ESCAPE, THE "Demo 89" (Melancholic Wave)
(Eigenproduktion)

Ja, ihr habt richtig gelesen, hier handelt es sich um ein Demo von 1989. Aber es gibt einfach Sachen, die sind nicht nur zeitlos sondern derart genial, dass jegliche Ignoranz ein wüstes Loch in die Sammlung der "guten alten Wave Klassiker" schlagen würde.

Zwischenspiel: Laut Ingo Klemens, Kopf und heutiger Sänger der Band sind diese Demos nichts zum veröffentlichen. Nur weil ich dieses anders sehe, kommt ihr in den Genuss dieses Reviews. Und nicht nur deswegen, diese Musik geht mir nicht mehr aus dem Kopf, sie erweckt Erinnerungen und ist doch allen modernen Produktionen um längen voraus. Hier wird keine Wurfscheibe entwickelt, in deren Mitte Hype steht und das Doppel Aus von Zeitschriften wie Orkus, Zillo etc. beherrscht wird. Natürlich gab es diese Zeitschriften damals nicht, aber der ejakulierende Gesamtherzinfarkt beim Soundcheck wäre vorprogrammiert gewesen.

Tja, wo soll ich anfangen, um euch diese Musik näher zu bringen. Passend zum VÖ Jahr schlagen die Bielefelder eine Brücke, leicht zugänglich, leicht zu überqueren und doch in ihren Manifesten authentisch. 1989, der Goth Rock etwas zerfahren in der Sackgassse, das Keyboard schlägt sich mit Gitarren, die Melodie trägt den Wave Pop, Verspieltheit paart sich mit dunkler, leicht verzweifelter Energie. Kommen wir nun näher zu dieser besagten Brücke. Am Entree befinden sich Bands wie Cure, Deine Lakaien, Smiths, Mission und unzählige Wave Pop Bands, auf der Brücke "The Escape", am anderen Ende Bands, welche heute in aller Munde sind.

Eröffnet wird diese DEMOnstration mit "The Escape". Ein endlos erscheinendes Intro zerfliesst sich in Harmonie. "sail away", dezent orientalisch und mit verruchten Keys interpretiert entwickelt sich ruhig, dennoch betörend. Der Refrain manifestiert sich erst beim mehrmaligen Hören. Sanftmütig der Background Gesang. Bedrückend atmosphärisch glänzt das dunkle "alone". Dezent paart sich Trauer mit verzweifelter Energie. Wunderschöne Melodielinien streifen die Dark Wave Eleganz. Hingebungsvoll legt man "i wonder why" auf den Altar der betörenden Wave Balladen mit einem Akzent von Druck. Goth Rock der altertümlichen Bauart bietet das straighte "fear". Leichte Ausbrüche der Energie bestimmen die Beschreibung der Gefühlswelt. "G" ist eine perfekte Huldigung an "The Smiths" und zeigt das stimmliche Volumen vom damaligen Sänger Thorsten Abel in perfekter Form. Morrissay grübelt heute noch drüber, warum Marr diesen Song von dem "The Queen is dead" Album streichen konnte (?!). "Plastic guns" beweist abseits vom Text, wie spielerisch "The Escape" damals mit Pop und Kitsch umgingen. Einschmeichelnd harmonisch, leicht tanzbar, verspielt in den Passagen. "The run" ist für heutige Ohren eine perfekte Mischung aus Future Pop, Dr. Avalanche und getragener Nebelwände. Auch wenn "flames" nächtliche Albträume hervorruft (textlich) bietet es doch musikalisch die Bettdecke, welche im Winter vor Kälte schützt. "Eyes of a snake" würde ich heute musikalisch zwischen alten U2 und neuen Secret Discovery einordnen. Wave Pop der 80er mit einer Eleganz dargeboten, welche den Hörer sanft in eine Traumwelt eintauchen lässt. Während "storm of the night" das schwarze Herz in tachycarde Schwingungen versetzt, wird es im genialen Schlußsong "summers Day" ergebungslos dahinschmelzen.

Derart grandiose Musik in dieser geballten Form hat es selten auf einer CD gegeben. Es liegt an euch, dieses Kleinod der dunklen Wave Musik zu erkunden. Besucht einfach www.the-escape.de und bombardiert die Band mit Anfragen (Wie gesagt, an eine Veröffentlichung ist nicht gedacht). Das neue Album ist genial, ohne Frage, aber hier liegt etwas brach, was die Muse bereits küsste. (andreas)


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