chris ] Auf dieser versammelt sich bereits die LETZTE INSTANZ. Bereits zum dritten Mal nach 1999 und 2001 betreten die Dresdener Folkrocker die Bühne am Flugplatz in Hildesheim. Auf dem Rock Harz Open Air in Osterode konnte ich die Band das erste Mal sehen, aber auf dem M'Era Luna hat mich die Band noch ein bisschen mehr begeistert. Die Bühnenshow hat sich nicht geändert; o.k., bis auf 7 rockende Gestalten gibt's ja auch nix zu sehen. Die Menschenmenge vor der Hauptbühne feierte die Band regelrecht ab und Songs wie z.B. "Tanz", "Das schönste Lied der Welt", "Ohne Dich" oder das extrem gut angenommene und mitgesungene "Rapunzel" sorgen durch die geile Instrumentierung mit Violine und Cello und teilweise richtig fetten Gitarrengrooves für eine Menge Bewegung vor und auf der Bühne. Zwischendurch wird das Publikum noch mit "The Lions sleeps tonight" zum Mitsingen animiert, was der Band auch gelingt. Well done! [ The Birthday Massacre / Foto © by chris ] Als nächstes betritt die kanadische Band THE BIRTHDAY MASSACRE die Bühne. Die Band ist sehr stylisch in weiße Hemden, schwarze Hosen und ebenso schwarze Westen gekleidet. Der Coolness der Band setzt die Sängerin in ihrem Sommerkleid den Charme eines lauen Sommerabends entgegen. Die Band selbst bezeichnet sich ja als ein audio-visuelles Projekt und dem Anspruch trägt sie mit dem Auftritt nur bedingt Rechnung. Visuell ist außer den schicken Klamotten, der Sprunghaftigkeit der Sängerin Chibi und der energetischen Performance der Band nicht viel zu erwarten. Musikalisch bietet man einen netten, aber harmlosen Mix aus Wave der 80er Jahre, moderner Elektronik und Schrammelgitarren. Die sehr melodischen Songs werden garniert von dem großartigen und facettenreichen Gesang Chibis, die sich auf der Bühne gestikulierend und grimassierend den Songs hingibt und die unterschiedlichen Stimmungen gekonnt vermittelt. Wobei harmlos für mich heißt, dass man es sich sehr gut anhören kann, ohne weiter darüber grübeln zu müssen. Angenehme Musik, die keinem wehtut, aber vielen gefällt. Zu recht. [ Apoptygma Berzerk / Fotos © by chris ] Danach kommt der RTL II-Musiktipp APOPTYGMA BERZERK auf die Bühne. Die Band kenne und liebe ich seit vielen Jahren, auch wenn das letzte Konzert schon Jahre zurückliegt. Ich hatte eigentlich die Befürchtung, dass es einen Haufen Chartsongs zu bestaunen gibt und die Vergangenheit unter den Teppich gekehrt werden würde. Aber neben den neueren Songs "You keep me from breaking apart", "Shine on" und "Until the End of the World" wird ein Greatest Hits-Feuerwerk abgebrannt, dass mich als "alten" Fan mehr als begeistert: "Burning Heretics", "Deep Red", "Kathy's Song", "Love never dies" oder "Non-Stop Violence" werden weder zu technoid noch zu metallisch (wie auf vergangenen Tourneen) dargeboten, sondern es ist ein perfekter Mix aus dem, was APOPTYGMA BERZERK in der Szene so groß gemacht hat. Synthie/Electropop der obersten Güteklasse und zu recht ganz weit oben in der Gunst der Zuschauer, auch wenn ich manchmal das Gefühl habe, dass Stephan Groth die Melodien nicht ganz hundertprozentig trifft. Das tut der Stimmung und der geilen Performance allerdings keinen Abbruch und leider waren die 50 Minuten viel zu schnell um. Auf baldiges Wiedersehen! [ Ministry / Fotos © by Bernd Zahn + chris ] Jetzt war es endlich so weit. MINISTRY sind in the House. Die Legende hat bereits 1996 auf dem ZILLO-Festival an gleicher Stelle gespielt und ich war da. Naja, fast. Aufgrund diverser Alkoholexzesse an dem besagten Wochenende vor 10 Jahren war es uns leider nicht möglich, bis zum Headliner-Gig zu warten und wir verließen damals das Gelände, bevor auch nur ein Ton aus der PA drang. Diese Scharte gilt es heute auszuwetzen! Zu früher Stunde (18 Uhr) betreten MINISTRY die Bühne (und viele der Zuschauer gehen erstmal shoppen, so dass vor der Bühne eine Menge Platz ist) und starten mit "Psalm 69" vom gleichnamigen Götteralbum. Da ist der Sound noch in Ordnung, aber bei den folgenden drei Tracks, die allesamt verdammt hart und schnell ausgefallen sind, hat der Soundmischer alle Hände voll zu tun und schafft es auch nicht auf Anhieb, einen akzeptablen Sound hinzubekommen. Und so weiß selbst ich nicht, welche Tracks da gezockt wurden. Danach brettern uns Songs wie "Waiting", "LiesLiesLies", "N.W.O.", "Just One Fix" und "Thieves" um die Ohren. Beim Song "Khyber Pass" verlassen die Musiker nach und nach die Bühne, um anschließend für eine Zugabe ("So what") auf die Bühne zurückzukehren. HAMMER! Brutal, politisch, asozial und genial. Al Jourgensen unterstreicht die (überwiegend von George W. Bush stammenden) Samples, mit Mimik und Gestik und spätestens da wird einem klar, dass er ein ganz armes Schwein ist. Durch wie viel tausend Stunden Bush-Ansprachen muss dieser arme Mensch sich schon gehört haben? Hoffentlich färbt das nicht ab. Seine Band, bestehend aus Szenegrößen wie Paul Raven (KILLING JOKE), Tommy Victor (PRONG), Joey Jordison (SLIPKNOT), Mike Scaccia und John Bechdel (KILLING JOKE, FEAR FACTORY, PRONG) bringen den extremen Industrialsound mit seinen Stakkatoriffs und Stop-and-Go-Parts dermaßen tight auf die Bühne, dass einem schon mal die Kinnlade runterhängen kann. MINISTRY sind live die ultimative Tötungsmaschine, die keine Gefangenen macht. Schade, dass der Sound etwas matschig war, aber sonst grandios. [ In Extremo / Fotos © by Bernd Zahn ] Nach dem Brachialinferno schlagen IN EXTREMO sanftere Töne an. Sie spielen auf zum Tanze und alle 22.000 Zuschauer folgen dem Aufruf. Das Bühnenbild wird dominiert von einem Schiff, auf dem Trommler Der Morgenstern thront. Der Rest der Band (allen voran die Dudelsäcke Dr. Pymonte, Flex der Biegsame und Yellow Pfeiffer) passt sich hervorragend in das maritime Ambiente ein und liefert mit viel Spielfreude und Enthusiasmus eine wirklich gute Show ab. Sänger Das Letzte Einhorn versteht es, die Massen anzuheizen und seine charismatische Stimme zieht auch die Leute in den hintersten Winkeln des Geländes in seinen Bann. Mir persönlich ist die Bindung zu der Musik IN EXTREMO's leider etwas flöten gegangen, aber was sie heute Abend bieten, ist wirklich erste Sahne und man sieht und versteht, warum es eine der beliebtesten deutschen Bands dieser Tage ist und warum sie ein so großes Gefolge hat. Die Songauswahl ist gut getroffen worden (u.a. gibt es "Spielmannsfluch", "Mein rasend Herz", "Horizont", "Ave Maria", "Küss mich", "Liam" und "Erdbeermund" auf die Ohren) und durch kleinere und größere Pyroeffekte wird einem auch erstmalig an diesem Abend eine unterhaltsame Show geboten. Die Stimmung im Publikum ist ebenfalls hervorragend und die Band kann sich sicher sein, die anwesenden Fans begeistert und viele neue gefunden zu haben. Wenn man bedenkt, was für einen Background die Band hat, und dass sie z.B. viele Instrumente in Handarbeit selber herstellen, sei ihnen der Erfolg herzlich gegönnt. [ Within Temptation / Fotos © by chris ] Den Abschluss des Festivals bestreiten WITHIN TEMPTATION. Auch wenn Gothic Metal mit weiblicher Opernstimme nicht zwingend bei mir stattfindet und ich die ernste Befürchtung hege, dass ich mich gepflegt übergeben muss, muss ich klarstellen, dass WITHIN TEMPTATION eine wirklich gute Band sind! Hier passt im Gegensatz zu anderen Bands alles ein wenig besser zusammen. Frau Sharon den Adel hat eine Klassestimme und die Musik der Band ist bei Weitem nicht so kitschig und belanglos, wie man es von anderen Bands gewohnt ist. Die Bühnendeko ist opulent ausgefallen, links und rechts flankieren Engelsstatuen die Bühne, es brennen Feuerschalen und alles ist mit Efeu behängt. Im Hintergrund laufen Videoclips zur Unterstützung der Stimmungen und Frau den Adel und ihre Jungs geben das volle Programm auf der Bühne. Ich werde mir zwar immer noch nicht die Scheiben in den Player legen, aber wie Michi und ich festgestellt haben, machen sie ihre Sache sehr gut, auch wenn wir nicht zwingend drauf stehen. Nach ungefähr der Hälfte des Sets verlasse ich mit meinen Freunden das Festival, da die Müdigkeit einen übermannt und ich nach einer kurzen Nacht wieder zur Maloche muss. Das M'era Luna 2006 war aufgrund der stilistischen Vielfalt ein Schmelztiegel der verschiedenen musikalischen Kulturen und es hat wieder Spaß gemacht, dabei zu sein. www.meraluna.de |