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Tee machen und wieder gehen

Der Eremit (Experimental Wave)

Mit "das" veröffentlicht das 1995 von Kopf, Texter und Sänger "der gian" gegründete Projekt bereits ihr viertes Werk. Mittlerweile ist eine richtige Band entstanden und man erschafft ein sehr komplexes Stück Musik zwischen Rock, Elektronik und Deutsch Wave. Die Melodien sind nicht immer klar erkennbare Konstrukte, eher ist es eine akustische Entführung in Tonagen, welche gekonnt klassische Instrumente einbeziehen und auch die Phonetik des Gesangs könnte man fast wie ein Instrument ins Gesamtgefüge integrieren. Textlich werden erneut seelische Ausnahmesituationen, seien sie spiritueller oder pathologischer Natur in lyrischer Form umgesetzt. Vom Hörer wird eher das Zuhören als das konsumieren erwartet. Ein interessantes Album einer Band, welche sich ein Dreck um moderne Hörgewohnheiten schert und in Puncto Eigenständigkeit als erste über die Ziellinie huschen. www.dereremit.com (andreas)


-> Review "das" lesen


Das aktuelle Album ist erstmals in sechsköpfiger Besetzung aufgenommen worden. Welche Vorteile hat diese größere feste Besetzung für die Aufnahmen?
Für die Aufnahmen keine, der Aufwand steigt ins Unermessliche und das organisatorische Chaos ist vorprogrammiert. Es war einfach die Herauforderung, welche mich reizte. Für den Konsumenten gibt es sicher Vorteile. Das Klangbild ist ein anderes, was aber letztlich Geschmackssache ist. Ausserdem mussten wir genau planen und konnten es uns nur sehr bedingt leisten, mit halbfertigen Songs ins Studio zu gehen. War so schon ein Marathon. Jedenfalls wurde bereits im Vorfeld das meiste ausgearbeitet, was den Effekt hat, das wir sehr songorientiert gearbeitet haben. So sind die Tracks zeitlos und müssen sich nicht hinter Effekten verstecken.


Das Album ist sehr schlicht mit "das" betitelt. Was steckt hinter diesem Artikel und welches Wort kommt dir als erstes in den Sinn, wenn du ein Nomen anfügen solltest?
Kosmos ? Existenz ? Es wurde aber nichts hinzugefügt, weil jeder Zusatz eine Verfremdung gewesen wäre. Auch dass der Song "das" instrumental ausgefallen ist, obwohl dazu ein Text verfasst wurde hat seinen Grund.


Ist der Opener "an Dich" an den Hörer gerichtet und in welche Welt willst du ihn entführen?
Er mag an den Zuhörer gerichtet sein, aber ist nicht mein Ich, welches spricht. Es ist die Existenz, das reine Sein, welches sich durch den Sprecher an die Existierenden richtet.


Würdest du "das" als ein Konzept-Album bezeichnen, welche zentrale Aussage steckt dahinter?
das! Sonst nichts. Es ist, was es ist. Kein Ich, kein du, einfach das.


Die Texte behandeln seelische Ausnahmesituationen. In welchen Kontext hierzu ist ein Song wie "Hippiekacke" zu sehen?
"Hippiekacke" ist natürlich ein Spass-Song, handelt jedoch auch von einem Zustand, welcher auf Technopartys beliebt ist. Somit eine seelische Ausnahmesituation. Man kann ihn aber auch im Kontext von erzwungener Vergeistigung, heuchlerischem Zölibat und ev. einhergehender Kindesmisshandlung sehen.


Viele Songs sind in der "Ich-Form" geschrieben. Trotzdem ist eine klare Aussage eher hinter Metaphern versteckt. Ist es dir wichtig, deine Gedanken zu verschlüsseln und auch ein wenig an die Interpretierfreude des Hörers zu appellieren?
Es geht eher um Reduktion als um Verschlüsselung. Wer redet zu wem, und aus welcher Situation heraus? Solche Hinweise, hab ich oft bewusst vermieden, da sie für die geäusserten Gefühle schlichtweg keine Rolle spielen. Unnötiger Ballast. Ich appelliere nicht an die Interpretationsfreude, will ihr aber auch keinesfalls im Weg stehen.


Für mich ist "Die Wahrheit" ein wichtiger Song im Gesamtgefüge des Albums. Welcher Song spiegelt für dich am besten die Message hinter dem Werk wieder?
Der Titelsong, zusammen mit "An dich", "Sturmauge" und "Wer da ?". Sie bilden einen Rahmen und haben die konzeptionelle Aufgabe, alle anderen Texte zu neutralisieren, was letztlich zur Hauptaussage des Albums führt. Tee machen und wieder geh'n, wie es im Zen so schön heisst. Ein Mann betritt mit offenen Händen den Markt. Unschuldig und ungeboren, vollkommen und rein.


Neben klassischen Instrumenten, kommt auch die elektronische Verspieltheit nicht zu kurz. Welchen Einfluß hatte die Remix Doppel CD "Besserwisser" auf das aktuelle Werk?
Keine grosse. Eher umgekehrt. Ich wusste schon im Vorfeld, dass wir auf "das" sehr bandorientiert arbeiten, und so entschloss ich mich zu "Besserwisser", um jenen Leuten was zu geben, welche eher auf unsere elektronischeren Sachen abfahren. Meine Arbeitsweise mit Elektronika wurde eher geprägt von meiner Arbeit an meinen Nebenprojekten "Holon" und "Fake Baba", allerdings hatten wir ja schon immer elektronische Spielereien und sie hatten früher einen höheren Stellenwert. Übrigens hab ich mir für dies Album zugunsten eines individuellen Klangbildes ein Sample-CD-Verbot auferlegt. 100 % Handarbeit. Z.B. wurden sämtliche Gräusche von "An dich" aus meiner Stimme generiert.


Da der Text einen hohen Stellenwerk einnimmt, ist auch die Phonetik des Gesanges nicht unwichtig. Wie sehr tauchst du in einen Text ein, wie sehr in diese Gefühlswelt?
Verdammt tief. Dies war für mich viel emotionale Arbeit. Mir sind im Studio mehrfach Tränen gekommen. Ich wollte beim Gesang ein gewisses Live-Feeling und ob du es glaubst oder nicht, es gibt bei den einzelnen Passagen nicht einen Schnitt. Jeder Schnaufer ist an seinem Platz und auf Phonetik, aber auch Rhythmus und Verständlichkeit wurde peinlichst geachtet. Oftmals musste ich mehrere, sich teils wiedersprechende Gefühle gleichzeitig zum Ausdruck bringen. Auch wenn dafür über hundert Takes nötig waren. Sowas gabs bei uns früher definitiv nicht. Ob man das nun wahrnimmt, weiss ich nicht, aber ich bin zufrieden mit dem Ergebnis.


Mit der Schweiz werden meistens schwarze Nummern-Konten assoziiert. Wie ist die Szene in diesem doch eher konservativen Land? Gibt Unterstützung, gibt es genug Auftrittsmöglichkeiten?
Es ist schwierig, allerdings haben wir ganz gute Kontakte und einen annehmbaren Status. Von einem stimmigen Kosten-Nutzen-Paket kann jedoch nicht die Rede sein. Die Schweiz ist nunmal klein, daran können wir nichts ändern. Kulturförderung ist auch nicht gerade hoch im Kurs.


Ich würde eure Musik als Mischung aus Letzte Instanz und Das Ich bezeichnen. Wie würdest du selbst die Musik unseren Hörern erklären?

Ich würde es am liebsten einfach als intensive Musik bezeichnen. Deine Vergleiche sind o.k., allerdings dürfte bei einer solchen Aufzählung "Janus" keinesfalls fehlen, sie beeinflussen mich mehr als Das Ich oder Letzte Instanz. Auch "Lamb" hat mich für dies Album sehr beeinflusst. Und höre ich da nicht sogar Maiden ? Letztendlich sind wir aber ganz klar "Der Eremit".

Darf ich Dich noch bitten, zu erwähnen, dass wir bei Thunderdome www.thunderdome.ch unter Vertrag sind, und dass man unsere CDs in Deutschland bequem über www.arachnophobia.de bestellen kann. Und unsere Homepage ist: www.dereremit.com :-)

Vielen Dank und liebe Grüsse
Gian


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