FALK LENN "Windherz" (Deutsch/Theatralic Wave) (SX Distribution) Seit der Sesamstraße weiß ich, dass ich ein wissbegieriger Mensch bin. Im Grunde bin ich so geblieben. Die Sozialisation hat mich aber auch gelehrt, man kann nicht alles verstehen. Warum veröffentlicht ein Künstler eine Trilogie, beginnt mit dem Mittelteil ("Weinmond"), fängt zwei Jahre später aber von vorne an und veröffentlicht den letzten Teil ("Windherz")? Na verwirrt? Dann hab ich ja meinen Eindruck perfekt projeziert. Lassen wir mal die Wirren der chronologischen Eigentümlichkeit des Ex-Seelenfeuer-Frontmans außer Acht und widmen uns der Musik. "Windherz" ist akustisches Musik-Theater, dessen Instrumentierung sehr minimalistisch erscheint. Im Mittelpunkt steht die Geschichte, steht der Erzähler. Entstanden ist ein sehr textlastiges Werk, etwas was die Konsumfreude bereits im Mark negiert. Ich will hier keinen anderen Rezensenten kritisieren, obwohl ich glaube, dass ein bestimmter Redakteur dieses Werk nur konsumierte, als sich mit ihm zu beschäftigen. Wenn gerade in Literatur besonders diejenigen gewürdigt werden, die es verstehen, Situationen bis ins kleinste Detail perfekt zu umschreiben, obwohl hier des öfteren die Prosa oder das Gutklingen der Worte bestimmen. Bei Falk ist es die Einfachheit, die Nachvollziehbarkeit .... kurzum die Verständlichkeit, die begeistert. Es sind klare Worte, gefühlt beseelt von den Scherben einer Beziehung. Liebe und Hass, sowohl textlich wie musikalisch absolut kalt auf den Altar gelegt, nachvollziehbar und damit enorm bedrückend. Abseits der Glanz, abseits die Romantik, das Bildnis der Gefühle bleibt eine Tuschezeichnung ohne Farben. Die Traurigkeit hat keinen Charme, sie ist die evolutionäre Leere. Auch wenn es mir absolut zu wider ist, angesichts dieser CD Vergleiche zu ziehen, bleibt doch ein Eindruck, der mich an Goethes Erben erinnert. Fans der ganz alten Werke werden Freudentränen weinen, später der Tränen beraubt wird jede Berührung des geliebten Nächsten zu einem Moment, den man ganz einfach festhalten möchte. Ganz besonders, wenn man das abgedreht-wütende "schlag dich weg" aufgesogen hat. Ein elementares Stück, welches als Mahnmal für die Emotionalität des Albums steht. Blixa schwängert Das Ich und die Geburt ist die tanzende Mutation in Clubs. Dazwischen immer wieder Ruhepole, sanfte Neo-Klassik und Erzählungen, welche die menschlichen Abgründe in Extremsituationen beschreiben. Gibt es etwas schlimmeres als den Verlust eines Menschens? Und zwar nicht durch dessen Tod, sondern durch dessen Weggang. So greifbar und doch so weit entfernt. Nicht auf dem Friedhof seiner Trauer freien Lauf lassen, sondern behaftet mit Erinnerungen ihn zu sehen, lebend. Wenn wir ebenso wie Falk selber den Faden von hinten aufrollen, ist dieses Werk eine Hommage an die Liebe. Eine letzte Träne lasst mich verdrücken, weil dieses Album im VÖ Wahn untergehen wird. Ich hab' es und so bleibt die Feuchtigkeit in meinen Augen erträglich. Info: www.falk-lenn.de (andreas) |