Interview mit Michael Popp, Qntal, vor dem Konzert in der Bochumer Christuskirche. www.myspace.com/qntal (ludger)
Tourabschluss in Bochum. Wie lief es bisher? |
Michael Popp: "Es lief bisher richtig gut. Und der Abschluss ist sowieso das Schönste. Heute spielen wir auch vor dem größten Publikum. Es ist ja auch nur eine recht kleine Tour. Also, es ist schon alles okay. Im November starten wir dann mit einer größeren Tour."
Wie zufrieden seid ihr mit Translucida? |
Michael Popp: "Das ist eine Frage... Wie zufrieden ist man überhaupt mit irgendetwas. Es kommt ja immer auf die Sichtweise an. Wenn ich mit dem Werk, so will ich es einmal nennen, nicht zufrieden gewesen wäre, hätten wir es nicht veröffentlicht. Beim ersten Hören gab es dann trotzdem viele Kritikpunkte. Daher höre ich eine CD dann auch lange Zeit gar nicht. Oft ist es dann aber so, wenn man sie nach Jahren wieder hört, dass man denkt: So schlecht war es doch gar nicht. Ich muss aber dazu sagen, dass ich meine Kunst nicht als die größte ansehe. Klar, deshalb habe ich auch keine Minderwertigkeitskomplexe. Aber Qntal ist schon etwas schwer. Erst ist man unsicher, ob man mehr Elektronik spielt oder nicht, was wir getan haben. In der letzten Zeit kann ich damit auch ganz gut leben. Erst kommt die Idee, dann muss man sehen, was sich daraus entwickelt. Man muss auch immer im Blick haben, wie die Leute das sehen. Es kommt ja schon auch Kritik, dass wir die mittelalterliche, mystische Sparte vielleicht nicht so sehr bedienen."
Ihr habt euch auf dieser CD wieder ein wenig zurückgenommen, seid ein wenig ursprünglicher geworden. Aus welchem Grund? |
Michael Popp: "Man möchte immer wieder neue Varianten einspielen. Qntal braucht immer wieder neue Quellen, daher hält sich nicht über Jahre hinweg das gleiche Machwerk. Wenn man immer im gleichen Trott arbeiten würde, hätte man irgendwann keine Ideen mehr. Wir bedienen uns ja mehrerer Quellen wie Mittelalter, Elektronik, Tanzboden, Mystik und sinfonischen Klängen. Dann sitzt du vorm Mischpult und lässt alles bewusst in eine Richtung fließen. Diese Varianten sind enorm wichtig."
Worin glaubt ihr, liegt der Erfolg für euren Stil als Mischung aus Folk, Elektronik Mystik und Mittelalter? |
Michael Popp: "Ach, was ist denn schon Erfolg? Erfolg ist relativ. Ich glaube nicht, dass wir mordsmäßig erfolgreich sind."
Mag sein, aber nur weil du in der Bochumer Innenstadt den Arm ausgestreckt hast, kommen nicht 600 oder mehr Besucher zu euch hier in die Kirche? |
Michael Popp: "Ja, gut, das stimmt wohl auch. Schau, man bietet etwas an. Aber letztlich wird ja eine kleine Hörerschaft bedient. Erfolg hat Robbie Williams oder so etwas. Wir sind eine kleine Band und gehören ja eigentlich auch so recht keiner richtigen Szene an. Trotzdem versuchen wir natürlich, eine gewisse Unverwechselbarkeit zu erreichen. Wir orientieren uns auch nicht an Vorbildern oder so. Wir wollen unser eigenes Ding machen. Wir stellen den Anspruch an uns, die Leute bei den Konzerten zu überraschen. Die sollen nicht von Anfang an wissen, was als nächstes passiert. Es soll eine besondere Mischung sein, die man so ohne weiteres nicht woanders geboten bekommt. Aber ich betone ganz deutlich, das könnte der Grund sein. Das ist jetzt keine Antwort zu einer Qualitätsfrage, eher eine von außen betrachtete Vergleichbarkeitsgröße."
Ihr könnte ja nicht auf lange, große Tourneen zurückblicken. Aber sind die Kirchen nicht der nahezu ideale Veranstaltungsort für euch? |
Michael Popp: "Natürlich bietet die Kirche ein ganz besonderes Ambiente. Aber ich will mal eher sagen, dass uns grundsätzlich außergewöhnliche Veranstaltungsorte entgegen kommen. Aber organisatorisch ist das natürlich sehr, sehr schwierig. Das ist ja alles viel teurer. Hier ist ja nichts vor Ort, anders als wenn du im Club spielst, wo du die Gitarre einsteckst und spielen kannst. Es ist schön, dass wir uns so früh sehen. Du hast ja selbst gesehen, was eben in der Kirche los war und wer alles mit dem Aufbau zu tun hat. Es muss das komplette Equipment herangeholt und installiert werden. Es stehen auch nicht so viele Kirchen zur Verfügung."
Man interpretiert natürlich an eine derartige Musik in Gotteshäusern auch eine gewisse religiöse Haltung. Wie sieht es da bei Dir aus? |
Michael Popp: "Für mich ist das mal erst ein Veranstaltungsort. Wir spielen jetzt hier nicht aus christlichen Gedanken. Eigentlich spielt das gar keine Rolle. Gleichwohl muss man immer berücksichtigen, was man damit verbindet. Hier gibt es das Projekt "Versprechen Europa", eine Gedenkstätte im alten Turm, das als Kunstwerk mit 15.000 Namen ausgestattet werden soll. Der Pastor fragte, ob wir uns ein musikalisches Konzept dazu vorstellen könnten. Ungeachtet dessen bin ich in meinen Grundgefassten schon sehr interessiert an Kirche und am Glauben. Die Frage der Religion ist heutzutage ja offen. Ich mache mir da schon meine Gedanken. Mein Horizont geht da schon über den Rock'n'Roll hinaus."
Einerseits Qntal, andererseits Estampie. Warum spielt ihr gleichzeitig zwei Projekte? |
Michael Popp: "Weil es mir ein tiefes Bedürfnis ist und ich kein Projekt aufgeben möchte. Die beiden sind von der Herangehensweise ja grundverschieden. Estampie spielen wir mit mehreren Musikern, das ist durchplant. Qntal ist eher die Konzeptmusik, in der das Gesamtkunstwerk im Vordergrund steht und stimmig sein soll. Konzeptionell würde ich gerne noch vieles mehr machen, das passt aber nicht in den Zeitplan."
Wie wichtig ist es für euch, qualitativ hochwertige Musik weitab des Mainstreams zu schaffen? |
Michael Popp: "Es ist überhaupt nicht wichtig, fern des Mainstreams Musik zu machen. Wichtig ist, qualitativ hochwertige Musik zu produzieren. Sicher, ich wehre mich nicht gegen Publikumserfolg, mache aber keine Abstriche um des Publikums Willen. Ich kann nicht sagen, auf einer CD muss ein Kracher sein, weil das Publikum es so will. Das würde auch nicht klappen. Da wäre ich nicht mehr frei. Ich kann bei Estampie durch viel Stilrichtungen wie Ethno, Klassik, Folk oder auch anderen Kunstprojekten viel abdecken, das ist ganz wichtig für mich persönlich. Ich bin insofern kein Schmalspurmensch, der nur auf eine Richtung ausgerichtet ist. Dann hätte ich auch klassischer Musiker werden müssen. Aber ein Leben an der Oboe konnte ich mir nicht vorstellen."
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