Abschlußbericht Das M'era Luna fand zum dritten mal auf dem Flughafen in Hildesheim statt. Erneut begeisterte der reibungslose Ablauf des Festivals, es kam kaum zu Zeitverschiebungen und alle angekündigten Bands waren da. Leider hat das Scorpio Team keinen Einfluß aufs Wetter. So war vor allem der Samstag stark verregnet und die Wege zu den Zeltplätzen versanken im meterhohen Matsch. Die Fußmärsche wurden zu einem wahren sportlichen Trip. Man watete förmlich durch den Untergrund und achtete darauf, nicht wegzurutschen und im Dreck zu landen. Letzteres gelang einigen vor allem zu später Stunde nicht immer. Bier und Essenspreise waren auf dem üblichen hohen Niveau, wenn auch nicht verwacked. Die Bands waren gut ausgesucht und ergaben eine Mischung aus Elektro, Mittelalter, Gothic, Wave und Pop. Neben den Headlinern wie Sisters, Him oder VNV Nation waren es vor allem Bands wie Elusive, Bloodflowerz, Nosferatu oder Cascades, die bereits zu einem frühen Zeitpunkt für Begeisterung sorgten. Der erste Tag (Samstag) Der erste Morgen begann mit Sonnenstrahlen und beim Weg vom Bahnhof zum Gelände kam man sogar ins Schwitzen. Schnell das Zelt aufgebaut und zum Gelände, welches zu diesem extrem frühen (11.00 Uhr) Zeitpunkt schon gut gefüllt war. Den schwierigen Job des Openers übernahmen diesmal ZERAPHINE, die Band um den Ex-Dreadful Shadows Sänger Sven Friedrich. Nach "kalte Sonne" folgten leider nur noch drei weitere Stücke, darunter das Depeche Mode Cover "in your room". Über den Sinn einer knapp 20minütigen Darbietung darf also gestritten werden. Ebenfalls aus Berlin stammt die Formation THE CASCADES, die ebenfalls nur eine kurze Zeit zur Verfügung hatte, um ihr Debüt Werk "nine66" vorzustellen und mit Jens Riediger befand sich ebenfalls ein Mitglied der Dreadful Shadows auf der Bühne. Die Band begeisterte mit straightem Goth Rock, der die Symbiose aus traditionellen Kompositionen und modernen Strukturen perfekt vermischte. Sänger Wild schaffte es, die nicht mehr ganz so zahlreichen Besucher mit seinem tiefen Timbre in seinen Bann zu ziehen. Danach gings für ganz kurze Zeit zurück zum Zelt um pünktlich bei TANZWUT wieder vor der Bühne zu stehen. Geboten wurde eine druckvolle Dudelsack Orgie, meistens im Trio vorgetragen, mit hartem Riffing und technoiden Spielereien. Besonders das Ärzte Cover "Bitte, Bitte" zog die Fans in ihren Bann. Das sympathische Duo von Rosenfels war bereits zum zweiten mal beim M'era Luna und erneut überzeugte ihre Darbietung aus tiefmelancholischen Songs mit einer gehörigen Prise Humor. Der Sänger erinnert mit seiner seltsamen "Sitzweise" auf dem kleinen Barhocker vorm Mikro an den Film "Birdy". Immer wieder schön die Anekdoten, die er zwischen den Song zu erzählen weiß. Aber auch in den Songs begeistert er mit seiner warmen, sanften Stimme als Geschichtenerzähler. Die meist balladesken Songs mit Piano Untermalung lieferten ein Querschnitt aus ihren drei Alben und sorgten für ein sehr entspannendes Intermezzo. Danach wurde es einige Spuren extremer. Pünktlich zum großen Regenschauer spielten die Industrial Metaller von SULPHER auf. Morbide, unterkühlte Elektronik traf auf exzessive Gitarrenwälle und Sänger/Gitarrist Rob schrie seine verwegenen Geschichten voll alptraumhafter Aggression in die Menge. Mal wie vertrocknende Lava fließend, mal wie ein Vulkanausbruch explodierend vermochten es die Engländer zwischen bedrohlichen Klängen immer wieder richtig krachen zu lassen. Songs wie das aktuelle Single "one of us" oder der mit einem langen Intro versehene Opener "disintegrate" teilten das Publikum in geschockte und begeisterte Gestalten. Die Songs ihres Debüts "spray" sind Live noch eine Spur heftiger und vor allem die extrovertierte Art des Sängers, der sich vollkommen verausgabte, wusste zu überzeugen. Mit L'AME IMMORTELLE wurde es zum ersten mal richtig elektronisch auf der Hauptbühne. Die mittlerweile zu einem Duo geschrumpfte Band wurde am Keyboard vom "Whispers in the Shadow" Sänger Ashley Dajour unterstützt. Vor allem die Hits wie "Bitterkeit" oder "Judgement" ließen die ersten Reihen in hüpfende Massen verwandeln. Rainer schien mal wieder sein Geld als Kilometerpauschale ausgehandelt zu haben, denn Stillstehen war bei ihm nur selten angesagt, meistens nutzte er die gesamte Bühnenbreite zum nachmittäglichen Jogging, während seine Partnerin sich allein auf den betörenden Gesang beschränkte. Da dieser Tag auf der Hauptbühne im Gegensatz zum Hanger (hier fand die Elektronik ihre Heimat) sehr abwechslungsreich aufgebaut wurde, ging man mit IN EXTREMO wieder hin zum Mittelalterrock. Ihre Form der altertümlichen Musik ist wesentlich härter angelegt als bei vielen anderen, was die heftigen Gitarrenriffs von Beginn an auch bewiesen. Straighter Rock bis hin zum Metal wurde neben heftiger Instrumentierung vor allem von tief-rauen Vocals des Sängers unterstützt. Die Goth'n' Roller von 69 EYES boten hernach HIMnischen Goth Rock, der mit eingängigen Melodien dargeboten wurde. Die Gitarren waren sehr verschwommen gespielt und Düstermann Jyrrki kämpfte von Beginn an mit dem stürmischen Regen, der in Verbindung mit den dichten Nebelwänden eine gar seltsame Atmosphäre erzeugte. Der baßlastige Sound der Band und die betörenden Refrains sind perfekt zugeschnitten auf die HIM Fans. Mir fehlte allerdings die Straightness früherer Auftritte. Zwar schafft es Jyrrki mit seiner introvertierten Art und fast nicht zu erkennenden Bewegungen, die weiblichen Fans in seinen Bann zu ziehen, und bietet auch mit Hits wie "Gothic girl", "the Chair" immer wieder schöne Songs, aber die früher vorhandene Eigenständigkeit hat man im HIM Wahn vollkommen vergessen. Was hat diese Band mit Sulpher gemeinsam, es war die zweite Band bei der ich bis auf die Knochen naß wurde!!! Bei den Future Poppern von VNV NATION begann dann langsam meine Lust zu schwinden, was nicht an ihrer Darbietung, welche mit einer schönen Light Show unterstützt wurde, sondern die aufkommende Kälte, die meine nasse Kleidung am Körper gefrieren ließ, oder waren es die Vorboten der Erkältung, die mich danach erwischte. Die teilweise sehr eingängigen und schönen Melodien stehen konträr zu den sozialkritischen Texten von Ronan Harris. Das untermalten auch die auf zwei übergroßen Leinwänden dargebotenen Bilder von Umweltverschmutzung oder sonstigen menschlichen Verfehlungen. Neben Songs des aktuellen Werkes überraschte vor allem das alte "Procession" oder "Darkangel". Zum Schluß versteckte sich ein alternder, kurzblonder Andrew in einer dichten Nebelwand um neben alten Klassikern auch Stücke (Suzanne, Summer) des wohl nie erscheinenden neuen Albums darzubieten. Musikalisch war es eine mehr als dürftige Darbietung, einige ältere Songs wie "on the wire" wurden komplett verspielt. Fast einzig das druckvolle "Ribbons" konnte überzeugen, da es fast im Originalsound dargeboten wurde. Viele andere Stücke wurden zu aufgepeppt dargeboten, so das sich manch alten Fan die Nackenhaare krausten. Das der Gitarrist nicht nur Probleme beim Saitenspiel, sondern auch beim Gesang hatte, bewies er mit grottenschlechten Backing Vocals (bestes bzw. schlechtestes Beispiel "lucretia"). Dann ist es doch besser, wenn dieser vom Band kommt. Warum "Temple of Love" nur kurz angespielt wurde weiß nur Andrew allein, wahrscheinlich kann die Band den Song aber gar nicht spielen. Ein Hilferuf an Wayne wäre angebracht. Eine Aussage zur Bühnenshow: Nebel, Nebel, Nebel. Nur selten fand ich heute den Weg in den Hangar, eigentlich gar nicht. Und außerdem war ich froh endlich im Zelt zu liegen und mir den Arsch abzufrieren. (incus) Fortsetzung folgt |