PINK TURNS BLUE "Phoenix" (Emotionaler Dark Wave) (Orden/Alive) Man kann Dark Wave nicht erdiger darbieten, man kann Musik nicht emotionaler offenbaren. Pink turns blue sind wieder da und bestätigen mit "Phoenix" jegliche Vorschußlorbeeren. Sicherlich, ich war mir nicht sicher, ob es der Band gelingt, die Faszination von "Eremite", "If two world kiss" usw. in das Heute zu retten (besser zu transferieren). Es gab auch Zeitpunkte in den vergangenen zwei Jahren, da war mir das Scheißegal, Hauptsache diese Band war wieder da. Mit einem derartigen Album dürften aber selbst die optimistischten Fans nicht gerechnet haben. Eine einmalige, selten gehörte Verschmelzung von Joy Division, Cure und Jesus & The Mary Chain. Sänger und Texter Mic klang nie so emotional, nie sie kraftvoll, er haucht der kantigen, dunklen Musik Leben ein. Er verzweifelt, prangert an, wütet, schreit, haucht und ihm gelingt etwas, was ich in fast jeglicher heutigen Musik vermisse. Er klingt immer ehrlich, authentisch. Musikalisch wässert die Band die Wurzeln des Dark Wave's der 80er und lässt auch deren rohen Samen in Form von kantiger Punk Attitüde nicht außer Acht. Diese Ambivalenz zwischen Melancholie, Schrägheit, dreckigen Rock und schmeichelnden Melodielinien machen PTB 2005 aus. Jeder einzelne Song manifestiert ein Gefühl, welches sich mal herrlich offen gibt, mal gedruckst verschlossen erscheint und doch umhüllt dich diese Musik, sie schließt dich ein, bietet aber genug Ausgänge. Wem es gelingt, in dieses Werk zu tauchen, der wird eine Gemälde entdecken, dessen sanftmütige Tuschezeichnungen mit harter Hand geführt wurden. Aber er entdeckt auch die weiche Verletzlichkeit, welche sich in jeder Linie ins Herz manövriert. Der Opener "The lost son" ist in seiner Melodie etwas sperrig, die Gitarren agieren schräg. Der Gesang abwesend in der Tiefsinnigkeit versunken. Nicht gerade der beste Song des Albums, aber er dient der (Wieder) Entdeckung der wesentlichen Dinge: Vision, Leidenschaft "Now's the Time" geht saitentechnisch wesentlich gefühlvoller an die Sache ran. Der Song pendelt zwischen der Ambivalenz von Abschied und Neubeginn. "Wanderers" beschäftigt sich mit Krieg als bestimmendes Element der Menschheit. Der Song ist kraftvoll, bewegt sich aber durch die seichte Key-Einbindung melancholisch betrübt über die Kriegsgräber. Weibliche Backings erscheinen hier nicht lieblich, sondern eher bedrückend. "Dynamite": Musikalisch gesehen beschreibt er eher die Zündschnur als die Explosion. Die "Faith" Phase von Cure erscheint im Ohr. Mic wirkt flehend, leidend aber kurz vor der Hoffnungslosigkeit lässt er die Zündschnur dann doch abbrennen. "Good times" ist ein autobiographisches Durchhaltelied (Wenn's schlimmer kommt, schneller fahren, von Ort zu Ort, bis es wieder nett wird). Vom Instrumentarium sehr positiv inszeniert. Ein Song, der durchaus die Clubtauglichkeit von "Michelle" besitzt. Um nicht alles vorweg zu nehmen sei nur noch auf den genialen, über 7 minütigen Schlusssong hingewiesen. Er beherbergt alles, was Pink turns Blue ausmacht: Leidenschaft, Aufruhr, Widerstand, Trauer, Sinn und Sinnsuche. Der Schrei am Ende geht durch Mark und Bein. Leider hat nur die älteste Zeitschrift der schwarzen Szene, das Zillo dieses Werk zum Album des Monats gekürt. Wenn man sieht, was im Sonic Seducer oder Orkus davor Platz nimmt, könnte ich...., egal. Pink turns Blue sind momentan die einzig realexistierende Kultband der Welt. Und dazu das Beste, was uns aktuell im Dickicht des schwarzen Dschungels entgegen strömt. Ich verneige mich zutiefst!!! (andreas) |