FEHLFARBEN "Knietief im Dispo" + "Club der schönen Mutter" (Deutsch Wave)
(K7/Wonder)

Es gibt zwei Songs, die unausweichlich mit dieser Band verbunden werden. Zum einen "ein Jahr (es geht voran)" und "Paul ist Tod", während ersterer der Hit schlechthin war und wohl auch einige Märker einspielte, ist der zweite eher der Klassiker, der immer noch in verschiedenen Discos den Weg auf den Plattenteller findet. Fehlfarben haben mit Sänger und Texter Peter Hein leider nur ein Album heraus gebracht (Monarchie und Alltag), das ist jetzt 22 Jahre her. Nun hat man sich fast in Original Besetzung (allein Drummer Uwe Bauer wird von Saskia von Kitzing ersetzt) zusammengetan und schafft es zwei Jahrzehnte später erneut, den gleichen Flair, den gleichen verwegenen Mix aus NDW, Punk und Ska unters Volk zu werfen. Peter Hein glänzt ein weiteres Mal mit einer Detail getreuen Beschreibung der Gesellschaft. Seine, mit nostalgischen Klängen unterstützten Erzählungen sind vollgepackt mit Spiegelungen einer heruntergekommenden, egoistischen Menschheit. Peter Hein lässt seine punkige Vergangenheit selten in Parolen gipfeln und lässt so die Gehirne des Hörers auf Hochtouren laufen. Während ein Song wie "der Fremde" mit seiner bedrohlichen Instrumentierung glänzt, lässt man mit "Schnöselmaschine" den frühen Cold Wave als Unterstützung dienen. "Die Internationale" könnte als Sinnbild einer (oder mehrerer) Generation dienen, denn hier verbreitet man sowohl musikalisch wie textlich eine tiefe Resignation. Die Musik wird eher die Nostalgiker zufrieden stellen, aber es sind die Texte, welche dieses Album so besonders machen. Diese sind dermaßen von düsterer Aktualität besetzt, das selbst die Tagesschau wie eine Ausgabe der Muppets erscheint. Hier ist der reale Wahnsinn zu Hause und fesselt beim Lesen der Texte. Nur wer weiß, dass diese Band in ihren Liedern ein gehöriges Maß an Ironie einsetzt und damit absichtlich so manche Überspitzung duldet, wird diese Band verstehen. Es gibt wenige Gruppen, bei denen man die Texte durchliest und sie einfach wirken lässt, vollkommen ohne Musik, allein in einer Stille mit sich. Hier ist der Beweis, dass der Intellekt mit Beginn einer "Musiker-Karriere" nicht enden muß. Sowohl Maxi als auch Album kommen im Digipack daher und vor allem die Maxi mit ihrem dadaistischen Cover dürfte bald Seltenheitswert haben. (andreas)