Gesamtfazit Zum dritten Mal wurden die alten Gemäuer des Mülheimer Schlosses Zeugen eines kleinen, aber sehr feinen Festivals. Bereits einige Wochen prangte das Ausverkauft-Schild auf der Internetseite. Das beschauliche Ambiente, sehr soziale Preise, Essen, welches man auch als solches bezeichnen kann, und ein gut zusammengestelltes Programm machen das Castle Rock zum Pflichttermin. Während der Wetterteufel sehr wohlgestimmt war, hatte der Fehlergott in der Technik sein Zuhause gefunden. Aber auch diese Probleme (siehe Bericht) wurden mit viel Einsatz und Schweiß behoben. Das Festival Erste Band des Tages waren die Elektro-Popper von TECHNOIR. Zwei Keyboarder und eine Frontfrau mit wunderschönen Vocals bevölkerten die Bühne. Eingängige Soundstrukturen und der betörende Gesang erinnerten ein wenig an "No comment". Die Beats schwankten zwischen technoider Kühle und verträumter Eleganz. Sehr sanftmütig krochen die Melodien in die Gehörgänge ohne auf eine tanzbare Ausrichtung zu verzichten. Das Trio um die zierliche Sängerin Julia brachte neben eigenen Stücken auch eine verwegene Cover Version von Killing Joke's "Love like blood". Der Song bekam ein elektronisches Gewand, während die atmosphärische Ausrichtung des Originals beibehalten wurde. Der liebliche Gesang nahm ein wenig von der Bedrohlichkeit des Stückes. Wesentlich rockiger wurde es mit dem Auftritt der Schweizer von LOST BELIEF. Vor allem der Sänger hatte sich vorgenommen neben den akustischen, auch einige visuelle Spielereien ins Programm einzubauen. So schwang er ein Schwert, drohte mit einem übergroßen Holzkreuz und verteilte passend zum Song "Bischofswein", Becher mit Wein an die ersten Reihen. Die druckvollen Kompositionen und der dunkle Gesang beriefen ein wenig Gothic Feeling herauf. Leider begannen hier die ersten technischen Probleme und die Band musste ein wenig zu früh ihren Set abbrechen. Danach betraten THE DREAMSIDE die Bühne. Die Band um die italienisch-holländische Sängerin und Komponistin Kemi Vita hat in der Vergangenheit einen wahren Stilwechsel vollzogen. Während man auf den ersten beiden Alben "Pale blue Lights" und "Apaika" eher die ruhigen Töne (Hier gab es Vergleiche mit Dead can Dance) bevorzugte, ist ihr aktuelles Werk "Mirror moon" eher im Gothic Metal beheimatet. Das Programm bestand dann auch hauptsächlich aus Songs dieses Werkes. Das druckvolle Titelstück oder das melancholisch, bedrückende "Fairy child" gehörten sicherlich zu den besten Stücken des Auftritts. Mit Gitarrist Cees Viset, welcher übrigens erst nach "apaika" zu der Band stieß ist hauptverantwortlich für die härtere Gangart. Er überzeugt mit schleppenden Saitenspiel und straighten Riffs, während der kristallklare Gesang von Kemi wie ein Morgennebel über den Sound zu schweben scheint. Etwas doomiger wurde das Ganze beim Type'O Cover. Ein energiegeladener Auftritt, welcher vor allem von der betörenden Ausstrahlung der Sängerin lebte. Neben der wundervollen Atmosphäre dieses Festivals gab es auch eine Band, welche mein Erscheinen zur Pflicht machten. Der Ex-Dreadful Shadows Sänger Sven Friedrich war mit seiner neuen Band ZERAPHINE zum Castle Rock angereist. Tieftraurige Texte, gefangen in betörenden Melodien, dargeboten von einem der besten deutschen Sänger und Texter. Gefühlvoller Gitarrenrock, der mit einer Atmosphäre ausgestattet ist, das die Gänsehaut ein wahres Eigenleben auf der Haut entwickelt. Der Opener "kalte Sonne" lässt seinen elektronischen Beginn in schwelgerische Saitenläufe gipfeln. Sven erleidet seine Texte förmlich mit geschlossenen Augen auf der Bühne. Die Sonnenstrahlen lieferten das perfekte Parodoxum zu den düsteren Klängen, welche fast hymnenhaft in tiefschwarze Refrains mündeten. Bis auf drei Songs wurde die gesamte aktuelle CD gespielt. Dabei ragte vor allem das melancholische "Sterne sehen" mit seinem fesselnden Klang heraus. Ein Chorus des gefühlvollen Leidens lässt einen endgültig in andere Sphären abgleiten. Das folgende "in der Tiefe" ist vom Melodiegehalt her, etwas verquerer strukturiert. Die Gitarren rückten auch Live zu Beginn etwas in den Hintergrund, bevor sie sich im Mittelteil mit Vehemenz zu Wort melden. Sven scheint sich in seine eigenen Texte fallen zu lassen, die einzige Kommunikation zum Publikum besteht in kurzen Ankündigungen des nächsten Songs. Während er sich meistens in Hoffnungslosigkeit ergibt und seine pathetischen (nicht negativ gemeint!) lässt er in Songs wie "Laß mich gehen" seine Stimme auch mal als wütenden Schrei erscheinen. Zum Schluß gab es noch eine Cover Version von Depeche Mode mit "in your room". Tracklist: Kalte Sonne Die Wirklichkeit Sterne sehen In der Tiefe Kannst du verzeihen Ohne Dich Lass mich gehen Siamesische Einsamkeit Licht In your room Der gothische Teil des Festivals fand sein Ende und auch der Strom hatte sich in Luft aufgelöst. Bier, Sonne und der begeisternde Auftritt von ZERAPHINE vernebelten kurz meine Sinne und so bekam ich erst bei einem Blick auf die Uhr und fehlender Zwischenspiele vom Band mit, dass etwas nicht stimmte. Das zweitwichtigste für ein Festival fehlte, der Strom. Mit den letzten Resten an Elektrizität konnten aber dann doch die MA Rocker von SCHANDMAUL die Bühne betreten. Ihre ersten Stücke wurden fast akustisch mit der Hilfe von zwei kleinen Gitarrenverstärkern dargeboten. Der Sechser überzeugte mit den verschiedensten Instrumenten. Während das treibende Schlagzeug den Rhythmus vorgab, erzeugten die verschiedensten alten Akustikerzeuger" wie Schalmei, Drehleier, Mandoline oder Dudelsäcke zusammen mit E-Gitarren verträumte Melodiebögen, welche sich in eingängiger Harmonie ergaben. Neben "Herren der Winde" oder anderen Songs vom " von Spitzbuben und anderen Halunken" gab es auch erstmals Einblicke in das neue Werk. Sänger Thomas Lindner sorgte immer wieder für aufmerksame Ohren, wenn er die alten Geschichten erzählte und die Bedeutung der Mythen und Sagen erläuterte. Bereits nach kürzester Zeit schwappte die Stimmung von der Bühne ins Publikum. Für mich hätte hier das Festival einen würdigen Schlusspunkt gefunden. Aber zwei Bands gab es ja noch. Beide Bands hatte ich Live schon wesentlich besser erlebt. Die LETZTE INSTANZ aus Berlin gab sich zwar große Mühe, hatte aber Probleme den Funken überspringen zu lassen. Sänger Robin schien auch ein wenig emotionslos seine Songs darzubieten. Dabei war die Songauswahl gut gewählt. Zwischen getragen Stücken, wie das wundervolle, nachdenklich machende "Kopfkino" gab es die druckvollen, sehr verspielten Stücke wie "ganz oder gar nicht" oder "kalter Glanz". Immer wieder begeisternd wie Cellist Benno aus seinem körperlosen Science Fiction Instrument die Töne herausstrich. Der, wegen der vorangegangenen Probleme kürzere Gig gipfelte im Stagediving von Benno. Wieder im Zeitplan betraten um viertel vor neun IN EXTREMO die Szenerie. Die Energie, welche vom ersten Song an herrschte, verflachte zusehends. Allerdings schien das im Publikum keinen aufzufallen, denn jeder Anwesende war irgendwie in Bewegung. Das martialische Auftreten, die raue und tiefe Stimme des Sängers sowie das heftige Riffing machten die Band zur härtesten Bands des Abends. Die Dunkelheit verschlung das Tageslicht und die Feuerfontänen erleuchteten den Schlosshof. Die energischen Dudelsackklänge machten deutlich, warum Schottland den einzigen Krieg gegen England aufgrund dieses Instruments gewonnen hat. Keine andere Band versteht es, dieses Instrument derart aggressiv in die Gehörgänge zu transportieren wie IN EXTREMO. Dagegen wirkt selbst die energische E-Gitarre wie eine Triangel. Allerdings, wie oben erwähnt, hatte ich die Band schon wesentlich besser gesehen. Und energische Dudelsäcke und Feuerspiele machen noch kein gutes Konzert. Am Ende bleibt als Fazit, dieses Festival gehört zu den wenigen Dingen, welche jedes neue Jahr mit Hoffnung füllen. Für mich ist ein Festival-Sommer ohne Castle Rock nicht mehr denkbar. |