WETO
Essen, Zeche Cark 14.03.2007
(Fotos by Ludger - www.schmoelenjochen.de/sub9.htm)

Kann man ein WETO-Konzert besuchen und Schandmaul völlig außen vor zu lassen? Grundsätzlich sicherlich erst einmal nicht. Jedoch: WETO heißt WETO, weil es WETO ist und nicht Schandmaul. Klingt albern, ist aber so. WETO sind auch nicht die Männer von Schandmaul mit einem von Regicide. WETO ist WETO. Dies wird einem auch sehr schnell klar.




Es hätten noch Besucher Platz gefunden in der Essener Zeche Carl, als M. Richter (Bass), M. Duckstein (Gitarre), Stefan Brunner (Schlagzeug) und Heiner Jasper (Keyboard) die Bühne betreten. Die akustischen Signale eines EKG sind zu hören und beim Einsätzen der ersten Töne sämtlicher Instrumente kommt Sänger Thomas Lindner auf die Bühne um als Opener "Koma" zu singen. Wie der Name sagt, wird der Zustand eines Komapatienten thematisiert. Und dies sehr authentisch. Spätestens nach dem zweiten Lied - "Flucht" - wird ein klares Zeichen gesetzt: Wir sind die gleichen Leute (wie bei Schandmaul), doch heute sind wir anders. Kein Feixtanz, wenig Fröhlichkeit, dafür Ernsthaftigkeit mit einem guten Schuss dunkler Atmosphäre. Eine an sich bedrückende Atmosphäre, die aber durch die Band musikalisch so gut umgesetzt wird, dass sie nie zu erdrücken droht. Sie schaffen es, einen Bann über das Publikum zu legen und ein gewisses Wir-Gefühl aufkommen zu lassen. Musikalisch trifft "Flucht" auch voll ins Schwarze.

Und die härtere Gangart, die Schwere, der melodische und schwerere Sound setzen sich fort. Für mich eines der weiteren Highlights: "Irrlicht". Ein Text, in den alles hineininterpretiert werden kann: Angst, Flucht, Dunkelheit, Aufgabe des eigenen Ichs. Nach "Das Tier" kommt "Ein Lächeln lang". Jetzt gibt es ruhigere, klavieruntermalte und dennoch schwere Töne über das Abschied nehmen. Eine Zeit später das Lied "Tief". Wie sehr muss ein Vergewaltigungsopfer leiden bzw. gelitten haben? Es ist kaum zu glauben, dass dieser Text nicht von jemandem geschrieben wurde, der sich nicht ausgiebig mit diesem Thema beschäftigt. Er ist so ergreifend und tiefgehend, dass manche Leute mehr auf die Bühne starren, als zu schauen, sich den Text bewusst vor Augen führen. Damit die Stimmung dann doch nicht zu ernst wird, lockert Thomas Lindner durch seine Ansagen, hier insbesondere durch Anspielungen auf "unsere andere kleine Band, die es auch noch gibt" - gemeint ist Schandmaul - diese immer mal wieder auf, ohne aber die ernste Grundstimmung zu zerstören oder albern daher zu kommen.




Auch "Wolfsherz" darf nicht fehlen, ein Stück über den Wolf in einem selbst. Hier ist man jedoch schon in der Zugabe. Zu guter Letzt, wie gewollt, für mich der absolute Höhepunkt: "In unserer Mitte". Mit "Nun ein Lied über einen unserer Freunde, wo wir uns immer gesagt haben: Man muss nicht mit 15 Jahren sterben" kündigt Lindner diesen Titel an. Nach dem Lied wird manchem klar: Wer ein solches Lied für einen Freund schreibt, hat keinen Freund verloren, sondern einen geliebten Menschen. Manche Träne in den Augen der Zuhörer ist zu sehen. Auf beeindruckende Weise erzählt der Text über das Festhalten an einem lieben Menschen, sei es auch nur in der Erinnerung. Dieses Lied wurde als Schlusspunkt schon so gesetzt, dass man nicht gerade überschwänglich fröhlich nach Hause geht. Und das war gut so. Es ist bedeutsam und wichtig, sich hin und wieder vor Augen zu führen, wie gut es manchem und insbesondere uns selbst geht, gemessen am Leid und Elend anderer Menschen.

Na gut, hier und da gab es nach der Abstinenz von der ersten Tour noch den einen oder anderen kleinen Fehler. Doch den verzieh das Publikum gerne. Wären sie nicht noch einmal als solche von Lindner benannt worden, wären sie vielen wohl auch nicht aufgefallen. Doch tat dies dem Abend auch keinerlei Abbruch. Eines bleibt aber festzustellen: WETO ist ein Erlebnis. Ein Muss für die Musikfans. Wer sich in den Strom dieser Musik wirft, muss nicht schwimmen können, um mitgerissen zu werden. Diese Musik nimmt ihn ein und trägt ihn.

Setlist:
Koma
Flucht
Krank
Wieder allein
Irrlicht
Das Tier
Ein Lächeln lang
Schattenspieler
Wir
Das 2weite ich
Tief
Phantasie
Wolfsherz
Miststück
Feuertanz
In unserer Mitte




Startseite