CHRISTMAS BALL :: And One & Pitchfork zum Weihnachtsausklang
Capitol in Hannover am 26.12.2010
mit And One, Project Pitchfork, Laibach, Agonoize und Faderhead
(Fotos by Michi)

Und jährlich grüßt das Murmeltier. Schon wieder ist zum Glück Weihnachten vorbei und man findet sich mal wieder im Capitol Hannover zusammen, um den Ausklang dieses Kommerzfestes zu feiern. In diesem Jahr ist die Ansammlung an Bands mal wieder äußerst klangvoll, denn mit PROJECT PITCHFORK, LAIBACH, AGONOIZE und FADERHEAD hat sich eine beachtliche Mischung aus Szenegeschichte und neuer elektronischer Härte zusammengefunden. Die Krönung des Lineups ist obendrauf doch der einzige Auftritt von AND ONE in dieser Konzertreihe, die in Hannover den Platz von THE FLIEDS OF NEPHILIM einnehmen, die einzig in Hannover nicht auftreten... zum Glück wie ich finde, denn ein gut aufgelegter Steve Naghavi sorgt sicherlich für mehr Stimmung und passt besser in das Lineup des Abends.

Nachdem die Anreise durch die inzwischen lästig gewordene Schnee- und Eislandschaft mehr schlecht als recht von statten gegangen ist und wir dem Sensenmann grad noch so von der Klinge gerutscht sind, zeigt sich das Capitol bereits erwartungsgemäß sehr gut gefüllt. Da die Anreise aber witterungsbedingt länger gedauert hat als geplant, müssen wir feststellen, dass wir den ersten Akt des Abends FADERHEAD (www.faderhead.com / www.myspace.com/faderhead666) leider verpasst haben, denn als wir nun endlich mit unseren Erfrischungsgetränken versorgt die Halle betreten, ist man gerade fertig die Bühne für AGONOIZE zu präparieren.




So sind es Chris L. (Gesang); Mike Johnson (Synthesizer) und Oliver Senger (Synthesizer) von AGONOIZE (www.agonoize.de / www.myspace.com/agonoize), die für uns den musikalischen Abend eröffnen. Vor der Bühne haben sich auch allerhand Fans der Aggrotech Truppe versammelt, die leicht zu erkennen sind mit ihren blutverschmieren Dekoverbänden, als ob sie grad von einer Emo-Ritzerparty kommen. Chris L. beginnt die ersten Stücke in einer modischen Zwangsjacke, die mich doch sehr an frühere OOMPH! Zeiten erinnert, als Dero ein ähnliches Stück gern live getragen hat. Die Sounds sind auch heute wieder sehr technoid und die stumpfen Beats sorgen unter den Fans für Bewegung. Später ist die Zwangsjacke abgelegt, da werden auch schon weitere optische Reize über die eigentlich sehr eintönige Mucke gelegt, denn nun darf ein bisschen mit Kunstblut gesudelt werden, das bei "Bis das Blut gefriert" aus Chris seinen per Messer geöffneten Handgelenken spritzt. Das Selbe findet einige Stücke später noch blutiger aus den Halsschlagadern statt, schaut ganz cool aus und stellt die wenig spannende Musik in den Schatten. Der insgesamt doch sehr prollige Auftritt von AGONOIZE findet nach "Femme Fatale" und "Koprolalie" nach etwa eine Stunde sein Ende. AGONOIZE sind für die Länge von ein bis zwei Stücken ganz interessant, allerdings wiederholt sich musikalisch alles immer wieder und es wird wenig Abwechslung für die Ohren geboten. Für mich eine Band die absolut über Wert gehandelt wird und ein gutes Beispiel für eine inzwischen sehr oberflächliche Szene darstellt.



Was nun bevorsteht, ist einerseits ein Stückchen Musikgeschichte, denn die slowenischen LAIBACH (www.laibach.nsk.si / www.myspace.com/laibach) um Sänger Milan Fras bestehen seit 1980 und haben in ihrer Gesichte für diverse politische Kontroversen gesorgt. Auf der anderen Seite waren LAIBACH auf dem vergangenen M'era Luna eine der großen musikalischen Enttäuschungen, denn der Auftritt war Langeweile pur! Und so ist auch heute das Interesse bei uns nicht sonderlich groß. Einzig auffällig ist "America", eine Coverversion der US Amerikanischen Nationalhymne "In God We Trust" und "Tanz mit Laibach", bei dem sogar mal sowas wie ein tanzbarer Rhythmus entsteht. Gut, dass man sich im Capitol in die hinteren Räume verkrümeln und die Zeit mit Quatschen und Trinken vertreiben kann. So gehen dann auch diese zähen 60 Minuten Spielzeit ohne allzu große Müdigkeitserscheinungen vorbei.




Zum Glück stehen jetzt endlich PROJECT PITCHFORK (www.myspace.com/projectpitchfork / www.project-pitchfork.eu) auf dem Plan, immerhin begleiten mich die Hamburger Dark Elektro Pioniere seit einer kleinen Ewigkeit durch meine Musikgeschichte und meine Leidenschaft für die Musik von Peter Spilles, Dirk Scheuber und Jürgen Jansen wurde grad durch die zwei hervorragenden letzten Alben wieder entfacht. Auch heute zeigen sich Peter und Scheubi wieder mit ihren bekannten Bemalungen und die stark nebelüberflutete Bühne wird vom ersten Klang des Openers durch Laserflächen und Strahlern zerschnitten. Als Opener dient heute der Klassiker "Conjure", der die Zuschauer sofort auf Betriebstemperatur bringt. Peter ist auf der Bühne wieder gewohnt hingebungsvoll und gestenreich und fügt sich nahtlos in das Bühnenbild aus Nebel, Schatten und Lasern ein. Über all die Jahre hinweg haben es PROJECT PITCHFORK geschafft ihren eigenen Stil aufrecht zu erhalten und so ist die heutige Setlist wie eine eindrucksvolle Reise durch die eigene Musikgeschichte. Mit "Timekiller", "Souls", "Carnival", "Existance", "The Longing" oder "Fire & Ice" um nur einige zu nennen, wird eine Art Best-Of-Konzert vorgetragen, das jedem sichtlich Spaß bereitet. Die Besucher danken es durch Tanzen und textsicheres Mitsingen und machen den Auftritt von PROJECT PITCHFORK zum bisherigen Höhepunkt des Abends, der leider auch nach etwas mehr als einer Stunde sein Ende findet.




Mit AND ONE tritt jetzt der Headliner des Abends auf die Bühne, die inzwischen mit Tarnnetzen und Camouflagelook geschmückt ist. Wie schon bei der kürzlich in Berlin erlebten "THE TANZOMAT FULLTIMESHOW" beginnt auch heute der Auftritt mit dem Intro vom I.S.T. Album. Steve hat sich passend zu seiner "Military Fashion Show" in ein schickes weißes Hemd geworfen, das kontrastreich mit schwarzen Hosenträgern und schwarzer Metalhammer-Armbinde abgesetzt ist. Wie immer gut gelaunt, macht er zwischen den Stücken seine Späßchen und hält die Zuschauer bei Laune. Musikalisch geht's mit Stücken wie "Sometimes" oder "Men in Uniform" zuerst recht ruhig zu, als dann allerdings mit "Deutschmaschine", "Over There" oder "Panzermensch" deutlich mehr Dampf in die elektronischen Sounds kommt, steigt auch die Stimmung der AND ONE Anhänger deutlich. Leider hat es heute lediglich ein Stück der Bodypop Covers in die Playlist geschafft. Allerdings scheint es grad "Touch Me" von A-HA Steve angetan zu haben, denn das Stück kommt eigentlich regelmäßig und entsprechend textsicher singen alle Anwesenden diesen 80er Jahre Klassiker mit. Nachdem das unverzichtbare "Für" jeden Besucher in Bewegung gesetzt hat, wird erst einmal Werbung für die Tour 2011 gemacht und besonders auf den kommenden Auftritt in der Weltstadt Peine scheint sich Steve schon besonders zu freuen. Mit "Military Fashion Show" und "Body Nerv" darf zum Ende nochmal richtig abgetanzt werden, bevor sich AND ONE ohne die obligatorischen Stücke "Klaus" und "Pimmelmann" einfach so von der Bühne stehlen. Schade, weil grad diese Comedy Stücke machen doch immer noch mal so richtig Spaß für alle. Aber ok, wer nicht will...



Der Trend der letzten Jahre im Capitol zeigt sich leider auch heute wieder, denn für die anschließende Aftershowparty lassen sich nicht besonders viele Leute begeistern und so ist die Tanzfläche doch sehr überschaubar gefüllt. Liegt wohl aber auch daran, dass die Szene in Hannover grad in einem seelenlosen Umbruch ist und es derzeit keine treibende Kraft mehr gibt, die ordentliche Discoabende veranstaltet. Aber dass Hannover nicht mehr die musikalische Nummer 1 in Niedersachsen ist, hat sich ja schon länger herumgesprochen. Nun gut, ist ja auch inzwischen schon 2 Uhr und so geht's wieder auf den spannenden Heimweg über vereiste Straßen.

Als Fazit für den Abend bleibt, dass es für mich mindestens 2 Bands zu viel waren. Wer von Beginn an im Capitol war, musste geschlagene 8 Stunden rumstehen, um alles zu erleben und wenn man sich das vor Augen hält, ist es auch kein Wunder, dass niemand mehr so richtig Bock auf Disco hatte. Also die Klasse war ja anwesend, lasst demnächst etwas von der Masse weg... Ist meine Meinung.

Mein Dank geht an dieser Stelle wieder mal an Elmar Herrmann von der Amphi-Festival GmbH, der mir diesen Abend kurzfristig noch ermöglicht hat und an Rouven, der mit seiner Fahrkunst dem Sensenmann an diesem Abend keine Chance gegeben hat! (michi)


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