The Cascades + END
Gütersloh, Alte Weberei 05.05.2004

Eins vorweg. Es gibt Momente oder Situationen, da frage ich mich ernsthaft, ob die "Szene" noch alle Tassen im Schrank hat. Da laufen sie schwarzgekleidet und perfekt geschminkt für teuer Geld in irgendwelche Diskotheken, deren DJ's nur die Alternativ Charts rauf und runter spielen (gab es in den letzten fünf Jahren hier eine Band mit Gitarren?) und dann veranstaltet mal jemand ein geniales Konzert und gerade mal 25 Nasen kommen (und das bei einem Preis von 9 Euro/ was der geneigte Schwarzkonsument locker für einen Discobesuch ausgibt/ nicht insgesamt, sondern als Eintritt). Kulturbanauserei und schwarzgekleidete Dummheit gehen in OWL Hand in Hand.

Diese 25 Nasen werden Ohren gehabt haben und konnten ein Konzert geniessen, welches auf eindrucksvolle Weise gezeigt hat, wo der Unterschied zwischen Bands, die den Anwesenden, egal in welcher Anzahl sie erschienen sind, alles geben und Bands, die sich nur vor reichhaltigem Publikum präsentieren (ich hatte da so ein komisches Konzert im April).

Die drei Musiker von END hatten eigentlich ein Heimspiel, hatte sich aber wohl nicht überall rumgesprochen. Eine Lava-artige Doomorgie voller Düsternis. Gitarrist Danny spielte meist in Rücken-unschonender Haltung seine molligen Riffs, während Sänger Josch mit geschlossenen Augen und angeleuchtet vom Kerzenleuchter mit leicht rauer, aber warmer Stimme in düsterer Eleganz die Texte intonierte. Die Musik erinnert besonders in Songs wie "Sphere" oder "on winters earth" an die besten Doom Momente von "Empyrium". Die dunklen Vocals werden perfekt mit der finsteren Saitenarbeit kombiniert, besitzen im Mark etwas melancholisches, bleiben aber besetzt mit einer tragenden Finsternis. Etwas mehr Keyboard wurde im Schlussstück "Der Diplomat" eingesetzt. Etwas schade ist der fehlende Drummer, zwar waren die Drumparts zuvor perfekt digitalisiert worden, aber ein lebender Stockschwinger würde dem Gesamtsound sehr gut tun.

Die schnellste Umbaupause seit Jahren ließen THE CASCADES auftreten und sie spielten ein Programm aus ihrem aktuellen Album und alten Hits. Die atmosphärischen Songs des neuen, dritten Werkes sind teilweise sehr ruhig gehalten, sprühen aber auf der Bühne nur so vor rockiger Effektivität. "Ground Zero", welches von Sänger M.W.Wild mit einem kleinen Seitenhieb auf "unser aller Freund" George Bush eingeleitet wurde, zeigt die Band dann auch mal von einer politischen Seite. Die Vocals wurden hier ein wenig aggressiver und man spürte die Wut, welche dem Text zugrunde liegt. Elektronischer wurde man bei der Adaption von Goethes "Hexeneinmaleins". Ansonsten war das Keyboard eher für die flächigen Soundstrukturen verantwortlich, während Bass und Gitarre in wilder Harmonie den dunklen Gesang unterstützten. Das sich in Puncto Songwriting und Melodie bei den Berlinern einiges getan hat bewiesen die eingängigen Songs wie "spells and ceremonies" oder sea of love", die zwar druckvoll dargeboten wurden aber von einen düsteren Hauch der Melancholie behaftet sind. Wild spielte mit der geringen Besucherschar auf ironische Weise, als er fragte, ob wir denn noch genügend Platz hätten. Schön das man mit "babylon" oder "nine66" auch Songs des Debüts zu Gehör brachte. Die Band erinnert an eine Melange aus 69 Eyes und Sisters und machte kleidungstechnisch auch ein wenig Werbung für einen bestimmten Klamottenversand.

Fazit: Besucherzahl und Qualität der auftretenden Bands stellte ein exorbitantes Missverhältnis dar. (andreas)