OVERKILL + SUICIDAL ANGELS + CRIPPER + SAVAGE MESSIAH :: Thrash 'til Death |
Meier Music Hall in Braunschweig am 10.02.2010 (Fotos by Chris) |
Das Konzertjahr kann für uns mit einem Paukenschlag beginnen: OVERKILL und drei hochkarätige Supportbands in der sympathischen Meier Music Hall. Aufgrund der angedrohten Witterung (die ja auch eingetreten ist), stand unsere Fahrt kurzzeitig auf der Kippe und auch der Umstand, dass wir am Vorabend die Bremer im Weserstadion zum 2:1-Sieg gegen Hoffenheim im DFB-Pokal gefroren haben, hinterlässt ab einem gewissen Alter natürlich seine Spuren. Aber was soll's, man lebt nur einmal und wenn eine der absoluten Lieblingsbands nur 90km vom heimischen Sofa spielt, sollten Schnee, Eis und Müdigkeit eine untergeordnete Rolle spielen. Also machen wir uns auf, eiern über die teilweise glatte Autobahn und stellen fest, dass in Braunschweig in der Stadt nur bedingt geräumt wird. Als wir auf dem Parkplatz der Meier Music Hall ankommen, ist dieser schon sehr gut gefüllt, was auf eine volle Hütte schließen lässt und mal ehrlich: alles andere wäre bei dieser Qualität, die uns geboten wird, eine Frechheit. Aber die Braunschweiger Metalszene weiß, was sich gehört und was man an OVERKILL hat. Lange habe ich nicht mehr so viele Kutten auf einem Metalfestival gesehen wie heute. Sehr gut so! Pünktlich um 19.30h geht es auch los und SAVAGE MESSIAH, die sich beim Opener-Slot jeden Abend mit CRIPPER abwechseln, betreten die Bühne. Ihre Scheibe "Spitting Venom" ist mir ein Begriff, aber so hundertprozentig wollte mich der Silberling damals nicht reinlaufen. Als Opener der heutigen Thrash-Soiree machen sie mit ihren TESTAMENT-lastigen Riffs eine richtig gute Figur und die 30 Minuten vergehen wie im Flug. Aber wie schon beim Review der CD bleibt nicht viel mehr hängen, als der gute Eindruck. Nach einer Umbaupause, kombiniert mit einem kleinen Soundcheck, kommen dann die Hannoveraner CRIPPER auf die Bühne. Was soll ich sagen? CRIPPER sind eine von vier oder fünf Nachwuchsbands aus deutschen Landen, die definitiv ihren Weg gehen werden. Die Band platzt vor Selbstbewusstsein (nicht zu verwechseln mit Arroganz), spielerischem Know-How und großartigen Songs. "Devil Reveals", "I am the Pit", "Fire walk with me", "Trapped", "Junkie Shuffle", "Hysteria", "Attention deficit" und "Black Terra" sprechen jedenfalls eine deutliche Sprache und lassen keine Missverständnisse aufkommen, denn hier will es jemand wirklich wissen. Bei "Fire walk with me" fordert Britta die Leute, die die Band schon mal gesehen haben, auf, mitzumachen und das Mitsingspielchen zu spielen, was auch gerne angenommen wird. Überhaupt ist die Stimmung sehr gut und die Zuschauer nehmen den Ball gerne auf. Britta ist in guter Verfassung und für mich neben Sabina Classen die Second Lady des Thrash. Neben ihrem hervorragenden Gesang versteht sie es auch, die Leute zu animieren und mitzureißen. Jonathan und Christian riffen sich einen Wolf, bieten allerdings keine ausufernde Stageshow und Action, aber wenn man solche Präzisionsriffs abfeuert, gehört Gehampel auch nicht dazu und vor allem Christian post wie ein Großer. Bass-T und Drummer Dennis sind das Rückgrat des Sounds und vor allem der dreadgelockte Bassist ist ein Blickfang, wenn er die Tentakel tanzen lässt. Irgendwie bin ich für die groovigen Moshparts heute besonders empfänglich, denn die krachen an diesem Abend richtig akkurat aus den Boxen, aber auch die pfeilschnellen Parts sind (wie eigentlich immer) ein thrashiger Ohrenschmaus. Der Abschluss der Show kommt in Form des Übertracks "Black Terra", der heute mal wieder ohne Ende knallt und die 35 Minuten würdig abschließt. Für CRIPPER handelt es sich heute ja fast um ein Heimspiel (auch wenn man die Worte Heimspiel, Hannover, Braunschweig bei Fans der 96er oder Löwen mit Vorsicht aussprechen sollte) und dementsprechend werden sie auch euphorisch angenommen, aber ich hoffe (und glaube), dass sie auf der weiteren Tour ebenso ins Herz geschlossen werden, wie in Braunschweig. Mission erfolgreich abgeschlossen. Kein Heimspiel haben die dritte Band im Bunde, denn Griechenland liegt Pi mal Daumen so 2000 km weiter im Süden, aber der Berichterstattung rund um die SUICIDAL ANGELS und das letzte Album "Sanctify the Darkness" war überall vielversprechend. Bisher hatte ich nichts von der Band gehört und als sie ihren 35 minütigen Gig starten, ist klar, dass Thrash der ganz alten Schule auf dem Plan steht. Es rumpelt und pumpelt frei nach uralten KREATOR, SODOM und somit auch VENOM und immer wieder fallen mir SEPULTURA-Anleihen der frühen Phase auf, was ich hiermit ausdrücklich gutheißen möchte. Sehr viel Abwechslung bieten die griechischen Kirchenhasser nicht, es wird volle Kanne drauflos gethrasht, die größte "Überraschung" bietet das geile Instrumental "Mourning of the Cursed", welches man hören soll, wenn man stirbt (das Klagen der Verdammten, nicht den Song). Abwarten. Andere Tracks, die mir im Gedächtnis geblieben sind, sind "Inquisition" und "Jesus lies". Das war ein geiler Ausflug in die alten Tage und zu keiner Sekunde langweilig. Sänger und Gitarrist Nick gibt auch mal kurzerhand die Bühne für alle Stagediver und Crowdsurfer frei, was allerdings erst sehr zögerlich in Anspruch genommen wird. Guter Auftritt, Respekt. Wieder gibt es eine Umbaupause, die sich unendlich in die Länge zieht, aber schließlich ist es soweit: OVERfuckinKILL! Ich hätte im Vorfeld schon spekuliert, dass sie entweder "Ironbound" oder "The Green and Black" als Opener wählen würden und "The Green and Black" hat gewonnen. Ein neuer Track des kürzlich erschienenen Albums "Ironbound" übernimmt somit die Pole Position und was soll ich sagen? Perfekt gewählt! Der Song ist ein monumentaler Brecher vorm Herrn und heizt so richtig an. Die nächsten 90 Minuten stehen im Zeichen den New Jersey-Stomp und OVERKILL liefern einen großartigen Überblick über die letzten 25 Jahre OVERKILL-Geschichte. Im Laufe des Konzerts fällt mir auf, dass OVERKILL eine Band ist, bei der ich keine Epoche bevorzuge, sondern egal, welchen Weg sie eingeschlagen haben, ich konnte diesen Weg immer mit ihnen gehen, was ja nicht normal sein muss. So trifft heute auch jeder Song voll in mein Metal-Zentrum und völlig egal, ob es die frühen Power-Thrash-Songs wie "Rotten to the Core", "Powersurge", "Overkill" (diesen Track live zu erleben ist mein absolutes Highlight!), "In Union we Stand", "Feel the Fire" oder "Fuck You in Verbindung mit "Sonic Seducer" sind, die kompromisslosen Thrasher wie "Elimination", "Hello from the Gutter" oder der ebenfalls neue Track "Bring me the Night" oder die Groovegranaten "Battle", "Bare Bones", "Necroshine" und die Vergangenheitsbewältigung "Old School", die von Kathi und mir mit einem akkuraten Plauzen-Pogo© gefeiert wird. Blitz ist in bester Verfassung, singt wie ein junggebliebener Gott, während "Dr. Evil" alias D.D. Verni mit seinem ureigenen Basssound beweist, wie sehr er den OVERKILL-Sound geprägt hat. Derek "The Skull" Tailer an der Rhythmusklampfe ist mit seinem grandiosen Partner Dave Linsk ein absolutes Top-Gitarrenduo und was Dave an Soli hinlegt, ist schlichtweg großartig. Vor allem bei neuen Track "Ironbound" zieht er alle Register des gefühlvollen Solos und verschafft der verschwitzten Meute dadurch eine kurze Ruhepause. Ganz großes Tennis, was der Herr Linsk am heutigen Abend abliefert! Voller Stolz erzählt und Bobby "Blitz" Elsworth, dass die Band nach 25 Jahren mit ihrem Album "Ironbound" auf Platz 51 der Verkaufscharts eingestiegen ist, wofür er sich auch herzlich bedankt. Überhaupt ist die Stimmung sehr positiv und die Ansagen zeugen von einer wirklichen Herzlichkeit, die keineswegs gekünstelt rüberkommt. A propos "rüberkommen": Bei "Fuck You / Sonic Seducer" lässt Blitz es sich nicht nehmen, eine Crowdsurf-Einlage abzuliefern und als bis er zum Getränkestand durchgereicht wurde, gerät das Ganze ins Stocken, während die Band munter weiterjammt und auf ihren Frontmann warten muss. Die Aktion dauert länger als normal und nachdem er ähnlich wie Majestix zurücktransportiert und auf der Bühne angekommen ist, muss er sich vor Lachen den Bauch halten und das ist wirklich geil anzusehen, wie sich Blitz kaputtlacht. Das abschließende "Fuck You" (wir befinden uns ja immer noch mitten im letzten Song!) wird wegen des Lachanfalls beinahe verpasst und dann ist auch schon alles vorbei. OVERKILL-Konzerte sind immer zu kurz (auch wenn sie 5 Stunden spielen würden) und wenn ich gerne propagandiere, dass sie eine der besten Livebands sind, dann ist der heutige Abend wieder der beste Beweis dafür. OVERKILL verstehen es wie keine andere Band, den Eindruck zu erwecken, dass man es nicht mit fünf Individuen auf der Bühne zu tun hat, sondern, dass es sich um eine gut geölte Maschine handelt, die dich mit ihrer Power schlichtweg aus den Socken haut. In dieser intimen Atmosphäre ist dieser Gig ein absolutes Highlight! Ich hoffe, dass der Tourtross die Tour in der vereisten und verschneiten Landschaft sicher und wohlbehalten zu Ende bringen kann und immer wohlbehalten an der nächsten Konzerthalle ankommt. Mein Dank geht an die Bands und vor allem Mario von Undercover! (chris) |