PENTAGRAM + TROUBLE + SYRACH :: Doom over Hannover
Musikzentrum in Hannover am 13.10.2009
(Fotos by Chris)



Tja, liebe Freunde, jeder bekommt seine zweite Chance! Nachdem ich 2008 den Gig von TROUBLE zusammen mit SAHG aufgrund diabolischer Diarrhöe leider kurzfristig absagen musste, soll ich heute also eine neue Gelegenheit bekommen, TROUBLE livehaftig unter die Lupe zu nehmen. Zwar habe ich so nicht mehr die Gelegenheit, den Original-Sänger zu erleben, aber mit Kory Clarke (ex-WARRIOR SOUL) hat man einen saustarken Nachfolger gefunden.

Aber erst mal müssen wir den Weg ins Musikzentrum hinter uns bringen und auf dem Messeschnellweg sieht es tatsächlich so aus, als wäre die Welt verflucht! Schwarze Wolkenwände und Meteoritenschauer (echt kein Scheiß!!!) geben einen würdigen Rahmen. Magentechnisch rumpelt es bei mir auch schon wieder verdächtig und ich fange schon an zu glauben, dass über TROUBLE und mir ein Fluch liegt, aber nachdem die Blähungen von allein den Weg nach draußen gefunden haben, geht es mir besser. Der Ohnmacht nahe (warum klemmen die Fenster immer im unmöglichsten Moment?) kommen wir am Musikzentrum an und die Befürchtungen, dass der Vorverkauf äußerst schleppend, ja beinahe doomig also, gelaufen ist, bestätigt sich leider, da sich noch die Tisch-Tonnen und Barhocker geschickt im Saal verteilen.




Nun denne warten wir auf den ersten Gig des Abends, der von den norwegischen Doomern SYRACH begangen wird. Stilistisch passt die Band nicht hundertprozentig auf das Billing, ist der Doom doch sehr fies und brutal, was auch an den Vocals liegen mag und lässt die rockige Attitüde der Hauptbands vermissen, aber ich finde das gut, denn wenn alle Bands zu gleicht klingen, macht es ja auch keinen Spaß. Der (relativ schnelle) Doom, der mich wieder an eine böse Mischung aus PARADISE LOST und MY DYING BRIDE erinnert, verbreitet auch in dem spärlich besetzten Musikzentrum eine düstere Atmosphäre und die Band ist guter Dinge, auch wenn auf die Fragen, ob wir "alle gut drauf sind" mit eisernem Schweigen seitens des Publikums beantwortet wird. Da bringt es auch nichts, wenn Sänger Ripper die Frage wiederholt, wir bleiben bei unserem Schweigen! Wir lassen uns doch nicht einfach aus der Reserve locken! Aber im Ernst: die Band macht einen guten Job und liefert 30 spannende Minuten ab, die Schweigsamkeit ist definitiv kein Gradmesser der Qualität des Gigs. Gerne wieder! (Webseite: www.syrach.com)




Eigentlich habe ich als nächste Band PENTAGRAM erwartet, aber die aufgeklebte Setlist verwirrt mich, denn die meisten Abkürzungen deuten eindeutig auf TROUBLE hin. Und so ist es auch! Rick Wartell (g) und sein kongenialer Kompagnon Bruce Franklin entern zusammen mit Chuck Robinson (b) und Marko Lira (d) die Bühne und fangen an loszurocken, bevor der (körperlich) kleine Kory Clarke auf die Bühne springt und eine Show abliefert, die sehr energetisch ist. Er springt, hüpft, tritt, wirbelt und kreiselt, als hätte man ihn frisch vor dem Gig mit dem Steckschlüssel aufgezogen. Auch Mick Jagger-Moves werden von dem kleinen Mann mit der großen Stimme abgeliefert. Wahnsinn. Ich meine, es ist schon arg schwer, in die Fußstapfen einer lebenden Legende zu treten, aber wisst ihr was? Er tritt nicht einfach in die Fußspuren hinein, nein, er tritt daneben und hinterlässt einfach eigene Spuren in der TROUBLE-Historie! Seine raue Stimme passt hervorragend zu den Hammertracks, die uns heute geboten werden und das sind eine Menge. Hauptaugenmerk bei dem Gig sind die rockigeren Stücke und die kommen hervorragend rüber. Klar, mein Lieblingstrack "The Wish" fehlt, aber jeder hat nach einer Show was zu meckern, gelle?! Schließlich wird man mit Göttergaben des Dooms entschädigt oder gibt es jemanden, der "The Tempter", "Assassin", "Wickedness of Men", "At the End of my Daze", "R.I.P.", "Psychotic Reaction" nicht mag? Dazu gesellen sich etliche Stücke wie "Sleeper", "Ride the Sky", Troublemaker", "The Eye", "Touch the Sky", die eindeutig und eindrucksvoll beweisen, dass TROUBLE über die gesamten Jahre ihres Bestehens immer grandiose Songs geschrieben oder gecovert haben.

Das Gitarrenduo Wartell/Franklin besticht sowohl durch tonnenschwere Riffs, als auch durch herausragende Soli und während eines Instrumentals bekommen beide die Gelegenheit, sich ausgiebig zu präsentieren, was sie gut zu nutzen wissen und die Anwesenden mit Zucker-Soli aus der Profikiste verzaubern.

Die Goldene Himbeere für behämmertes Verhalten bekommt der Dummschlumpf, der meint, Rick Wartell seine Zuneigung gestehen zu müssen, nur um in gleichen Atemzug Frontmann Kory zu beleidigen und einen neuen/alten Sänger einzufordern. Als die Band mit dem nächsten Song weitermachen möchte, winkt Kory daher mal kurz ab, bittet den Querulanten höflich darum, doch selber auf die Bühne zu kommen, wenn er denke, er könne die Songs besser interpretieren, aber leider oder zum Glück zieht er seinen kurzen Schwanz ein und Kory holt sich Bestätigung beim Publikum und fragt wer hören wolle, wie er zusammen mit der Band TROUBLE-Songs performt (alle jubeln, außer einer) und auch die Gegenprobe mit einer zu hundert Stimmen wird abgefragt. Na, dann ist ja alles klar. Hoffentlich hat der Dödel wenigstens Eintritt bezahlt.

Nach einer guten Stunde ist der Spuk auch schon vorbei und auch wenn es mir persönlich etwas kurz geraten ist, war es geil! Handgemachte Musik von echten Charakteren hat schon was. (www.newtrouble.com)




Auf das, was dann kommt, bin ich nicht vorbereitet: PENTAGRAM. Eigentlich hatte ich sie als Retro-Gag gesehen, hat das Line-Up doch bis auf Bobby Liebling nichts mehr mit der Band zu tun, die 1971 (!!!) gegründet wurde, aber weit gefehlt, verdoomt noch mal! Verstärkt hat sich Mr. Liebling, der ehrlich gesagt aussieht wie der warme Bruder von Catweazle, nämlich mit einer saustarken Truppe, die aus den beiden UNORTHODOX-Recken Gary Isom (d) und Mark Ammen (b) und dem Gitarristen Russel Strahan besteht. Eine geilere Truppe hätte ich mir für den Gig kaum vorstellen können, ohne noch tiefer in die Champions League des amerikanischen Doom Metal greifen zu müssen.
In Bobby Gesicht sieht man, dass der Herr gelebt hat, denn alt und verwittert wirkt es, hat aber auch eine große Portion Stolz und Achtung in sich. Respekt. Er spielt natürlich mit seinem schaurigen Look, grimassiert die ganze Zeit, verleiht seinen Schauergeschichten Nachdruck, tanzt allerdings auch wie eine Mischung aus Mick Jagger und Tina Turner, orgasmiert bei den Zuckersoli von Gitarrist Russel und wo man schwarze Jeans mit rosa Nähten bekommt, muss er mir bei Gelegenheit mal erklären. Auch sind es die Kleinigkeiten, die die Show aufwerten, so z.B. das simulierte Sterben des Protagonisten, nur um wieder aufzuerstehen (ist irgendwie symbolisch für das Leben und Schaffen des Musikers) und die Entertainer-Qualitäten des Fronmannes, der binnen Sekunden die Leute auf seine Seite gezogen hat.

Die Musik, die heute Abend aufgeführt wird verdient schlichtweg das Prädikat: Essentiell! Doom vom Feinsten, "Hits" am laufenden Meter, auch neue Songs werden vorgestellt, die auf der "The Last Rites"-CD erscheinen werden. Dabei gibt es einen schnellen und einen schleppenden Song zu feiern. "Feiern" ist auch ein großartiges Stichwort, denn auf wenn es nur ca. 100 Nasen sind (plusminus 50 Leute, ich bin mies beim Schätzen), die den Weg in das Musikzentrum gefunden haben, machen sie Krach für 1000 und feiern (wie zuvor TROUBLE) nach allen Regeln der Kunst ab! Bobby ist großer BLUE CHEER-Fan und aus gegebenem, traurigem Anlass initiiert eine Schweigeminute für den verstorbenen Dickie Peterson und widmet ihm einen Song.

Da sich heute die Wege von TROUBLE und PENTAGRAM trennen und die gemeinsame Tour heute in Hannover ein Ende findet, lässt es sich Bruce Franklin nicht nehmen, für einen Song die Bühne zu entern und zusammen mit PENTAGRAM zu zocken. Leider ist auch hier nach gut 75 Minuten Feierabend und der Abend war so geil und angenehm, dass es wirklich schade ist, dass es so schnell zu Ende geht.




Besonders schön finde ich die Szenen, die sich am Konzertende abspielen: nicht nur PENTAGRAM verabschieden sich, sondern alle Bands verbeugen sich vor den Fans, jeder herzt jeden und man merkt, dass die Bands sich untereinander blendend verstanden haben.

Kurz nach dem Gig ist Bobby auch beim Publikum, lässt sich gerne fotografieren und erzählt u.a., dass es das erste Mal war, dass er in seinem Leben in Europa unterwegs sein konnte, die letzten 40 Jahre in einem Nebel aus Drogen verlorengegangen sind und er mit einer blutjungen Dame verlobt und so glücklich ist, wie er es noch niemals war.
Als wir uns dann nach Hause aufmachen, merkt man an der Stimme und dem Blick, dass ihm der Kontakt mit den Fans viel bedeutet und sein langer Händedruck verleiht dem Ganzen Nachdruck. Auch lässt er es sich nicht nehmen, Kathi in die Arme zu nehmen und sich mit einem Küsschen von ihr zu verabschieden. Soviel Warmherzigkeit erlebt man nicht mehr alle Tage. Danke, Bobby! (www.myspace.com/bobbydarlingpentagram)

Mein weiterer Dank geht natürlich an die Musiker, die sich anschicken uns zu unterhalten und an Björn und Toby von cmm.w-rott für ihre freundliche Unterstützung! (chris)



Startseite