Rausch der Tiefe
NCOR (Electro Wave)

Im letzten Jahr gewann das Trio um Ex- Model, Sänger und Texter Kevin den Battle of the bands Contest, nun liegt ihr Debüt-Album in den Regalen. Pathetische, deutsche Texte, einschmeichelnde, dunkle Melodien und verspieltes Sampling bestimmen "Tiefenrausch", so der Titel des Erstlings. Ein gefühlvoller warmer Gesang intoniert die meist sehr emotionale Lyrik. Nachdem sie im letzten Jahr die Deutschland Tour von Funker Vogt supporteten werden sie auch in diesem Jahr des öfteren auf der Bühne zu sehen sein. Nebenbei beginnt aber schon die Arbeit an den nächsten Album, von dem schon einige Songs so gut wie fertig sind. www.ncor.de (andreas)

Besetzung
Kevin-Gesang,Texte
Sebastian-Keyboard, Komposition
Micha-Schlagzeug,Synths

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Bitte erklärt uns, was hinter dem Bandnamen NCOR steckt?
-nCor- ist die Anzahl der Koeffizienten einer Matrix, ein mathematischer Ausdruck und bedeutet soviel wie, dass wir vieles vereinen. Menschlich wie musikalisch gibt es für uns nicht nur eine Welt in der wir leben und fühlen, sondern viel drum herum, dass wir uns immer wieder gerne anschauen und auch bereit sind immer neu zu lernen.

Ein Newcomer hat es immer schwer, wie wichtig war dabei der Sieg beim "battle of the Bands Wettbewerb"?
Der Sieg hatte schon den entscheidenden Vorteil, dass wir auf einmal Labelangebote hatten. Die haben wir jedoch fast alle abgelehnt und selbst eine kleine EP herausgebracht, die sich dann auch nicht so schlecht verkauft hat. Erst im Jahr 2001 kam es zu Verhandlungen mit Strange Ways.

Die erste Single "an dunklen Tagen" ist sehr eingängig. Wie wichtig sind Refrain und Melodie, um eine Botschaft zu singen?
Extrem wichtig. Ich glaube immer noch sehr fest an den Grundsatz, dass, wenn etwas - also eine Botschaft - in Kombination mit einer eingängigen Melodie vermittelt wird, man selbige deutlich stärker wahrnimmt und dadurch vielleicht auch drüber nachdenkt.

Heute scheint niemand mehr ohne Video auszukommen, gibt es eine visuelle Version des Tracks und gibt es Versuche auch mal auf MTVIVA gezeigt zu werden?
Ja, wir haben grade ein Video abgedreht. Allerdings ist das eher ein Pilotprojekt. Einige junge Medienleute, die frisch von der FH kamen, haben uns gefragt, ob wir nicht ein Video drehen wollen. Sie schienen recht professionell, deswegen haben wir denen einfach mal zugesagt. Der Dreh war ziemlich aufwendig und hat im Umkreis um Bochum und Duisburg stattgefunden. Vor allem die Außenaufnahmen, die bei – 10 Grad im Landschaftspark gedreht wurden, waren megaanstrengend. Ich denke, es wird unter dem Strich was feines dabei rauskommen. Ob VIVA oder MTV es zeigen werden steht in den Sternen, die entscheiden recht willkürlich was läuft und was nicht.

Was für eine Botschaft steckt hinter diesem Song?
Es geht vor allem darum, dass ich gerne Menschen beobachte und bei diesen Beobachtungen festgestellt habe, wie gerne wir uns immer wieder selbst belügen. Es sind oft kleine Lebenslügen, die Beziehungen und andere zwischenmenschliche Lebensformen zerstören, ohne dass man überhaupt merkt, dass der Grund für das Ende eine Lüge war. "An dunklen Tagen" hat viele Bedeutungen, aber vor allem erzählt es davon, dass Menschen immer wieder gerne, um sich selbst vor der Wahrheit zu schützen, diejenigen beiseite stoßen, die sich mit Wahrheitsfindung beschäftigen. Das habe ich persönlich oft erlebt .

In "silver surfer" geht es um einen Comic Helden. Eher eine Hommage oder eine traurige Erinnerung an deine Kindheit?
Einerseits eine Hommage an den Comic Helden. Comics sind ja nun auch keineswegs so banal, wie sie immer wieder gerne dargestellt werden. Sie sind immer auch ein Spiegel der Gesellschaft, in der sie geschrieben und gezeichnet wurden. Jeder Held von Marvel hat in sich auch eine tragische Seite neben all seiner Superkraft. Allerdings hat auch dieser Song mehrere Bedeutungen. Er beschäftigt sich eben auch mit der Vereinsamung des einzelnen durch das Internet. Viele Menschen verlieren heutzutage die Fähigkeit, sich Aug in Aug zu unterhalten, weil sie es im Netz können, ohne mit der Konsequenz der Reaktion des anderen erleben zu müssen. Wer einem nicht passt wird auf "Ignore" gestellt.

Teilweise meint man, die Texte sind auf ein bestimmtes Publikum gerichtet, machst du darüber Gedanken?
Nein, wenn ich mir solche Gedanken machen würde, wäre das eher hinderlich. Die Texte stammen alle aus einer Ansammlung von Texten, die ich in den vergangenen 6-7 Jahren geschrieben habe.

Gibt es jemanden, für den das Stück "das Biest" geschrieben wurde.
Ja, *g* für mich :-) . Ich habe es oft schon erlebt, dass Menschen, die mich gar nicht kannten, nur aufgrund von Äußerlichkeiten meinten, genau zu wissen, wer ich bin, was ich so mache und so weiter. Ich wollte alle, die das tun, mal einfach von mir grüßen .

Ist es für dich schwerer, Texte in der Ich-Form zu schreiben, oder fällt es dir leicht, die jeweiligen Masken aufzusetzen?
Masken setzen wir uns gerne auf, wer tut das nicht ? Ich höre ja nie auf zu sagen, dass wir inhaltlich auch mit der Maske der scheinbaren Belanglosigkeit spielen. Oberflächliche Menschen schauen nur auf das Äußere und errechnen daraus das, was man ihrer Meinung nach ist oder repräsentiert. Diese Menschen sind nicht so richtig in der Lage, hinter unsere Maske zu schauen, das haben wir oft erlebt. Von daher ist es eher positiv für uns, denn wir merken sehr deutlich, bei wem das, was wir machen, etwas auslöst und bei wem nicht.

Fließen dir die deutschen Texte so aus der Feder oder muß du viel an deinen Gedanken arbeiten, um nicht pathetisch zu wirken?
Ich finde Pathos gehört zu jedem guten Gedicht und zu jedem Lyriker. Ich kann an Pathos auch deswegen nichts schlimmes finden, weil er ja letztendlich das Herz und die Seele sehr wortstark repräsentiert. Lyrik, die ohne selbigen auskommt, ist mir selbst oft zu kalt und starr. Das ist eine Sache, die wir uns von den Amis abschneiden können. Die haben einen unglaublichen und übertriebenen Sinn für pathetisches, bringen es jedoch fertig, das Ganze kunstvoll in Musik zu importieren. Es ist schade, dass das im Deutschen so selten kunstvoll passiert und nur die Billigvariante im Schlager zu hören ist.

Du gehörst zu den Bewunderern von Hermann Hesse. Wie bist du auf ihn gestoßen und wie sehr beeinflussen seine Lyrik deine Texte?
Eine Freundin schleppte irgendwann mal Siddharta an. Ich selbst lese oder las nicht viel, weil ich lieber meine eigenen Gedichte oder Geschichten schreibe. Ich habe in Siddharta sehr viele Parallelen zu meinem eigenen Leben entdeckt, vor allem die Ruhelosigkeit und das "erfahren wollen" sind es, was mich diesbezüglich an Hesse fasziniert. Ich habe mir dann Gedichtbände besorgt und mag vor allem seine klare Art und Weise, Dinge ohne viele Schnörkel auszudrücken. Klar ist er dabei lyrisch auch ein Vorbild.

Würdest du "Tiefenrausch" als sehr persönliches Album bezeichnen?
Ja !

Wenn du die Texte schreibst, schwebt dir schon eine Melodie im Kopf vor oder verlässt du dich voll auf deine Partner?
Sebastian ist vor allem derjenige, der sich mit meinen Gedichten befasst und immer wieder den richtigen Song zu dem "Gedichtgefühl" vorstellt. Musikalisch bleibt es ihm überlassen, wie er es umsetzt. Erst wenn wir dann gemeinsam an den Feinheiten basteln ist es manchmal so, dass ich eine Melodie auf der Gitarre klimpere und wir merken, dass die wundervoll in das Lied passt.

Könnte man deine Gefühle beim erstmaligen Hören des Albums mit einem "Tiefenrausch" vergleichen?
Ja und Nein. Das, was dort stattfindet, ist und kann nur ein kleiner Teil dessen sein, was uns ausmacht. Aber alle Gefühle, die dort verarbeitet sind, sind auch von uns gelebt und erlebt worden. Der Tiefenrausch bezieht sich vor allem auf den Hinweis an den potentiellen Hörer, dass er um sich auf uns einlassen zu können, ausgetretene Pfade verlassen können muß.
Zudem bin ich hyperaktiv und ständig einem Wechselbad verschiedenster Gefühle und Eindrücke ausgesetzt, mein Leben lang, das kommt gewissermaßen einem Rausch gleich.

Welche Möglichkeiten hattet ihr als Newcomer bei der Gestaltung des Coverartworks? Sollte nicht ein Titelfoto irgendwie ein Hinweis auf die vorhandene Musik geben?
Gibt es ja :-) Die Moräne ist ein schönes, aber doch gefährliches Wesen der See. Sie versteckt sich, um sich im richtigen Moment auf ihre Beute zu stürzen. Dennoch, der Taucher, der sich ihr auf die richtige Art und Weise nähert, hat nichts zu befürchten.

Bei jemandem, der mal als Modell gearbeitet hat, ergibt sich eine andere Frage, wie wichtig ist das Aussehen eines Sängers für den Erfolg?
Na ja, was für eine Frage. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass man nicht gewisse Vorteile hat. Aber es gibt auch den Nachteil, dass man gerade den Betonköpfen und Traditionalisten, die schon von ihrer Grundeinstellung her nichts mögen was neu ist, eine gewisse Angriffsfläche gibt. Ich hatte ja bereits eingangs erwähnt, wie gerne Menschen wegen Äußerlichkeiten abgeurteilt werden. Aber seien wir mal ehrlich, ich schaue mir auch lieber eine Band an, wo auf der Bühne was passiert und Action und Fete ist, als drei Gestalten, die nur starr dort stehen. Von daher ist Äußerlichkeit sicher immer ein Faktor. Was ich sehr schade finde ist, das man in Deutschland, offenbar immer noch die Macke hat, das Intellektualität und Geist in den Köpfen der Leute damit verbunden zu sein scheinen, daß Personen durchschnittlich aussehen müssen. Man merkt das immer wieder, wenn man einer attraktiven Frau begegnet, dass viele schon, bevor sie sie kennengelernt haben glauben, dass sie ja strohdumm sein muß. Kann ich wirklich nicht nachvollziehen .

Was sind die Ziele/Pläne für die Zukunft?
Weitermachen !

Wie würdet ihr einem Viva Moderator eure Musik beschreiben?
*g* Lass mich da hin, das wird ein Spaß :-) Ich halte ViVa ja für eine Art Sprach und Artikulationsschule, die sich dadurch finanziert, dass sie ihre Sprachübungen Live sendet *g*. E-Pop mit Hirn wäre vielleicht eine passenden Beschreibung, die jedoch ausser Charlotte wohl niemand verstehen würde :-)