Rebellion gegen das Unausweichliche |
Riefenstahl (Deutsch Metal) Die seit 2002 existierenden Hannoveraner spielen auf ihrem Debüt einen explosiven Crossover aus Rock, Goth Metal und Nu Metal mit dezenten Elementen moderner Elektronik. Das Ganze sowohl textlich als auch musikalisch sehr emotional dargeboten. Die dunkel, teils unterkühlten Songs überzeugen zudem mit eindringlichen Hooklines, welche konträr zum Text immer wieder für erhabene Momente sorgen. Der raue Gesang erklingt mal verzweifelt, mal voll brachialer Wut. Die Saiten sind von trockener Härte geprägt, das Key unterlegt sie mit einem samtenen Teppich. Wer sich an dem provokanten Bandnamen stößt, wird seine Vorurteile beim intensiven Beschäftigen mit den sozialkritischen Texten schnell los. www.riefenstahl-music.com (andreas) Review lesen Stellt euch doch zu Beginn einmal kurz vor und gebt einen kleinen Einblick in die Entstehungsgeschichte. 2002 im Juni, die Idee zur Band hatten wir in der Hitze der Fussball WM '02, es war der Wunsch, den Ideal Klassiker "Eiszeit" zu covern und diesen zusammen mit ein paar anderen Tracks auf eine Promo-CD zu bringen, um dann wiederum einen Deal bei einer Company zu erhalten. Der Deal blieb logischerweise aus, da unsere lethargischen und müdegewordenen Plattenfirmen in den letzten drei Jahren mehr damit beschäftigt waren, panisch Sanierungsprojekte zu erschaffen, als sich mit neuen Bands zu beschäftigen. So gingen wir dennoch im Oktober '03 mit einer kompletten Band und einem starken Team ins Studio und produzierten unser aktuelles Album, wir wollten von Anfang an ganz oben mit spielen und wir haben dieses Album ein Jahr intensiv vorbereitet, um den "Seelenschmerz" musikalisch so zu zelebrieren. Harte deutsche Musik und der Name "Riefenstahl" erzeugen gleich Aufmerksamkeit. Kurzum, warum dieser Name und habt ihr keine Angst in ein falsches Licht gebracht zu werden? Wir wissen, der Name Riefenstahl spiegelt unsere Musik sehr gut wieder, so sind wir hart aber nicht glatt! Vergleichbar mit einem Stahl, der sich mit seinen Riefen mitten in dein Herz und deine Seele bohrt, ganz ohne Schmerz. Er soll die Last von deinen Schultern nehmen und den Schmerz lindern, den du tief in dir trägst. Längst wissen wir, dass unser Bandname immer wieder polarisiert und der eine oder andere Unwissende und extrem Denkende uns in eine politische Ecke stellen will, die Antwort darauf geben wir auf der Bühne oder unser aktuelles Album ''Seelenschmerz'' liefert den endgültigen Beweis. Wer es dann nicht gerafft hat, dem ist eh nicht zu helfen. Abgesehen von allen Fragen (warum, wieso...), war die Entscheidung für diesen Namen ohne Zweifel immer genau die richtige Entscheidung. Euer Debüt heißt "Seelenschmerz". Ist der Schmerz der Seele persönlich oder ist es die schmerzvolle Seele des/der Menschen? Jens: Selbstverständlich beides, dieses Album ist immer im Zusammenhang mit den persönlichen Lebensgängen zu betrachten, es spiegelt aber wiederum auch das eine oder andere schmerzvolle Erlebnis unserer Hörer und Fans wieder. Ich glaube jeder erfährt seinen ganz eigenen Seelenschmerz mit dieser Scheibe. In "was wäre wenn" beschäftigt ihr euch mit Kindesmissbrauch. Ein markanter Satz lautet: "Ihr würdet sterben, wenn ich der Richter wär". Ein Bekenntnis zur Todesstrafe? Jens: Falsch: es heißt "Du würdest sterben, wenn ich dein Richter wär" Da habt ihr ein Beispiel zur vorangegangen Frage, ich habe diese Thematik seit Jahren mit mir herumgeschleppt, immer wieder getrieben von Wut und Hass gegen die Täter, ich habe oft geweint und tiefgründig darüber nachgedacht und gefragt, "warum dieser Wahnsinn?", und das obwohl es keinen von uns je direkt betroffen hat, teilt man diesen Schmerz mit anderen. Keiner von uns weiß, ob es richtig ist, eine Todesstrafe einzuführen, doch jeder fordert sie unmittelbar nach solch schrecklichen Ereignissen. Uns geht es nach "Was wäre wenn" erheblich besser, man singt sich den Frust und die Wut von der Seele. Enthält "ich will dich nicht mehr" autobiographische Züge? Könnte der Satz "ich will dich nicht mehr" später bereut werden? Ist es Zufall oder gar Einbildung, dass mich die ruhigen Passagen an "The Doors" erinnern ? Jens: Eigentlich ist die ganze Scheibe autobiographisch zu betrachten, den Satz "ich will dich nicht mehr" habe ich nie bereut, dieses Thema ist für mich persönlich längst durch. Ralph: Ja, da geht's dir wie mir, als ich mitten im Songwriting war, dachte ich auch: he das klingt ja irgendwie nach THE DOORS. Das war so nicht wirklich gewollt, wir können damit aber sehr gut leben, kein schlechter Vergleich! Textlich agiert ihr sehr abwechslungsreich. Sind es in "ist es?" Reime, erscheint "Seelenschmerz" fast wie ein Tagebucheintrag. Gibt es eine Grundaussage, einen zentralen "roter Faden"? Es gibt keinen direkten roten Faden, wobei man ihn natürlich vermutet, da die Thematiken oft ineinander greifen. Unerheblich ist auch, ob man einen Reim im Song erzeugt oder bewusst auf Reime verzichtet, entscheidend ist immer die Aussage und kann ich diese dann auch zu jedem Zeitpunkt also immer wieder vertreten. Jeder Song muss demzufolge seine eigene Grundaussage haben. Trotz aller Brachialität baut ihr doch auf einen melodischen Grundstock. Dabei gelingt es perfekt, die Aufmerksamkeit auf den Text zu lenken. Gibt es Unterschiede im Verhältnis Text-Musik? Danke für das Kompliment! In jedem Song ist die Message das Entscheidende, ob nun instrumental oder textlich. Wir sind uns darüber im Klaren, dass viele unserer Fans morgens mit unserer Musik aufstehen und abends damit schlafen gehen (darüber müssen wir uns bewusst sein) und so ist es wichtig, immer wieder das gleiche Gesicht zu haben, ohne jeden Zweifel. Wir überlassen keinen Song dem Zufall, jeder Text wird explizit auf die Musik projeziert und die Story wächst mit der Intensität der Komposition. Irgendwann merkst du, dass es der einzig wahre Weg zu einem guten Song ist. Im Infoblatt steht etwas von Rebellion gegen das Unausweichliche. Ist dies nicht ein Widerspruch in sich und wie sieht eure Rebellion aus? Die Rebellion gegen das Unausweichliche ist unsere Rebellion gegen den alltäglichen Schmutz auf dieser Welt (Neid, Missgunst, Krieg, Intrigen und Lügen..) und leider scheint es so, dass man diesem Schmutz nun mal unausweichlich ausgesetzt ist. So etwas merkst du doch jeden Tag am eigenem Leib. Dennoch hat ja jede Rebellion einen gewissen Erfolg und daran glauben wir. Aus dem gleichen Schrieb geht hervor, dass ihr in Amerika und wohl auch in Japan/Korea gerne gehört werdet. Wo seht ihr den Grund, man kann kaum erwarten, dass dort die Meisten eure Texte verstehen? Asien war schon immer ein gutes Pflaster für deutsche Bands und boomt derzeit mehr als je zuvor. Die deutsche Sprache ist im Ausland und gerade auf musikalischer Ebene sehr beliebt, so haben z.B. die Toten Hosen in Südamerika einen erheblichen Erfolg und auch Rammstein wird weltweit gehört. Es gibt keinen Grund, da skeptisch zu sein! Wenn du als deutschsprachige Band ins Ausland kommst, erwarten doch alle, dass du deutsch singst und machst du es nicht, sind sie doch eher enttäuscht. Unser Bezug zu Amerika ist unserem Endorser "Community" mit Sitz in Chester und natürlich dem Distributor in Deutschland (Götte Sound) zu verdanken, da hat sich eine wirklich gute Beziehung über die letzten Jahre entwickelt. In Japan hat irgendwann mal jemand unserer Promo CD's in ein paar Clubs verteilt und so erfährt man über Insider, dass unsere asiatischen Freunde voll auf Riefenstahl rocken, da freuen wir uns natürlich um so mehr, dass wir mittlerweile auch international gern gehört werden. Gibt es bei euch evtl. eine Version von "Der Prophet gilt nichts im eigenen Lande". Ist der deutsche Markt für deutschsprachige Musik zu schwierig, gerade wenn selbige sehr anspruchsvoll ist? Nein, wir denken, inzwischen ist es nicht mehr so. Es zeichnet sich immer mehr ab, dass deutschsprachige Musik hier immer mehr Akzeptanz genießt. So ist jetzt gerade zu hoffen, dass dies auch die Plattenfirmen und Medien endlich erkennen und sich nicht mehr so extrem dem Druck und Diktat ihrer amerikanischen Mutterkonzerne unterwerfen. Ganz pragmatische Frage. Das Ende des Openers klingt mit einfachen runterdrehen der Lautstärke etwas befremdlich. Habt ihr hier keinen passenden Schluß gefunden? Nein, wir hätten mit Sicherheit auch ein konventionelleres Ende dort platzieren können, was wir live ja auch machen. Auf der Scheibe ist dieses Ende so gewollt und doch eigentlich gar nicht so ungewöhnlich. Sorry, aber "Eiszeit" ist mir negativ aufgefallen. Wie kamt ihr auf die Idee, Ideal zu covern und wie entstand die Idee, es mit ansonsten untypischem Rap Gesang zu versehen? Wir haben kein Problem mit deiner Kritik, das ist absolut okay. Eiszeit war ja die ursprüngliche Geburt unserer Band und somit musste diese Fassung zwangsläufig auf's Album. Es war außerdem für uns einer der besten NDW -Songs. Wir wollten Eiszeit so modern wie möglich produzieren, dabei das Kühle beibehalten und mit Cemil's Rap wollten wir wiederum etwas mehr Feuer in diese Nummer hineinbringen. Am Ende ist es eine coole Nummer geworden, die ohne Zweifel nicht jeden Geschmack trifft. Wie sieht es aus mit Konzerten, was ist in Planung? Mit wem würdet ihr gerne auf der Bühne stehen? Wir sind ja seit September unterwegs und unsere "Seelenschmerz-Tour" läuft gerade an und sie wird ihren Höhepunkt erst im nächsten Jahr erreichen. Deutschland, Schweiz, Österreich und einige ehemaligen Ostblockländer werden wir rocken, davon ist auszugehen. Wir haben natürlich alle unsere musikalischen Favoriten, doch unser größter Traum ist immer gesund und erfolgreich gemeinsam als Riefenstahl auf den Bühnen zu stehen und dabei allen anderen Künstlern oder Bands den verdienten Respekt entgegen zu bringen. Wie würdet ihr einem unbedarften MTViva Moderator eure Musik beschreiben? Geht man davon aus, ein Moderator von MTV oder Viva wird uns diese Frage stellen, dann ist doch bereits das Video zu einem unserer Songs schon X-mal im TV gelaufen und die Antwort wäre damit längst gegeben ;). |