Musikalische Facetten einer Persönlichkeit
Mysterium (Dark/Mystic Metal)

Bereits das erste Album von der Deutschen Band Mysterium, "The Glowering Facades Of Night", konnte mich und viele andere in seinen Bann ziehen. Mystischer, dunkler Metal, der faszinierend dargeboten wurde. Nun, etwa 3 Jahre nach dem Debüt gibt's das zweite Werk, welches mit kleineren Überraschungen im Stil aufwartet, aber immer noch diese mystische Ausstrahlung besitzt. Mehr Infos gibt's im folgende Interview mit Sagron. (eller)

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Warum hat man so lange auf ein neues Mysterium Album warten müssen?
Nun, zum einen haben wir im Anschluss an die Veröffentlichung von "The Glowering Facades Of Night" einige Livekonzerte, Festivals und eine Europatour mit Ancient Ceremony gemacht, um auch auf diesem Gebiet etwas gegen unsere Unerfahrenheit zu tun, und zum anderen ist das wohl einfach eine schlechte Angewohnheit von uns, sich nach einer Veröffentlichung eine Zeit lang darauf auszuruhen. Trotzdem finde ich es rückblickend gar nicht so schlecht, dass zwischen den beiden Alben ein relativ langer Zeitraum liegt, weil wir so, nicht zuletzt auch durch die Liveerfahrungen, neue Aspekte in unsere Musik und unser Schaffen einbringen konnten. Ich finde es als Musiker auch nicht so interessant, so viele Veröffentlichungen in einem geringen Abstand zu machen, weil man einfach Gefahr läuft, einfach nur noch etwas bessere Kopien der letzten Sachen zu machen. Musik ist halt sehr stark mit Kreativität und der jeweiligen persönlichen und musikalischen Entwicklungsphase der beteiligten Personen verbunden und beides braucht meiner Meinung nach eine gewisse Zeit bis es sich wirklich weiterentwickelt hat.

Im Vergleich zum ersten Album fällt auf, dass euer Sound etwas rauer und härter geworden ist. Wieso habt ihr euch dazu entschieden, eure Musik etwas von Folk und Gothic abzuwenden?
Man kann im Hinblick auf die "neue Härte" und den direkteren Sound nicht von einer bewussten Entscheidung sprechen. Zu der Zeit als wir die Songs für unser Debüt aufgenommen haben, waren diese teilweise schon mehrere Jahre alt und es stand sogar schon ein neuer Song, der erst jetzt auf "soulwards" veröffentlicht wird. Unsere eigentliche Zielsetzung, wenn man es denn so nennen will, war, den Sound von Mysterium direkter zu machen und näher an den Hörer, an die Zeit zu bringen. Die älteren Songs entstanden zugegebenermaßen zu stark unter der Einschränkung durch stilistische Maximen und der Beeinflussung von anderen Künstlern. Mit der Zeit entstand innerhalb der Gruppe die Diskussion darüber, warum wir (und sicher sind wir da nicht die einzigen) uns so stark von solchen Grenzen einschränken lassen und nicht einfach versuchen, das, was Mysterium ausmacht, so zu gestalten, dass für uns auch wieder ein direkter Bezug zu unseren Gefühlen und sehr persönlichen Themen entsteht. Sicherlich ist das eher in dem lyrischen Wandel ersichtlich, aber auch musikalisch haben wir die Elemente, zu denen wir einfach keinen wirklichen Bezug mehr haben, außen vor gelassen und stärker aus uns selbst heraus komponiert. Ich würde diesbezüglich auch nicht unbedingt sagen, dass wir härter geworden sind. Dieses Hörempfinden entsteht wohl hauptsächlich aus dem sehr viel druckvolleren Sound des neuen Albums.

Was hat sich für euch seit dem letzten Album verändert?
Die entscheidenste Veränderung war sicher die Trennung von unserem alten Drummer und die neue Zusammenarbeit mit Oliver Jungmann an den Drums, die uns auch auf unserem Weg zu "soulwards" ein großes Stück weitergebracht haben. Nachdem wir unsere Debüt so unerfahren angegangen sind und jetzt im Nachhinein mit einigen Punkten nicht mehr so 100%ig zufrieden sind, haben wir dieses Mal den Anspruch an uns selbst gestellt, ein möglichst perfektes Album zu machen. Nicht im Hinblick auf die Songs und die Kompositionen, was ja letztendlich doch sehr subjektiv als gut oder schlecht empfunden wird, sondern im Hinblick auf die "handwerkliche Arbeit" im Studio. Wir wollten ein Album aufnehmen, mit dem wir auch noch nach mehrmaligem Hören zufrieden sind und bei dem wir nicht 2 oder 3 Stellen haben, die uns persönlich immer wieder stören. Für uns selbst haben wir dieses Ziel auf jeden Fall erreicht, wobei man natürlich als Musiker und dann noch bei dem eigenen Album mit einer komplett anderen Sicht- oder besser gesagt Hörweise an die Songs rangeht, als das ein unabhängiger Hörer kann. Ich glaube jeder, der in dieser Hinsicht mal etwas gemacht hat, weiß wovon ich rede. Musikalisch und textlich haben wir - wie bereits erwähnt - einen Weg gesucht, uns etwas von vorgefertigten Bahnen zu lösen und unsere Musik näher an die Zeit zu bringen. Während wir früher sehr stark mit mythologischen Themen gearbeitet haben und diese auch dementsprechend musikalisch mit teilweise sehr ursprünglichen Mitteln umgesetzt haben, hat sich mit der Zeit eine stärkere Konzentration auf die "alltäglichen" Mysterien unserer Persönlichkeit, unseres Seelenlebens herauskristallisiert. Einfach gesagt, warum immer Themen verarbeiten, in die man sich erst einlesen muss, anstatt einfach ganz persönliche Momente umzusetzen. Ich glaube diesbezüglich kann sich jetzt auch jeder stärker in die geschaffenen textlichen Welten und musikalischen Umsetzungen reinfühlen. Als Beispiel sei hier nur "Dreams unfold" erwähnt, welches sich mit dem Mysterium der Träume und dem Unterbewussten beschäftigt. Ein Teil unserer Persönlichkeit, der so viele faszinierende Seiten enthält, leider aber oft zu wenig Beachtung findet. Dieser rote Faden zieht sich generell durch das neue Album: Alle lyrischen und musikalischen Themen sind sehr viel persönlicher, nachvollziehbarer und eigenständiger geworden.

Wie waren bislang die ersten Reaktionen auf euer neues Werk?
Bislang durchweg sehr positiv, wobei wir bei manchen Kritiken enttäuscht waren, etwas schlechter abzuschneiden als mit dem Debüt. Aber im Hinblick darauf muss man einfach verstehen, dass es für uns als Musiker und auch als Gruppe ein enormer Schritt war seit dem Debüt und wir dementsprechend auch sehr hohe Erwartungen an dieses Album stellen. Uns ist es am wichtigsten, dass der Hörer uns unsere Weiterentwicklung bestätigt und merkt, welche Punkte gezielt verbessert wurden und welchen Stand Mysterium heute hat. Uns war es nach den Schwächen des Debüts ein Bedürfnis dieses Album zu veröffentlichen, um zu zeigen, wo wir jetzt und heute stehen und was wir geleistet haben. Ob das natürlich dem jeweiligen Hörer besser gefallen muss, als "The Glowering Facades Of Night" sei einmal dahingestellt. Nicht zuletzt ist es doch nur EINE Meinung EINES subjektiv empfindenden Kritikers und somit nicht wirklich aussagekräftig im Bezug auf Qualität. Ich selbst habe schon so oft Kritiken gelesen, die überhaupt nicht mit meinem Empfinden eines Albums übereinstimmten. Aber kann denn Kunst überhaupt nach objektiven Maßstäben beurteilt werden? Andererseits muss ich zugeben, dass ich auch gerade jetzt bei "soulwards" die Erfahrung gemacht habe, dass es Kritiker gibt, die sich wirklich so intensiv mit den Sachen auseinandersetzen, dass sie teilweise Sichtweisen herausarbeiten, mit denen ich nie gerechnet hätte, dass diese überhaupt jemand entdeckt. Ich denke, wir können uns diesbezüglich wirklich nicht beschweren, weil alle unsere Kritiken bisher ausnahmslos positiv waren, auch wenn man sich das ein oder andere Mal mehr erwartet hätte.

Ihr erhaltet von Markus Baltes von Autumblaze gesangliche Unterstützung. War das von Anfang an geplant und war es einfach, ihn in eure Musik einzubinden?
Für mich als Verantwortlicher für alle Gesangslinien stellte sich für "soulwards" die Frage, wie ich einen Weg finde, die neugewonnene Direktheit nicht durch allzu schwache oder "folkige" Gesangsparts zu stören. Meine Vision war eine Umsetzung der cleanen Gesangslinien, die sowohl kraftvoll ist und somit sich gut in den Gesamtsound einpasst, als auch eine, die dem typischen atmosphärischen Sound von Mysterium eine gewisse Tiefe gibt. Da ich im Hinblick auf cleanen Gesang mir einfach eingestehen muss, nicht der beste zu sein, entschied ich mich, Markus anzurufen und mit ihm darüber zu reden. Nachdem ich ihm in etwa meine Vorstellung klar gemacht hatte, hat er auch gleich zugesagt. Sicher hatte auch ich ab und zu ein paar Gedanken daran verschwendet, ob Markus` Stimme so gut zum neuen Sound passt, weil er was Autumnblaze angeht, doch eher eine "zerbrechliche" Stimme hat. Ursprünglich war es auch geplant, die Gesangslinien vor den Aufnahmen zu arrangieren, allerdings mussten wir dies aus beiderseitigem Zeitmangel über Bord werfen und haben die kompletten Gesangsparts vor Ort im Studio arrangiert und eingesungen. Schon nach den ersten paar Versuchen war mir klar, dass es die richtige Entscheidung war, weil Markus` seinen Gesangsstil sehr flexibel gestalten kann und auch sehr stark auf unsere Vorstellungen einging. Die Zusammenarbeit mit Markus war wirklich sehr, sehr positiv, weil er zum einen natürlich eine geniale Stimme hat und zum anderen auch sehr schnell gute Ideen entwickelt, kritikbereit ist und nicht zuletzt auch mir beim Einsingen der 2. Stimmen eine große Hilfe war.

Was würdest du auf die folgende Frage eines Unbeteiligten (der keine Ahnung von Metal hat) antworten: Was macht ihr eigentlich für Musik?
Ich würde sagen: "Versuch´ Dir einfach vorzustellen alle Facetten einer Persönlichkeit, auch die, die sich keiner selbst eingestehen möchte, werden musikalisch umgesetzt." Ich glaube, das beschreibt ohne irgendwelche Schlagworte zu benutzen ganz gut die Intention unserer Musik. Mysterium lebt einerseits von Emotionen wie Melancholie, Trauer, Niedergeschlagenheit, Hoffnung, Zuneigung, Verlangen und andererseits von Wut, Aggression, Verzweiflung. Meiner Ansicht nach stellt das die beiden wichtigsten Gegenpole unserer Psyche dar. Der Sound von Mysterium lebte von Anfang an von dem Wechsel zwischen diesen beiden Polen. Rein musikalisch betrachtet könnte man es auch so beschreiben, dass Mysterium ganz klar aus den Wurzeln des Metals entstanden ist und nun durch atmosphärische Elemente erweitert wurde, um dem ganzen einen gewissen tiefgehenderen, expressiveren Charakter zu verleihen.

Wie entsteht bei euch ein Song? Habt ihr einen Hauptsongschreiber oder sind immer alle am Entstehungsprozess eng beteiligt?
Der Großteil der Ideen stammt auch dieses Mal wieder von Gwydion und mir, wobei er diesmal für den absolut überwiegenden Teil der Lyrics verantwortlich war. Dieses Mal haben sich aber auch Ciikh und Ferrak sehr viel stärker eingebracht, was meiner Meinung nach auch zum Teil die Weiterentwicklung unserer Musik mit veranlasst hat. Wir haben dieses Mal stärker denn je gemeinsam in Proben an den Stücken gearbeitet und vor allem die neuesten Stücke wie "Within tempted moon" oder auch "Sphereflight" entstanden größtenteils in der Zusammenarbeit aller Mitglieder.
Um ehrlich zu sein haben wir früher sehr starke Zweifel daran gehabt, ob es so sinnvoll ist, einen Song zusammen entstehen zu lassen und sind meist so an die Sache rangegangen, dass ein Grundgerüst auf jeden Fall stehen musste und dieses dann im Proberaum mit verschiedenen Elementen erweitert wurde. Aber da wir nun inzwischen ja schon über 10 Jahre gemeinsam Musik machen, können wir untereinander unsere Vorstellungen zu gewissen Parts oder Arrangements den anderen sehr schnell verständlich machen und so auch produktiv an einer Sache arbeiten, ohne uns in endlosen, nutzlosen Sessions zu verlieren. Wir hoffen diese Arbeitsweise in Zukunft noch weiterentwickeln zu können und jedem Mitglied noch mehr die Möglichkeit geben zu können, sich stärker einzubinden.

Weihe uns doch bitte ein wenig tiefer in eure textlichen Inhalte ein.
Wie der Titel "Soulwards" schon ankündigt, begibt sich der Hörer auf eine Reise in die Tiefen der Seele. Dies muss nicht unbedingt seine eigene oder die von Mysterium sein, sondern kann ganz einfach die menschliche Natur an sich verkörpern. Ich betrachte den textlichen Bereich der neuen CD als Einheit, obwohl es sich, wie man auf den ersten Blick vermuten könnte, wie bereits erwähnt, nicht um ein Konzeptalbum handelt. Es deckt lediglich ein großes Spektrum an mythischen, psychischenund alltäglichen Dingen ab: Träume, Unterbewusstsein, Selbstfindung, Sehnsüchte, Verzweiflung, Hoffnung...
Dennoch haben wir, wie beim Vorgänger, wieder ansatzweise auf verschiedene mythologische Themen zurückgegriffen, die diesmal allerdings eher unterstützend wirken. So ist es bei "Within Tempted Moon" altes Hexentum, bei "Sphereflight" andererseits henochische Mystik, die einem die holprige Fahrt ins Ich bebildern.
"TheSe mirrored 1s" ist dagegen bewußt simpel gehalten, lässt viel Spielraum, sein ureigenes Unterbewußtsein zu erforschen. Der abstrakteste Text auf "soulwards" ist sicherlich "Spiral Mystery", welcher halb schlafwandelnd, halb bei Sinnen eigene Schwächen, Sehnsüchte und schamvoll die Irrwege eines undurchsichtigen Daseins darzulegen sucht. Im Grunde sollte aber jeder seine eigene, subjektive Reise unternehmen, denn "soulwards" enthält keine objektiven Wahrheiten und es steht jedem frei, einen Sinn zu entdecken.

Präsentiert ihr eure Songs in nächster Zeit eurem Livepublikum? Seid ihr wieder auf Festivals zu sehen?
Im Moment kann ich nur ein Konzert wirklich definitiv ankündigen, welches am 03.Mai im Knaack Club in Berlin zusammen mit Adorned Brood stattfinden wird. Dort werden wir dann erstmals unser neues Album live präsentieren. Nähere Infos dazu und zu allen anderen Konzerten, die noch kommen sind frühzeitig der Homepage unseres Labels Prophecy (www.prophecy.cd) bzw. unserer eigenen Page www.prophecy.cd/mysterium zu entnehmen. Unsere eigene Page befindet sich momentan allerdings noch im Aufbau und wird wohl erst in einigen Wochen online gehen. Infos dazu gibt es dann natürlich auch auf der Prophecy-Seite.

Werden wir wieder fast 3 Jahre auf ein neues Album warten müssen?
Tja, ich halte mich mal vorsichtig zurück mit Versprechungen, die später gegen mich verwendet werden könnten, aber ich kann sagen, dass wir es definitiv nicht vorhaben, wieder 3 Jahre verstreichen zu lassen. Im Moment sind wir immerhin schon in der Phase, in der wir uns Gedanken machen, was wir für die Zukunft in´s Auge fassen und erste Ideen sammeln. Wir wollen auch nach "soulwards" wieder eine Steigerung und dem Sound von Mysterium neue Facetten hinzufügen. Vielleicht wird sich auch mehr ändern, als es zwischen den letzten beiden Alben der Fall war, wer weiß. Zu diesem Thema werde ich mich dann aber gerne zu gegebener Zeit an dieser Stelle äußern!

Sagron, MYSTERIUM