Fehlfarben + Angelika Express |
Bielefeld, PC am 24.01.03 Es ist doch immer wieder schön zu einem Konzert zu gehen, wo man weiß, dass man auch mit 36 Jahren nicht zu den ältesten Besucher gewählt wird. So war das recht gut gefüllte PC an diesem Abend eine illustre Mischung aus Alt Punks und deren Nachwuchs, intellektuellen Linken, Familienvätern und Leuten, denen heute nichts besseres einfiel. Bevor es daran ging, eine alte Kultband zu hören, welche fast in Originalbesetzung auftrat und über 20 Jahre nach ihrer für viele Bands richtungsweisenden LP "Monarchie und Alltag" ihr stelldichein gaben, hieß es, eine neue Band zu bewundern. Schräges Outfit, Alltagsgeschichten, schräblige Gitarren und eine explosive Mischung aus Punk und Schlager lieferten "Angelika Express". Moderne schräge Punk Hymnen wie "geh' doch nach Berlin" oder "Selbsthypnose" wurden im straighten 3 Minuten Up Tempo dargeboten. Das Trio überzeugte mit schrägem Punk Rock zwischen modern und nostalgisch. Schräg wie die Musik sind auch ihre Texte, welche als harmlose Alltagsbeschreibungen beginnen und im weiteren Verlauf durchzogen von Selbstironie und Sarkasmus einfach Spaß machen. Ihre seltsamen Gitarren Songs lieferten bereits beim ersten Hören einen wahren Ohrwurmcharakter und ein belangloser Satz wie "was sind denn das für Leute" dient auch noch Tage später als Running-Gag. Die Songs stammten alle vom im März erscheinenden Album. Fast war man geneigt zu sagen, die laufen den Fehlfarben den Rang ab. Auf jedenfall eine Band, die man sich merken sollte (Anm.: wir werden demnächst ausführlich berichten) Nach einer recht kurzen Umbaupause (ca. 1 Bier), betraten dann die alten Herren die Bühne. Der bunt bekleidete Peter Hein schien noch ziemlich mitgenommen von der Kritik in der Hamburger Morgenpost. So präsentierte er die ersten Songs sehr zurückhaltend. Das Hauptaugenmerk des Auftritts lag beim intonieren der Songs des aktuellen Albums, aber auch alte Klassiker und Cover Versionen (so z.B. ein Song von SYPH aus dem Jahre '78) wurden dargeboten. Höhepunkt war sicherlich das dunkel interpretierte "Paul ist tot", welches man guten Gewissens als die Hymne der 80er bezeichnen darf. Deutlich wird der Unterschied von alten und neuen Songs vor allem in den heftigen Gitarren des aktuellen Albums. Während man die Songs der "Monarchie und Alltag" doch eher als Dark Punk bezeichnen kann. Zwischendurch bekamen alle mal kurz ihr Fett weg, die USA, die Lästerer und nicht zuletzt der oder die Redakteurin der MOPO. Der kleine Fauxpas, als Peter das Publikum mit "Hallo Herford" begrüßte, nehme ich ganz einfach persönlich. Woher kennt er mich und das Amboss Magazin? Hervorragend wie Peter "der Fremde" intonierte. Die Gitarren wurden ruhiger und man lauschte seiner Erzählung. Entweder hab ich mal wieder was verpasst oder das Saxophon kam wirklich vom Band. Lag es an der MOPO oder sonst wo, dass Peter einige Texte von einem DIN A4 Blatt ablesen musste und dabei sehr verkrampft wirkte? "Schnöselmaschine" mit seiner durchdringenden Melodie könnte auch ebenso auf ihrer ersten LP erschienen sein. Man könnte am Schluß fragen warum "ein Jahr(es geht voran)" nicht gespielt wurde, ca. 90 % der Leute hätten es gerne gehört. Aber nach 90 Minuten wurde dieser Frage angesichts der schrägen Darbietung sowieso egal. Die 7 Leuten waren perfekt aufeinander eingespielt und lieferten sozusagen den Spot für Peter, der irgendwie als Mittelpunkt wie ein verlorener Nostalgiker aussah. Aber diese nicht so perfekte Gesangsdarbietung machen erstens die Texte weg und zweitens sind Fehlfarben kult. Ein gelungener Abend voller interessanter Texte, welche im nachhinein das Gehirn zu Höchstleistungen zwingen wird. Denn die heutigen Fehlfarben sind fernab von Parolen, wer sie verstehen will, muß sich neben der Musik auch das Booklet mit den Texten zu Gemüte führen. (andreas) |