EXTRABREIT "Neues von Hiob" (NDW / Punk) |
(Rodeostar)![]() Eröffnet wird die Scheibe mit "12 Sekunden". Ein gut gewählter Einsteiger, der auch teilweise mit der eigenen Vergangenheit aufräumt. Zumindest wer Kai Havaiis Autobiographie "Hart wie Marmelade" gelesen hat, weiß, dass Zeilen wie "wir waren auch oft nicht ganz legal und griffen gerne mal ins Regal" nicht einfach nur so dahingesagt sind. "Gib mir das Brett, gib mir den Groove, ich hab noch lange nicht genug" singt Havaii bei der Single- auskopplung "Lärm" ins Mikrofon. Ein absolutes Stück für das Publikum, sehr gut mitsingbar. Und auch die Band, die nicht nur eine Trennung und Wiedervereinigung hinter sich hat, scheint nicht genug von sich selbst zu kriegen. Denn musikalisch hundertprozentig ausgefeilt und fein abgestimmt wird Extrabreit im Alter offensichtlich immer besser. Das dritte Stück "Andreas Baaders Sonnenbrille", die bei Ebay ersteigert wurde, ist ebenso flott und lässt den Zuhörer manches Mal textlich schmunzeln. Eine Abrechnung mit der Welt folgt. In der heutigen Zeit ein schwieriges Thema, vor dem die Hagener ebenfalls nicht zurück schrecken. "Doch wenn der Vorhang fällt, kennt mich die ganze Welt" vom Stück "König der Angst" lässt Erinnerungen an manchen Attentäter wach werden. "Tanzen" dürfte vielen schon von den letzten Konzerten bekannt sein. Und eine Zeile vermag auch die Lockerheit der Musik widerzuspiegeln. "Lass uns tanzen auf den Trümmern der alten Welt, wir tun das nicht für Kohle, sondern weil es uns gefällt." Eine solche Lockerheit jedenfalls wird ganz deutlich. Frei von Zwängen wird hier leger Stück für Stück im guten Groove gespielt. Folgend wohl auch wieder ein Teil eigener Vergangenheitsbewältigung mit "Idole", welches im Wesentlichen die Scheinwelt preisgibt, in der vieler ebensolcher leben. Nach meiner Meinung leicht abfallend das Stück zum Thema "Osama bin Laden", den der Sänger persönlich trifft und zum Essen einlädt. Jedoch ist dies kein schlechtes Stück. Es gibt einem lediglich mal die Möglichkeit, wieder etwas zu sich zu kommen, denn es folgt mein Favorit "Besatzungskind". Beinahe schon eine Homage, an wen auch immer, im besetzten Deutschland der Nachkriegszeit und das Kennenlernen des eigenen Vaters. "Mädchen, mach dich locker" ruft es dann in die Welt hinaus. Wer kennt diese Leute nicht? Als Kind kannte man jemanden, einen Naseweiß, dem der Schnodder aus der Nase lief und mit dem man womöglich im Sandkasten saß, und zwanzig Jahre später ist, in diesem Fall das Mädchen, plötzlich bodenständig und seriös und kennt einen nicht mehr. Klassischer Rock. Ebenfalls ein Stück, welches auf den letzten Konzerten schon angetestet wurde ist "Deutschrockband". Eine ebensolche, die an diesem Abend in der Stadt spielt. Eine Head-banging Nummer mit hohem Wiedererkennungswert und eines der Favorites. "Küss mich" erzählt von einem einsamen Mann, der eine einsame Frau am Tresen stehen sieht und sie auffordert, zu ihr zu gehen, um gemeinsam einsam zu sein. Ein nicht ganz neues Thema, aber musikalisch gar nicht so Extrabreit like umgesetzt. Denn, man höre und staune, der Refrain wird im Chor gesungen. Beinahe dramaturgisch umgesetzt wurde "Freitag Nacht". Musikalisch erinnert es ein wenig an "Polizisten". Es handelt, wie der Titel schon sagt, über das Leben in der Stadt in der Freitag Nacht. Über Bambule im Sterbecafe, Unfälle, Messer auf der Discotoilette oder die Liebe. Am Ende schneller werdend ebenfalls ein absoluter Hit. Sozialkritisch wird rockig die heutige Zeit mit ihrer Ellenbogengesellschaft angeprangert. "Immer das Gleiche, alle wollen den gedeckten Tisch, die Tröge sind die selben, nur die Schweine ändern sich". Bekannt authentischer Sprachstil, der inhaltlich aber durchaus zum Nachdenken anregt. Doch dann darf auch wieder gelacht werden. "Annemaries Baby" ist da. Quasi Teil II des alten Hits "Annemarie". Als sie schwanger war, fing für den Erzähler der Wahnsinn an und das Kind sollte doch von ihm sein, was letztlich aber nicht sein kann, da es u.a. einen behaarten Schwanz hat. In die musikalische Richtung eines Klassikers, nämlich "Junge, wir können so heiß sein" geht es mit "Verrückte Welt", wo von Luftschlossruinen und Gardinen hinter Panzerglas die Rede ist. Zu guter Letzt gibt es den L.A. "Notorious Sunshine" Mix von Tanzen von Mack. Was bleibt? Nun, ich bin, für viele bekannt, bekennender Extrabreit-Anhänger. Ungeachtet dessen, habe ich diese Rezension objektiv gehalten. Die CD ist wie sie ist, ein einfach puristisches, starkes Rockalbum. Das ist Musik. Das ist handgemacht. Das ist ausgefeilt. Das ist hartes Brett. Das ist Rock'n'Roll. Das ist EXTRABREIT in der besten Zeit. (ludger) Veröffentlichung: 09.05.2008 mit Release-Konzert und Release Party im Hamburger Knust. Weitere Konzerte: 25.04.2008, Support von Lotto King Karl, Hamburg, Color Line Arena 03.05.2008, Hamm, Kulturwerkstatt 11.05.2008, Osnabrück, Maiwoche, Open Air 17.05.2008, Iserlohn, Eissporthalle, Festival mit ZOFF und Fury in the Slaughterhouse 24.05.2008, Dortmund, Eröffnung Internationale Woche, Open Air Bühne 30.05.2008, Wemmetsweiler (Saarland), Gasthaus Kleer-Altenhofen 28.06.2008, Gronau, Open Air 12.07.2008, Ritterhude (bei Bremen), 3. Ritterhuder Torfnacht, Ritterhuder Veranstaltungszentrum 26.07.2008, Duisburg, Beach Party 30.07.2008, Hannover, Maschsee Festival, NDR-Bühne 19.09.2008, Wuppertal, Die Börse |