Tanzwut
Herford, X 13.06.2006


Nachdem der letzte Bundesligaspieltag nicht das erhoffte Ergebnis brachte, war die Vorfreude auf dieses Ereignis leicht bedrückt. Erhellen tat sie sich auch nicht, als man die zu diesem Zeitpunkt spärlich besetzten Innereien des Herforder Ex-Kick betrat. Ein Frust-Bier war angesagt und dann wurde es auch schon dunkel, traditionell früh der Beginn im X, damit man pünktlich zur Disco überleiten kann.



Für den Support waren Red Ink verantwortlich. Ihr extrem harter Sound war ein Mischung aus 80er Punk und Metal. Neben straighten Saiten und rauem Aggresso Gesang fiel natürlich auch die politisch linke Ausrichtung der Band ins Ohr, die nicht so sehr beim Singen der Texte Erwähnung fanden, denn der Gesang war meist schwer zu verstehen und allenfalls waren die Wörter erkennbar, sondern bei der Ankündigung der jeweiligen Songs. Hinzu kam ein klares Statement gegen Rechts. Beschreiben würde ich das Ganze als extrem harten Deutsch Metal mit einer überraschenden Komponente, einer Violine.



Nach diesem 8trackigen Orkan ertönte schon nach kurzer Zeit das Tanzwut Intro und eine spielfreudige Band präsentierte sich der weniger als halbvollen Halle. Das altertümliche "Toccata" wurde sogleich von elektronischen Klängen abgelöst und das typisch frühe Stück im Tanzwut Set "ihr wolltet Spaß" wurde intoniert. Gleich hier wurde deutlich, dass doch eine kleine Diskrepanz zwischen Text und Publikum zu erkennen war. So sehr sich der Teufel auch mühte, richtig Stimmung konnte er im Auditorium nicht verbreiten. Dabei war die Setlist eigentlich gut gewählt, denn das bekannte, druckvoll arrangierte "Labyrinth" wurde vom balladesken "Meer" abgelöst. Beim folgenden "Wieder am Riff" blieb man dem Seemann treu, aber irgendwie wurden die neuen Stücke nicht so aufgenommen. Dieses blieb auch der Band nicht verborgen, die etwa in der Mitte des Konzertes aufgaben, das Publikum zu animieren und stattdessen den Auftritt mit solider Handarbeit zu Ende brachten. Mit zunehmender Dauer wurde deutlich, dass die experimentell orientierte neue Scheibe zwar anspruchsvoller daherkommt, aber dem Publikum nicht immer genehm war. Sie feierten weiterhin fast nur die älteren Stücke, wie das mittelalterlich natürlich "Merseburger Zaubersprüche", die aus Discoabenden bekannten Songs, wie "Lügner", "Wächter" oder das Ärzte Cover "bitte, bitte". Elektronisch hart wurde es bei "Schattenreiter", welcher auch perfekt als Opener funktioniert hätte. Dieser druckvolle Song ging aber im hinteren Drittel fast unter. Das schräg düstere "Der Arzt" begeisterte durch seine Harmonie zwischen straighten Saiten, betörenden Dudelsäcken und wilden Trommelarien. Warum man hier nicht das gesamte Vorfeld vor der Bühne in tanzende Ekstase versetzt, blieb mir ein Rätsel. Ins gleiche Horn stößt auch "im tiefen Gras", welches mit ungewöhnlichem Western Touch versehen ist. Passte übrigens perfekt als Anschluss von "bitte,bitte", weil man hier an ganz frühe Ärzte erinnert. Die Stimmung fand in den Zugaben noch mal ihren Höhepunkt, als man zunächst sein "Königreich" präsentierte und dann die Europahymne "Götterfunken" perfekt interpretierte. Der endgültige Rausschmeißer stellte dann "Trumscheit" dar.

Ein Konzertabend, der perfektes Spiel auf der Bühne beherbergte, bei dem aber der zündende Funke zwischen Band und Fans fehlte. Ein Kritikpunkt an der Band könnte sein, dass man zu früh aufgab, dass man vergaß, mit ein paar Gimmicks die Live-Aufführung zu virtualisieren und zudem war die Lightshow allenfalls zweitklassig. (andreas)

Intro
Toccata
Ihr wolltet Spass
Labyrinth
Meer
Wieder am Riff
Merseburger Zaubersprüche
Dein zweites Gesicht
Vulkan
Endlich
Du sagst
Was soll der Teufel im Paradies?
Lügner
Wächter
Bitte Bitte
Im tiefen Gras
Der Arzt
Geisterstunde
Niemals ohne Dich
Schattenreiter
Seelenverkäufer
Dämmerung
Nein Nein

Königreich
Götterfunken

Trumscheit



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