11. M'ERA LUNA FESTIVAL :: Uneingeschränkt gelungen bei Besucherrekord
Flughafen Drispenstedt in Hildesheim vom 06.-08.08.2010
u.a. Placebo, Sisters Of Mercy, Unheilig, Combichrist, Feindflug, Nitzer Ebb, The Editors, In Extremo, Skinny Puppy
(Fotos by Michi)



So endlich angekommen. Nun sitze ich hier mit Zelt und Rucksack auf dem Rasen und werde gleich zum 15. Male seit 1996 die Heringe in den Flugplatz-Rasen schlagen. Zum Glück ist nach tagelangem Pisswetter nun scheinbar das Glück wieder auf unserer Seite, denn pünktlich zum M'era ist's endlich trocken und die Sonne lässt sich sogar ab und an Blicken.

Kurz noch das erste Bierchen des Tages mit Rouven leeren und schon mal in Vorfreude an die kommenden Tage denken. Da sind die tollen Elektrokracher wie COMBICHRIST, FEINDFLUG, NITZER EBB oder aber die großen Indie-Rock-Bands wie PLACEBO oder auch THE EDITORS, die für jede Menge musikalische Genüsse sorgen werden. Ich bin aber auch mal bespannt, wie viele Kiddies sich als Kurzzeitgrufties outen und Samstag zur geselligen Schlagerparade mit UNHEILIG strömen. Aber vor allem das gesellig feuchtfröhliche Beisammensein, das Zelten und standesgemäße Lästern über die anderen Festivalbesucher haben über 1,5 Jahrzehnte dafür gesorgt, dass ich nie auf den Gedanken gekommen bin, nicht dieses Festival zu besuchen. Also auf ein Neues!

Als dann endlich alle stressige Arbeit geschafft ist, die Zelte stehen, Hinnerk, Holgi und Muckel auch da sind, kann man sich dem widmen, was den Rahmen des Festivals maßgebend beeinflussen wird... Bier!
Später in der Nacht wird dann noch die Hangar Disco gecheckt, allerdings ist die Musik nicht so ganz der Reißer, außerdem gibt es einzelne Ausfälle im Freundeskreis, sodass wir gezwungen sind, den Cyberzappelbunker zu verlassen und unter größer Anstrengung unserem im stehen eingeschlafenen Kumpel zurück ins Zelt zu schleppen. Was wir auf diesem Weg lernen ist, dass Dixi-Klos zwar aus Kunststoff sind, aber doch ordentliche Abdrücke im Gesicht hinterlassen, wenn man auf Grund von völligen Fehlen von Körperbeherrschung mehr oder weniger hineinfällt. Aber so endet der Abend relativ früh und unspektakulär, aber halt unserem Alter angemessen wieder am Zelt.






SAMSTAG
Endsprechend früh beginnt dann auch der Samstag schon im einstelligen Stundenbereich. Und schau da, ein fast makelloser blauer Himmel zeigt sich über der inzwischen riesig gewordenen Zeltstadt. Herrlich, schnell mit Kaffee versorgt lässt sich der Morgen echt genießen und nach und nach ist unsere Rund wieder komplett und so kann es dann auch bald losgehen, nachdem man mit den ersten Morgenbierchen die Kopfschmerzen der Vortagessünden vertrieben hat.




Der erste Akt des Tages, der mein Interesse weckt, ist das australische Duo ANGELSPIT, die mich mit ihrem neuen, aber bereits siebten Album "Hideous & Perfect" zu Beginn des Jahres positiv überrascht hatten. Der Platz vor der Main Stage ist um kurz nach halb zwei bereits relativ ordentlich gefüllt, macht es aber noch einfach, sich in die vorderen Reihen zu quengeln. Auf der Bühne bieten Sängerin ZooG und Sänger Destroyx einen Clash aus weiblichen und männlichen Vocals. Die fetten Breakbeats und die industriallastigen Gitarren kommen leider allesamt vom Band, aber Tracks wie "Ditch The Rest" oder "Fuck The Revolution" finden durchaus Gefallen bei mir und den meisten Zuschauern vor der Bühne. Allerdings muss ich nach dem etwa 30-minütigen Auftritt sagen, dass die Musik von CD mehr Biss und Kraft ausstrahlt. Leider kam das von der großen Main Stage nicht ganz so rüber. Aber schlecht fand ichs auch nicht,.




Nach einer kurzen Stärkung in fester und flüssiger Form, folgt mit LACRIMAS PROFUNDERE auch gleich die nächste interessante Band auf der Hauptbühne. Die deutschen Gothic Metaller, um den seit 2007 hinzugestoßenen neuen Sänger Rob Vitacca, versprühen vom ersten Song an eine ausgesprochen gute Präsenz und die gewohnt melodiösen Goth Rock Tracks werden routiniert vorgetragen. Die Menschendichte vor der Bühne hat gegenüber den Vorakt nochmal deutlich zugenommen, was den Stellenwert der Oberbayern zeigt. Neben den zahlreichen Klassikern der Band werden natürlich auch die Stücke vom neuen Album "The Grandiose Nowhere" in die Show eingebaut. Songs wie "Lips" oder "The Letter" reihen sich perfekt ein und scheinen live prächtig zu funktionieren, denn die Zuschauer zollen durch jede Menge Beifall Tribut. Insgesamt 40 gut investierte Minuten voller toller Gothic Rock Musik, die die der morgen auftretenden US Vorbilder 69 EYES schon lange an Qualität überholt hat.

Nun ist erst einmal etwas Leerlauf, denn Bands wie SAMSAS TRAUM oder die STOLEN BABIES interessieren mich nicht die Bohne und das Hangarprogramm ist auch nicht grad mit Highlights für mich bestückt. So werden erst einmal die Merchandisestände und die restliche Einkaufsmeile gecheckt und ich muss schockiert feststellen, dass sich die Anzahl der Verkaufsläden noch einmal stark reduziert hat. Was ist los liebe Veranstalter Kollegen? Macht ihr die Platzgebühren derart teuer, dass niemand mehr kommt? Überlegt mal wie das weitergehen soll. Bald gibt's nur noch Bierbuden, überteuerte Fressstände und 'nen Xtrax Stand. Das kann nicht das Ziel sein, denn die Shoppingmeile war immer ein kleiner Höhepunkt auf dem Festival! Aber ein Schmankerl gab's beim Shoppen doch noch für uns, denn was wir in Eigenregie in den letzten Monaten nicht geschafft haben, hat uns ein Gleichgesinnter abgenommen... da hängen doch tatsächlich Anti Cyber T-Shirts! Gleich in 5-facher Ausführung für die ganze Gruppe gekauft und mit stolzer Brust den leichtentflammbaren Plastikgestalten präsentiert. Hahaha...




Die nächsten musikalischen Aktivitäten von Interesse sind die der slowenischen Band LAIBACH, die bereits seit Mitte der 80er ihr musikalisches Unwesen quer durch Europa treiben. Sänger Milan Fras zeigt sich wie gewohnt mit seiner traditionellen Kopfbedeckung. Mina ©piler ziert sich an seiner Seite mit weiblicher osteuropäischer Ausdrucksstärke am Synthesizer und verziert die Musik mit ihrem kontroversen Gesang zu Milan. Leider ist der Auftritt wenig spektakulär und skandalös. Alles was man von frühen Auftritten gehört hat, wird heute durch recht langweilig erscheinende getragene Musik weggewischt. Das einstündige Konzert besteht aus Songs ohne wiedererkennungswert und lässt sich letztendlich nur als langweilig bezeichnen. Einzig das Stück "America", eine Abwandlung der US Nationalhymne "In God We Trust", lässt mich aufhorchen, da hier Minas Stimme wirklich brilliert. Und als "Tanz mit Laibach" zum ersten Mal richtige Rhythmen offenbart und die ersten Zuschauer aufwachen und man noch auf Stücke die "Geburt einer Nation" oder "Life Is Life" hofft, ist dieser Auftritt auch schon zu Ende und kann für mich nur als große Enttäuschung gewertet werden.




Na gut was soll's, also setzte ich mal die Hoffnung in die EBM Helden NITZER EBB, um diesen Tag noch musikalisch zu retten, denn nur vom Bier allein bleibt der Tag auch nicht in positiver Erinnerung. Aber auch Douglas McCarthy, Bon Harris (E-Drums) und Jason Payne (Sequenzer) lassen es zuerst relativ ruhig angehen. Ausgesprochen cool im schicken Anzug gekleidet, bietet Douglas den unzähligen Ebbheads vor der Bühne einen Mix aus neuem und altem Stoff. So kommen neue Stücke wie "Down On Your Knees" genauso zum Einsatz wie die alten coolen groovigen "Shame", "I Saw You" oder "Lightning Man". Douglas rennt wie immer wie angestochen über die Bühne und zeigt sich gewohnt charmant bis etwas tuntig dabei. Auf jeden Fall sind die Fans im Sound gefangen und tanzen oder rempeln fröhlich vor der Bühne herum. Nach etwas mehr als 30 Minuten Spielzeit wird der Temporegler deutsch hochgedreht mit dem Kracher "Payroll". Danach geht's mit einem Feuerwerk an Klassikern endlich zur Sache, denn auf Stücke wie "Let Your Body Learn", "Murderous", "Control I´m Here" und natürlich dem finalen "Getting Closer" haben wir ja schließlich alle gewartet. Zum Glück nicht vergebens, denn letztendlich waren es genau diese Stücke, die diesen Auftritt zum bisher Besten und einprägsamsten des Tages bisher gestaltet haben und endlich auch mal zum Mittanzen animieren konnten.




So liebe Kinder gebt gut acht, denn nun kommen UNHEILIG und natürlich der Graf. Und das macht sich auch bemerkbar, denn innerhalb von wenigen Minuten füllt sich das Gelände bis zum Anschlag. Ich hatte so vermutet, dass sich die meisten Unheilig Fans im Aknealter befinden, nachdem sich der komische Graf für The Dome, Big Brother, GZSZ und anderen Animationen zur Gehirnverödung verkauft hat. Allerdings hat die nun kommende Aufführung auch jede Menge potentielle Schlagerfans angelockt, oder es waren die Eltern der Kiddies? Wie schon gewohnt, haben UNHEILIG die Bühne getreu ihrem neuen Albummotto mit einem Schiffsbug dekoriert. Schon seit Minuten wird die Restzeit bis zum Auftritt herunter gecountet und als dann Hildegart Knefs "Für dich soll es rote Rosen regnen" und Hans Albers "Auf der Reeperbahn" als Intro aus den Lautsprechern läuft, verdichtet sich die Menschenmasse vor der Bühne. Dann kommt der Graf gewohnt schwungvoll und agil auf die Bühne und stimmt seine ersten Songs an, die scheinbar alle vom neuen Album kommen, denn ich kenne kein einziges Stück. Für mich erscheinen diese neuen Stücke als seelenlose, themenleere Schlagerlangweiler, die ein bisschen unter dem Deckmantel des Gothic stecken. Weil sich der Durchschnitts Unheilig Fan zumeist scheinbar keine Texte merken kann, werden die Texte teilweise auf einer großen Leinwand im Karaoke Stil gleich mal mitgeliefert. Oh ich kann einen Titel nennen."Unter falscher Flagge" heißt es. Schön... Kurz danach kommt mit "An deiner Seite" ein Lied, was schon seit einigen Jahren die Frauenherzen berührt und nun dazu führt, dass kollektives Feuerzeugschwenken und Tränenrausdrücken angesagt ist. In der zweiten Hälfte des einstündigen Bühnenintermezzos werden zum Glück auch einige Songs aus der Zeit gespielt, in der es noch eine Szenebindung gab wie z.B. "Sage Ja". Die "Höhepunkte" sind zum Ende natürlich noch der Chartbreaker "Geboren um zu leben" (wir haben was anderes gesungen und uns ein paar Feinde gemacht;-) ) und zum Ende "Mein Stern". Mal sehen wie lange der Stern für UNHEILIG auf diesem Level leuchtet. In der Schlagerparade vielleicht, auf dem M'era Luna hoffentlich nicht. Für mich sind UNHEILIG einfach nur noch peinlich.




Jetzt ist es schon viertel vor 11 und nur noch ein Akt steht bevor. Andrew Eldritch und seine SISTERS OF MERCY wurden auserkoren, noch über dem zuvor gesehenen zu stehen. Dass das noch möglich ist, obwohl man seit 17 Jahren keine neue CD herausgebracht hat, spricht für die damaligen Werke oder aber gegen die Szene der letzten Jahre. Wie dem auch sei, in gewohnt vernebelter und von Lichtstrahlern zerschnittener Optik zeigt sich mal wieder die Bühne. Wie auf allen SISTERS Konzerten zuvor sieht man nicht allzu viel von den Akteuren. Aber das Erscheinungsbild entspricht eh schon seit langem nicht mehr dem, was man noch aus den alten Musikvideos kennt. Allerdings können die SISTERS OF MERCY mit jeder Menge toller Goth Rock Songs auftrumpfen, die heute soundtechnisch besser kommen, als noch bei den letzten Auftritten beim M'era Luna. "Detonation Boulevard", "First In Love And Always", "No Time To Cry", "Alice" und "Mariane" werden gleich zu Beginn des Konzertes gebracht, bei denen der musikalische Genuss aus tollen Gitarrenmelodien und Andrews markanten Gesang wirklich genial ist. Optisch gibt es, wie schon gesagt, nicht viel außer Nebel und wechselnd farbigen Strahlern und schemenhaften Musikern. Mit dem Ende von "Mother Russia" hatte ich genug der SISTERS Klassiker und ich mach mich mit dem letzen an meiner Seite gebliebenen Kumpel auf dem Rückweg zum Zelt. Dort beim letzten Bier hören wir als Abschluss noch "Temple Of Love", das dem Konzert einen würdigen Abschluss schenkte.

Nun aber raus aus den Stiefeln, ab ins Zelt und noch ein bisschen dem Treiben auf dem Zeltplatz lauschen, sofern mir das gegönnt wird beim Schnarchen des Nebenmanns,.






SONNTAG
Guten Morgen liebe Welt, wieder viel zu früh wach, aber was soll's. Heute erwartet uns das M'era Luna mit jeder Menge tollem Musikstoff. Also Kaffee in den Kopf, gut Frühstücken und dann schon mal die ersten Abbauarbeiten durchführen, denn heute ist nicht viel Leerlauf und so ist die erste Ladung auch schon kurz nach 11 Uhr im Auto. Nun aber los auf's Gelände,.




Denn mit THE OTHER steht die derzeit wohl bekannteste Horrorpunk Band auf dem Vormittagsprogramm der Main Stage. So zeigt der Uhrzeiger gerade mal auf 11:40 Uhr, als Sänger Rod Usher und seine Mannen begleitet vom Intro der neuen CD die Bühne erklimmen, die mit ein paar Kirchenfensterdekos geschmückt ist. Bei leicht einsetzendem Nieselregen geht's auch gleich mit "Back To The Cemetary" los, und dieser Song fesselt sofort die schon zahlreichen Zuschauer vor der Bühne. Die Gitarren brettern richtig geil los und Rod zeigt, dass seine Stimme live genauso kraftvoll und markant ist wie von CD. "Der Tod Steht dir gut", "Lover´s Lane" und "Beware Of Ghouls", zu dem Rod sogar zum Circle Pit auffordert, aber nur eine Handvoll Leute versuchen das umzusetzen, sind in der Folge alles geile Horrorpunkstücke, die allen Anwesenden richtig Spaß machen, was von den Bühnenakteuren auch entsprechend gewürdigt wird. "Lovesick Mind" ist das Stück mit dem größten Gänsehautfaktor, da der Spannungsbogen und die Intensität des Songs sich auf einem ganz hohen Level befinden. Mit "Hier kommt die Dunkelheit" inklusive Iron Maiden Gitarrensolo, findet ein richtig geiler Auftritt sein viel zu frühes Ende. Für mich der bisher beste Akt mit den sympathischsten Musikern an diesem Wochenendes. We you in Sarstedt!




Auf den nächsten Ak,t PUNISH YOURSELF, muss ich nun leider verzichten, da nun die restlichen Abbauarbeiten anstehen. Aber pünktlich zu HANZEL UND GRETYL bin ich wieder am Start, denn auf Kaizer von Loopy und Gesangsröhre Vas Kallas mit ihrer deutsch geschichtlichen Verarsche will ich auf keinen Fall verzichten. Schon das geschichtsträchtige Federviehlogo als Hintergrundbild und das Intro mit Fliegeralarm zeigt, dass die Amis heute den Deutschen eines auf die Nase geben wollen. Und das geht am besten mit "Fikk Dich mit Fire", einem der besten provokanten Kracher, der durch unglaublich hart gespielten Gitarren den Leuten richtig Dampf macht. Vas Kallas röhrt und schreit, was das Zeug hält, und Kaizer von Loopy ist permanent dabei, die Leute anzuheizen. "Disko Fire Scheiss Messiah", "Das Boot" und vor allem "Third Reich from The Sun" sorgen für jede Menge Provokation mit Augenzwinkern. Da habt ihr ja echt die besten Deutschen Eigenschaften rausgepickt... Aber zwischendurch muss auch auf der Bühne Zeit für ein Bierchen sein und so heben HANZEL UND GRETYL auf der Bühne erst einmal die Bierkrüge, was zu einer riesen Party unter den Zuschauern führt. Mit "SS Deathstar Supergalactick" und "Ich bin uber alles" kommen noch zwei weitere geile Hammer vom 2003 Erfolgsalbum "Uber alles", bevor mit "Fukken uber Death Party" vom letzten Album "Zwanzig Zwölf" nochmal schön prollig der musikalische Hammer ausgepackt wird, um einen frenetisch gefeierten Abgang von der Main Stage zu zelebrieren. Ein absolut geiler Auftritt, der mir so auch noch nicht unter die Augen gekommen ist.




Da die nächsten Sachen, die ich sehen will, sind alle im Hangar und da dies viel Kraft und Durchhaltevermögen kosten wird, steht nun erst mal ein bisschen chillen und futtern an. Man war dieser Cheeseburger zum kotzen... ZERAPHINE laufen nebenher als nette Begleitmusik, aber muss ich nicht sehen. Nun überwinden wir uns doch in den Hangar zu gehen, denn es steht der Auftritt von Polo und Edgar, alias AMDUSCIA aus Mexico bevor. Noch ist es kein Problem, sich zentral vor der Bühne zu platzieren. Nebel kommt auf die Bühne, eine olle Cybertussie macht auf Gogo Tante und los geht's auch mit dem harschen Hellelectrogestampfe. Polo ist ähnlich agil wie sein Kollege Erk von Hocico, flitzt von rechts nach links und pusht die Menge im Hangar. Allerdings fällt es mir aufgrund der Eintönigkeit der Songs sehr schwer, Titel zu nennen. Schnelle Beats, frickelige Synthies und ein kreischender verzerrter Gesang machen es nicht leicht, markante Unterschiede zu erkennen. Zum Ende erkenne ich dann noch an den Melodien einige Stücke wie "Fuckin Flesh", die ich noch vom guten Debütalbum "Melodies For The Devil" kenne, aber Alles in Allem war dieser Auftritt nicht so Klasse, da es eigentlich nur ein einziges Hellelectro/Technogestampfe gewesen ist... also schnell wieder raus aus der Halle.

Womit ich nicht gerechnet habe, ist das Bild, dass sich nun zeigt. Bereits in der Pause vor AGONOIZE beginnt ein extremer Strom in den Hangar, der darin endet, dass die Halle komplett voll ist und hunderte nicht mehr reinkommen und sich eine riesen Menschentraube vorm Eingang bildet. Generell ist anzumerken, dass sich Scorpio mal überlegen sollte wer wann wo spielt, denn das find ich auch dieses Jahr wieder teilweise nicht sehr glücklich gewählt. Aber egal, da der erste FEINDFLUG Auftritt auf dem M'era Luna natürlich Pflicht ist, heißt es mit einreihen und hoffen, dass nach AGONOIZE genügend Leute den Hangar verlassen. Das hat immerhin den Nebeneffekt, das ich von AGONOIZE noch "Du Fotze" und "Kopolalie" höre, was mir aber auch noch den Aufschluss gibt, wieso die Jungs nicht draußen auftreten.




Nach 30 Minuten Kampf und Krampf haben wir es grad so pünktlich zu FEINFLUG um 17:20 Uhr geschafft. Schon wird auch fett Nebel auf die Bühne gepumpt und die Bühne füllt sich mit den zahlreichen Akteuren. Gewohnt bombastisch und kontrovers geht es auch gleich zu Werke. Sehr schade finde ich allerdings, dass das Video, das einen Großteil der beklemmenden Stimmung ausmacht, durch den Nebel kaum zu sehen ist. Auch die Band kann ich von Hinten kaum erkennen, da die Stroboskop-Scheinwerfer ein extrem intensives Blitzlichtgewitter loslassen. Stücke wie "Truppenschau", "Roter Schnee" und "AK47" sind natürlich ein absolutes akustisches Brett, bestehend aus harschen Beats und den knallenden Marschtrommeln. Bei "Selbstjustiz" hab ich die Schnauze voll und versuche mich nach vorn zu kämpfen, da ich auch mal was sehen möchte. Klappt auch und so genieße ich die letzten Stücke bis "Stukas im Visier" das Ende eines guten, aber für mich nicht besten FEINDFLUG Auftritts bereitet. Sorry Jungs, fand euch auf dem E-Tropolis weit besser.




Draußen erlebe ich danach die letzten Stücke von THE EDITORS und die ersten von IN EXTREMO beim zwischenzeitlichen Kräftesammeln, allerdings sind mir diese Mittelaltertypen schon seit Jahren sowas von egal, dass der Weg doch wieder in den Hangar führt, um wenigstens die letzten Klänge der Industriallegende SKINNY PUPPY zu erleben, die nach diversen Main Stage Auftritten auf'm M'era, dieses Jahr nun in den Hangar verbannt wurden. Was die Augen zu blicken bekommen, ist eine Show, die sich um einiges von denen der letzten Jahre unterscheidet. Neben der ganzen Blutorgie, die ich leider schon verpasst habe, ist nun die Lichtshow der Mittelpunkt. Mastermind Orge und das Synthiepult werden genau wie die Leinwand mit Videoprojektionen angestrahlt, was bizarre Bilder inszeniert. Zudem ist man mal wieder scheinbar ziemlich antichristlich unterwegs, denn Textzeilen wie "Jesus wants to be ugly" und seine papstähnliche Verkleidung sprechen eine eindeutige provokante Sprache. Zum Ende des Gigs kommen natürlich noch "Assimilate" und "Worlock", die seit Jahren SKINNY PUPPYS Aushängeschilder sind. Wär wohl cool gewesen, den ganzen Auftritt zu sehen, aber man muss ja in meinem Alter die Kraft einteilen und Prioritäten setzen.




Nun ist aber die Aufgabe, den zwischenzeitlichen Abstrom der Leute zu nutzen und sich gut für COMBICHRIST nahe der Bühne zu platzieren. Als dann pünktlich um 20:15 Uhr schon mal wieder Fliegersirenen ertönen (ein vielgebrauchtes Intro dieses Wochenende), platzieren sich auch schon die beiden Drummer an den Trommeltürmen und der Keyboarder mittig. Dann kommt Andy LaPlegua auf die Stage und schon kocht die Halle, denn mit "All Pain Is Gone" wird sofort zu bombastischen Drumbeats richtig Soundgewitter gemacht. Imposant wie immer bei COMBICHRIST werden die Drums verprügelt, das Synthie fast aus der Verankerung gerissen und das Publikum gepusht, wie es keine zweite Band derzeit schafft. "Rain Of Blood", "Electrohead", "Without Emotions", "Deathbed" oder "Bodybeat" verbreiten diese herrliche aggressive Stimmung, die ich beeindruckend finde. "Blut Royal", "Fuck That Shit" vervollständigen den Reigen an bombast-brutalem Electro, bevor die neue Maxi "Never Surrender" kommt, die mal wieder richtig genial ist, sich aber durch seltene Breaks vom zuvor gehörten unterscheidet. "What The Fuck Is Wrong With You People" bildet das Ende des fetten Gigs. Leider wird keine Zugabe gewährt, denn das viel geforderte "This Shit Will Fuck You Up" blieb leider aus.
COMBICHRIST waren heute aber in absoluter Hochform und so steigt die Freude aufs bald kommende neue Album noch mehr.




Völlig ausgepowert und zufrieden führt der Weg nun ins inzwischen dunkel gewordene Freie, wo PLACEBO gerade auf der Main Stage mitten in ihrem Programm sind. Wie gewohnt ist die Bühne mit jeder Menge Videoleinwänden überzogen, die das optische Bild der Band abrunden. Brian Molko ganz in weiß gekleidet und mit einer schwarzen Mütze auf'm Kopf gibt grad "Bitter Ends" zum Besten, als ich höre, dass der Klassiker "Every You And Every Me" bereits gelaufen ist. Ich schau mir nun noch einige Stücke an, die allesamt perfekt performt sind und alle inzwischen so bekannten tollen Rhythmen, Melodien der Alternative Rocker beinhalten. Kurz vor 22 Uhr machen wir uns dann aber auf den Weg zum Auto und lassen uns noch ein wenig von PLACEBOS Musik berieseln.




Während wir nun das Gelände verlassen, uns mit dem Auto vom Parkplatz kämpfen und dem Polizisten auch dieses Jahr erklären, dass der Fahrer nüchtern ist, lasse ich dieses Wochenende auf dem M'era Luna 2010 noch einmal im Kopf Revue passieren und komme zu dem Schluss, dass ich es Dank des überdurchschnittlichen Sonntags als uneingeschränkt gelungen bezeichnen kann. Ich denke, dass sehen die bestätigten 24000 Besucher (Rekord) auch so. Und dass der Wettergott ein M'era-Gänger ist beweist er, als sich über uns auf der Rückfahrt ein riesen Wolkenbruch ergießt... bis nächstes Jahr geliebtes M'era Luna! (michi)



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