IN EXTREMO :: Besinnliche Konzertreise mit "Al Capone" |
Christuskirche in Bochum am 12.12.2009 (Fotos by Ludger - www.heitmann-foto.de) |
Tranquilo. Spanisch für beschaulich, besinnlich oder ruhig, heißt die derzeitig stattfindende Akustiktournee der 1995 in Berlin gegründeten IN EXTREMO. Dass ich mit einer gewissen Vorliebe für diese Musik und Band die Konzerte besuche, ist hier inzwischen bekannt. Aber die Tatsache, dass bereits während der Pause mehrfach Stimmen zu hören waren, das Konzert, welches am Samstag in der Bochumer Christuskirche stattfand, sei wesentlich besser als die "normalen" Rockkonzerte der Band, überraschte dann doch. Das unverhüllte Bühnenbild erstaunte zunächst die Besucher der Kirche, war doch alles weitab des für gewöhnlich dargebrachten Mittelalterspektakels neu gestaltet mit Straßenlaternen, Cheselong und Barhockern, Tischchen mit Rosen oder Wasser in Gläsern statt in Plastikflaschen. Dem Gesamtbild passte sich die Band an. In Tracht der 20er bzw. 30er Jahre zeigten sich Flex, Yellow Pfeiffer oder Sänger Michael Rhein, während Bassist Die Lutter im Al Capone-Outfit erschien. Dies waren jedoch letztlich nur Nebensächlichkeiten, denn als der erste Ton der "Merseburger Zaubersprüche" gespielt war, zeigte sich im besonderen, zu welchen musikalischen Leistungen die sieben in der Lage sind. Natürlich kommen auch akustische Konzerte nicht komplett ohne Strom aus, aber die Reduzierung auf das Wesentlichste, gerade im Hinblick auf den Einsatz außergewöhnlicher Instrumente wie Sackpfeifen, Schalmeien, Leier, Cister u.a., zeigte letztlich, wieviel Klangraum darin steckt und mitunter auf den "traditionellen" Rockkonzerten verloren geht. Nach dem "Spielmann" lobte man sich "Frei zu sein", vom letzten Studioalbum "Sängerkrieg". Spätestens hier hatten die Barden das Publikum in der restlos ausverkauften Christuskirche komplett eingenommen. Fernab etwaiger Zwänge wurde deutlich, dass die Musiker selbst viel Spaß an der Sache haben. Auch Herr Otto als Vertreter am Schlagzeug für den erkrankten Morgenstern trommelte, als hätte er ein Leben lang nichts anderes gemacht und gliederte sich perfekt in das Ensemble ein. Auch mit dem Publikum wurde geflachst. Auf nervende Zwischenrufe wurde mit "Halt endlich die Schnauze" geantwortet, sich später dafür entschuldigt und versöhnt und das Geburtstagskind des Tages durfte für ein Stück an der Seite von M. Rhein auf dessen Cheselong platz nehmen. Und die Zuschauer? Die verfolgten gespannt die ruhigeren Stücke wie "Mein sehnen", "Ave Maria" oder "Auf´s Leben", klatschten und sangen zu flotterem wie "En esta noche", "Sieben Köche" oder "Küss mich" und ließen sich zu Begeisterungsstürmen hinreißen, wenn alte Highlights wie "Poc vecem" oder "Mein rasend Herz" gespielt wurden, oder lang schon nicht mehr live gespieltes wie "Nur ihr allein" angestimmt wurde. Getragen wurde, dies rundete das Bild ab, das ganze Konzert vom für seine hervorragende Akustik bekannten Klangkörper Christuskirche. Und dankbar nahm das Publikum die vier Stücke der Zugabe an, insbesondere auch, weil "Herr Mannelig", der bei einer Tour vor einiger Zeit laut Sänger M. Rhein "vom Pferd gefallen" war, wieder aufsattelte. Resümierend fand man nicht nur kein enttäuschtes, sondern nahezu ausschließlich begeisterte Besucher, die sich einig waren, dass sich das Warten in der langen Schlange und der Bochumer Kälte, teils weit über eine Stunde vor Einlass, gelohnt hatte. (ludger) |