THE DOORS OF PERCEPTION :: This ain't the End
Blues Garage in Isernhagen am 12.03.2010
(Fotos by Chris)


Die DOORS waren eine der ersten Bands, die in der Flower Power-Ära einen düsteren Blick auf das Leben und den Tod zugelassen, ja eigentlich eingefordert haben. Jim Morrison und seine düstere Poesie über Liebe, Leben, Tod und alles dazwischen war damals nicht zwingend neu, hatte er sich doch von Charles Baudelaire, Arthur Rimbaud oder Jack Kerouac beeinflussen lassen, ist aber damals wie heute noch immer lesenswert. Obgleich der Unberechenbarkeit und großen Poesie eines Morrisons darf man niemals die Herrschaften hinter dem charismatischen Frontmann vergessen. Ohne die musikalische Virtuosität von John Densmore, Robby Krieger und Ray Mazarek wären die legendären Liveauftritte der DOORS niemals zu dem geworden, was sie heute noch sind: legendäre Dokumente, bei denen Genie und Wahnsinn musikalisch und lyrisch aufeinanderprallen.

Die DOORS sind eine meiner absoluten Lieblingsbands und meine Sammlung, das kann ich ruhigen Gewissens behaupten, ist eine ansehnliche und umfasst so manches Vinyl-Schmankerl. Live sieht das allerdings schon anders aus, was aber aufgrund meines Baujahres nicht weiter verwunderlich ist.
Heute werden wir aber versuchen, so nah wie möglich an diese Live-Erfahrung anzuknüpfen, indem wir uns auf den Weg nach Isernhagen in die kuschelige Blues Garage machen. Dieser Veranstaltungsort wird regelmäßig von den Großen des Rocks und Blues heimgesucht und ist für mich einer der gemütlichsten und angenehmsten Clubs, die ich kenne. Checkt mal die weiteren Infos auf www.bluesgarage.de. Für den Blueser und Rocker unter euch wird es sich definitiv lohnen!

Als wir ankommen, fällt erst mal auf, dass wir (anders als bei vielen anderen Konzerten) nicht zum ganz alten Eisen gehören, denn sehr viele ältere Musikliebhaber wollen sich heuten einen schönen Abend machen. Das trägt zu einer unglaublich entspannten Atmosphäre bei und um Rouven sinngemäß zu zitieren, hat man es hier mit einem großen Wohnzimmer voller Freunde zu tun. Und so ist es auch.




THE DOORS OF PERCEPTION haben sich mit sehr vielen Liveauftritten bereits einen guten Namen gemacht, aber ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, was ich von dem heutigen Abend erwarten darf. Als die Band um kurz nach Neun dann die Bühne entert, wird mir aber ziemlich schnell klar, dass das ein verdammt starker Abend werden könnte. "Break on Through", "Soul Kitchen" und "Touch me" bilden gleich einen hervorragenden Einstieg und fasziniert kann ich Keyboarder oder Organist Dirk Bewig zuschauen, wie er mit einer Hand die Basslinien und mit der anderen Hand die großartigen Orgelparts authentisch spielt, wie ein junger Manzarek.

Natürlich geht der Blick (vor allem der anwesenden Damen) direkt zu Sänger Marko Scholz, der vom ersten Moment die Aufmerksamkeit auf sich zieht und sich die Morrison-typischen Bewegungen und Gesten zu Eigen gemacht hat, ohne zu schauspielern. Und genau da muss ich der Band ein großes Lob aussprechen, denn sie sehen sich als TRIBUT-Band und nicht als Reinkarnation.

Was ich damit meine? Als Ray Manzarek und Robby Krieger ca. 2003 zusammen mit Ian Astbury, aber ohne Original-Drummer John Densmore als "THE DOORS OF THE 21st CENTURY" tourten und auch das Album "L.A. Woman" live spielten (was mit Jim Morrison leider aufgrund des frühen Todes niemals möglich war), hat Ian Astbury (der gesanglich einen sehr guten Job gemacht hat) jede Kleinigkeit von Jim Morrison kopiert. Jede "spontane" Ansage, jedes "spontan" eingestreute Gedicht, während die Band weiter jammen musste, klang dermaßen einstudiert, dass es mir heute noch ein Graus ist, die Live-DVD in den Player zu schubsen.



THE DOORS OF PERCEPTION hingegen, so habe ich es jedenfalls empfunden, sind auf die Bühne gekommen, um mit einmaliger Musik den größtmöglichen Spaß zu haben und diesen auch zu vermitteln. So scheint es wichtig zu sein, die Bandmitglieder zum Lachen zu bringen, was vor allem Marko gelingt, während er mit seinen Kumpels grimassiert und so Drummer Rob Cummings mehrfach zum Lachen, allerdings nicht aus dem Takt bringt.

Allerdings darf man bei allem Spaß nicht unterstellen, sie hätten vergessen, wem sie hier Tribut zollen und so werden Songs wie "Crystal Ship", "21st Century Fox", "People are Strange" zelebriert und egal aus welcher Phase die Songs stammen, die Fans nehmen sie begeistert auf. Bei "Love me two Times" flechtet man einen der stärksten Tracks des "L.A. Woman"-Albums ein, nämlich "Been down so long". Überhaupt zählt das letzte Studioalbum der DOORS mit Morrison zu meinen Lieblingsalben, denn der stampfende Blues stand der Band damals gut zu Gesicht, auch wenn intern die Auflösungserscheinungen bereits überdeutlich waren. Aber auch aus diesem Grund soll der Abend ein echtes Highlight für mich werden.

Weiter geht es mit einem Blues, "wie es sich in der Blues Garage gehört", nämlich "Little Red Rooster (inkl. Crawling King Snake)", bei dem Gitarrist Torsten Weber vollends in seinem ausgedehnten und erstklassigen Solo aufgeht, mit den Füßen stampft und zu Recht Szenenapplaus erhält.
Nach "Love Street" und "Hello I love you" endet der erste Set nach ungefähr 50 Minuten und die Jungs ziehen sich erst mal zu einer viertelstündigen Pause zurück.

In Anlehnung an die gute, alte Zeit spielt man aber selbstverständlich noch ein zweites Set. Damals war es üblich, dass eine Band am Nachmittag/frühen Abend einen Gig spielte und dann später einen zweiten. Schön dokumentiert ist das auf vielen DOORS-Live-CDs, die von Rhino bzw. Bright Midnight auf den Markt gebracht werden.




Auch heute Abend kommen wir also in den Genuss, des zweiten Auftritts und der hat es in sich. "The Changeling" vom "L.A. Woman"-Album macht den Anfang und "Maggie M'Gill", "Five to One", der "Black Train Song", "Wild Child" und "Moonlight Drive (inkl. Texas Radio and the Big Beat)" verzaubern die Anwesenden, die im zweiten Set viel lebendiger und lauter sind, mit vielen großartigen Instrumentalpassagen und einer unglaublich fesselnden Liveperformance. Nach dem wunderschönen "The Spy" folgt einer der absoluten Höhepunkte in Sachen Livemusik: "Riders on the Storm" sollte eigentlich jedem etwas sagen, egal, ob DOORS-Fan oder nicht, aber was die Herrschaften auf der Bühne heute Abend aus dem Stück machen, ist genau das, was man verzweifelt auf Liveshows sucht, aber fast niemals findet: Magie! Es nimmt dich wirklich und wahrhaftig auf eine Reise mit und du trippst völlig entspannt einfach so mit der Musik weg. Und außer ein paar Bierchen waren bei mir keine weiteren Substanzen im Spiel. Unglaublich intensiv! Wahnsinn! Nach dem großartigen "Love her madly" folgt ein ähnlicher Moment wie bei "Riders on the Storm": "Light my Fire (inkl. Fever)". Der wahrscheinlich größte Hit ist an sich ein Meisterwerk, aber was Gitarrist Torsten daraus macht ist ein verdammt starkes Klanggemälde, denn er nutzt ungewöhnliche Sounds, Feedback, Lautstärke und die ganze Palette seiner Pedale (digitaler Art, wie es den Anschein hat), um eine großartige kakophonische und psychedelische Kathedrale zu erschaffen, die durch die Wiederholung der ersten Strophe eingerissen wird und der süßen Melodie weichen muss. Ganz großes Kino, meine Damen und Herren! Nach dem "Alabama Song", bei dem wir alle zum Mitsingen aufgefordert werden, endet auch der zweite Set.

Die Band lässt sich allerdings nicht lange Bitten und bringt einen der am meisten geforderten Songs des heutigen Abends: "L.A. Woman". Ich dachte immer, ich bin allein auf der Welt, mit der Meinung, dass es einer der besten DOORS-Songs ist, aber der heutige Abend lehrt mich, dass eigentlich fast jeder diesen Song abgöttisch liebt. Diese Abwechslung, der Drive, der schleppende "Mr. Mojo Rising"-Part (die Erfindung des Doom?) und der Text.einfach großartig! Die Liveversion ist dann letztendlich auch noch ein absoluter Knaller und sorgt sogar bei besonders enthusiastischen Kollegen für einen kleinen Moshpit. Mit dem "Roadhouse Blues" verabschieden sich THE DOORS OF PERCEPTION letztendlich nach insgesamt über zwei Stunden von der Bühne und keiner der Anwesenden geht unzufrieden nach Hause.

Auch ich bin in keinster Weise unzufrieden, im Gegenteil. Es war ein absoluter Genuss zu sehen, wie vier Vollblutmusiker die Musik der DOORS zelebrieren und somit auch am Leben erhalten. Es war auch schön zu sehen, dass nicht nur "ältere Semester" ab Mitte 30 dabei waren, sondern auch junge Menschen immer noch einen Zugang zu der "alten" Musik finden und sich damit identifizieren.
Natürlich hätte ich mich über eine hypnotische Version von "The End" oder "When the Music's over" gefreut, aber es muss ja was geben, auf dass man sich beim nächsten Gig der Band freuen kann, gelle!? Und da bin ich sicherlich wieder dabei. Ihr könnt das auch, denn einige Konzerttermine stehen noch an und die findet ihr auf www.myspace.com/doorslive.

Mein Dank geht diesmal an die Blues Garage und besonders an Torsten. Vielen Dank und bis hoffentlich bald! (chris)


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