JETHRO TULL :: Die Lok hat noch ordentlich Dampf |
Ruhrcongress in Bochum am 17.07.2008 (Fotos by Ludger - www.schmoelenjochen.de/sub9.htm) |
"Ich mag die kurzen Stücke, dann komme ich schneller ins Bett" lacht Ian Anderson ins Mikro. Der Mann, der die Querflöte in die Rockmusik einführte und das Spiel auf einem Bein ebenso beherrscht, als auf beiden stehend, zeigte sich Donnerstag Abend im Ruhrcongress gewohnt spielfreudig auf der "40 Years Anniversary Tour". Nachdem "Special guest" Saori Jo mit glasklarem stimmlichen Glanz am E-Piano und teils mit Gitarrenunterstützung für die richtige Atmosphäre, einmal auch mit Anderson persönlich, gesorgt hatte, betraten Anderson und Musiker die Bühne unter beinahe schon andächtigem Applaus. Im Mittelpunkt des Abends standen die frühen Stücken Andersons. So wurde es auch zuerst schwer, den Funken ins bestuhlte Publikum überspringen zu lassen. Ungeachtet dessen spielte der Protagonist seine ganze Routine aus und zeigte ein ums andere Mal, dass die Lokomotive älter, aber nicht viel langsamer geworden war. Benannt nach einem Agrar-Pionier streute er seine Stücke, die starke Anleihen des Folk beinhalten, gekonnt in die Menge, die dann doch zusehends munterer wurde. Phänomenal das Spiel auf der Co-Hauptrolle, der Flöte selbst. Virtuos entlockt er ihr in gekonnter Manier Töne, die bei der Schaffung dieses Instrumentes im Mittelalter wohl noch gar nicht bekannt waren. Doch auch von der erstklassigen Qualität der anderen Musiker lebte dieser Abend. Gitarrist Barre als am längsten zugehörigen Mitglied, aber auch Perry am Schlagzeug, O´Hara am Keyboard und Bassist Goodier sind Meister ihres Fachs, die musikalisch leicht zurückgenommen der Flöte die Wiege lassen, um sie harmonisch ins Gesamtkonzept einzubetten. Der Flötist kann zwar nicht verhehlen, dass auch an ihm die Jahre Spuren hinterlassen haben, dennoch zeigte er sich agil und voller Spielfreude auf der Bühne, was das Publikum auch mit reichlichem Applaus bedachte. Insbesondere das Publikum sieht man selten so gemischt. Von der Dame im kurzen Schwarzen, über den Headbanger, der die Vermutung aufkommen ließ, eigentlich zu Iron Maiden zu wollen, bis hin zum Anzugträger, der noch 30 Minuten zuvor die letzten Bankgeschäfte erledigt haben könnte, war alles vertreten. Und egal welche Stücke auch angestimmt wurden, ob "Living in the past", "Nursie" oder am Ende mit "Aqualung" oder "Locomotive Breath" zeigte der Meister, dass er eines keineswegs ist: "Too old to rock´n´roll". Das Publikum dankte artig und ein Fazit konnte ganz deutlich gezogen werden: Ian Anderson und seine Musiker rockten mit einer Mischung aus Sarkasmus und Charme und untermalt von hervorragender musikalischer Qualität derart den Ruhrcongress, dass sie eine Reihe mehr als die ungefähr 1400 anwesenden Besucher verdient gehabt hätten. |