Castle Rock 7 - 08.07. Mülheim Schloss Broich |
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(Fotos © by Eller) -> Vorbericht lesen DER BERICHT: Die magische 7. Kaum zu glauben, dass ein derartiges kleines Festival in der heutigen Zeit noch existieren kann. In Zeiten, wo sich die Massenveranstalter Zuschauerzahlen um die Ohren schlagen, die bei der Steuererklärung dann einer Null beraubt (vor dem Komma wohlgemerkt) wird, wo Festivals aufgrund von nachlassenden Kartenverkäufen gar nicht erst stattfinden. In dieser schnelllebigen Zeit ist dieses kleine Festival in Mühlheim ein Hort der Harmonie. Eine familiäre Atmosphäre, Wertmarken, Preise, wie zu DM Zeiten und nicht satte Bands, sondern der lebende Vulkan des Undergrounds bestimmt das Bild des Settings. Es hätte wohl nicht des diesjährigen Zugpferdes SUBWAY TO SALLY gebraucht, um das Konzertplakat erneut frühzeitig mit einem "AUSVERKAUFT" zu zieren. REMEMBER TWILIGHT Inmitten der WM Euphorie und mit sonnigem Geleit betraten die Newcomer von Remember Twilight die Bühne. Eine abgedrehte Version kammermusikalischer Eruptionen. Ein bisschen Kultur gab es mit der Dreigroschenoper und dem Zitat von Nietzsche "Gott ist Tod". Dazwischen gab es krachige Strukturen, harmonischen Gesang, wildes Geigenspiel und verwirrende Ansprachen. Hinzu kamen Songs ihrer Debüt CD wie "Tränen wie Blut" oder "Kein Gesicht". Auch ein ganz neuer Track fand sich mit "Rendevouz" im knapp halbstündigen Programm. Dazu durfte natürlich das Ärzte Cover "Vampir" nicht fehlen. Die klassischen Instrumente wie Klarinette und die Violine (wahlweise von einer sanften Gothe/elektrisch oder einem Virtuosen/akustisch dargeboten) fügten sich reichlich schräg in das Gesamtbild. Die harschen Saiten vervollständigten diesen seltsam anmutenden Kammermusik-Core, wie es die Band selbst nennt. THE BEAUTIFUL DISEASE Dem Trio Chris Goellnitz (Vocals), Michael Schaffer (Gitarre) und Stanley Carr (Synths) gelang es mit wenigen Stilmitteln, eine bedrückende Atmosphäre zu installieren. Grund dafür waren nicht die vorhandenen, in der Nachmittagssonne verschwindenden Nebelschwaden, sondern der eindringliche Erzählgesang von Chris. Die sanftmütig erklingende, fast hypnotisch schwebende Musik stand konträr zu den Alptraum-behafteten Texten, deren Grundbaustein aus morbidem Fels geschlagen wurden. Chris erinnert in Chanson-artigen Momenten an Tim Fischer, in erzählerischen Passagen an Oswald Henke. Die endzeitromantischen, atmosphärischen Songs stießen nicht allerorts auf Gegenliebe, natürlich ist diese Bands auch nichts für sonnige Tage auf einer Open Air Bühne, egal welches mittelalterliche Gemäuer die Umgebung flankiert. Die Saiten kamen insgesamt etwas zu kurz, so dass das Keyboard fast alleine die Last der Musik zu tragen hatte. Aber im Mittelpunkt stand eh der Gesang und die prosaischen Texte. Und dieser Gesang war perfekt abgemischt, denn man konnte jedes Wort verstehen und so konnte man aufmerksam mitleiden. Gerade die deutschen Texte sorgen für bedrückende Emotionen, allein angesichts der Härte der Sprache, während die englischen Songs auch durch den Gesangsstil teilweise an Sex Gang Children erinnerten. Höhepunkt des durchaus als hypnotisch zu bezeichnenden Auftritt war sicherlich "Rose aus Stein". Überraschendes Extrakt war dann ein Walzer. THANATEROS Mit den Berlinern wurde dann eine härtere Gangart angestimmt. Ihr Goth Metal wird mit reichlich Celtic Folk Elementen vereinigt und im Gegensatz zur ersten Band erklang hier die Violine sehr virtuos. Neben eigenen Songs, deren Texte in der keltischen Mythologie ihre Wurzeln finden, begeisterte man auch mit dem irischen Trinklied "dirty old town". Leider gab es zu Beginn einige Probleme mit dem Mikro, was den Sänger zeitlich desorientierte, denn er begrüßte die Menge mit einem "Guten Morgen". Hauptaugenmerk legte die Band auf das letzte Album "into the otherworld". Aber auch Songs des Vorgängers kamen zu Ehren, so "Falling away" mit dem eindringlichen Refrain, "so high" oder "Gayatri", ein Mantra, der bei 3000maliger Wiederholung zur Erleuchtung führen soll (Leider fehlte heute der zeitliche Rahmen zur Erleuchtung). Sänger Ben Richter nutzte die Zeit zwischen den Stücken, um dem Publikum derartige mythologischen Begebenheiten den Publikum zu erklären. SCREAM SILENCE Ebenfalls aus Berlin reisten die Mannen um Sänger Hardy Fieting nach Mülheim. Ihr Sound ist ein dunkel-melancholischer Mix aus Gitarren und Keyboard, der diesmal einen schwermütigen Ruhepol zwischen Thanateros und Xandria bot. Auch wenn die Saiten ab und an mal etwas härter gerifft (nicht zuletzt dafür verantwortlich war der Tunes of Dawn Gitarrist) werden, verlief das Ganze auch live doch eher in ruhigeren Bahnen. Überraschende Auflockerungen dieser elegischen Darbietung gab es mit Hardy's Growleinlagen, welche sich konträr zu seinem ansonsten sonor düsteren Timbre einschlichen. Scream Silence hatten als Auswahl ein Mix aus den tanzbarsten Songs ihrer Alben gewählt. Neben der Singleauskopplung "Creed" ( weitere Songs von "Saviourine" waren "try to gasp" und "Homecoming") oder "Elegy" überraschte man mit dem gelungenen New Model Army Cover "Living in a Rose". XANDRIA Hände hoch, oder es knallt!!!! Dies ist nur einer von vielen reichlich peinlichen Äußerungen von Sängerin Lisa in den Pausen ("Ihr mögt's wohl härter" war eine weitere / was will uns Lisa damit sagen?). Bei allem Respekt für eine geniale Show, perfekte Live Instrumentierung und überwältigen Gesang, dieses Dauergrinsen und Kindergarten-Gequake ging mir tierisch auf die Nerven. Sollte das Gerücht stimmen, dass Lisa sich als Moderatorin beim KIKA beworben hat? Musikalisch gibt es wie gesagt nichts auszusetzen. Die Musiker rockten und die barfüssige Lisa... ja eins kann sie wirklich gut... singen, da fallen auch die leichten Schwankungen bei extrem hohen Gesangsphasen kaum ins Gewicht. Live agiert die Band wesentlich härter als auf CD, was den Kontrast zwischen der immer vorhandenen träumerischen Melancholie der Hooklines und dem straighten Riffing noch stärker erscheinen lässt. Perfektes Bindeglied ist hierbei das sphärisch gespielte Keyboard. Von der Setlist her war es quasi ein Best of Programm. "Ravenhaert" wurde traditionell vom Publikum am meisten gefeiert. Mich überzeugte vor allem das druckvolle Schlussstück "Black Flame", diesen Song halte ich aber ohnehin für den Besten der Bielefelder. Brachiale Härte mit einer schreienden Lisa bekam man bei "Snow White" zu Gehör. Weitere Stücke waren: "Now and forever", "The Lioness", "Black and Silver", "Kill the Sun", "Find me", "In Love with Darkness", "Isis/Osiris", "the end of every Story", "Fight me" ASP Dann war es auch schon Zeit für den Nosferatu der neuen deutschen Gothic Szene. Ein dramatisch inszeniertes Intro hüllte die Bühne in tiefen Nebel. Nach der "Beschwörung" und dem druckvollen "Besessen" gab es einige Zornesfalten auf der Stirn des Sängers, denn das Mikro wollte nicht so richtig. Was leider ein wenig die Sakralität des Openers nahm. Diese kleine Eröffnungspannepanne war aber spätestens bei "Sing child" vergessen und es kam vor der Bühne zu ersten euphorischen Stimmungserhöhungen, welche sich vor allem in der Bewegung wiederspiegelten. Begeisternd immer wieder die Mimik von ASP, der durchaus als Reinkarnation von Max Schreck, dem Darsteller von Graf Orlok, bezeichnet werden könnte. Wer die Band aus früheren Tagen kennt, der vermisst natürlich Background/Chorsänger Holger, so lag die ganze Last auf ASP, insgesamt verliert die Band hier live ein wenig Atmosphäre, auch wenn man erwähnen muß, dass sich ASP von Jahr zu Jahr steigert, aber die Oktaven des Einzelnen bleiben beschränkt. Die Band baute in ihrem schwarzbunten Treiben immer wieder melancholische Ruhepausen ein. So bestach "Tiefenrausch" durch den großen Erzähleinteil in den Strophen, auch "Hunger" wurde sehr bedrückend intoniert. Als erste Zugabe gab es das druckvolle, klassisch beeinflusste "Werben" bevor es mit dem energischen "Ich will brennen" zu Ende ging. Dass Pyrotechnik keine Spielerei ist, wäre für Basser Tossi fast zum Verhängnis geworden, der sich plötzlich einer Stichflamme gegenüber stehen sah. Es hätten dann wohl zwei brennende Personen brennend auf der Bühne gestanden, denn eine weitere (gewollt) brennende Gestalt verteilte während dieses letzten Songs Bier. Tracklist: Beschwörung Besessen Welcome Sing Child Lykanthropie Demon Love Hunger Kokon Und wir tanzten Tiefenrausch She wore Shadows Schmarzer Schmetterling Schwarzes Blut Werben Ich will brennen SUBWAY TO SALLY Ein Feuerwerk im wahrsten Sinne brannten zum krönenden Abschluß Subway to Sally bei ihrem bereits dritten Auftritt beim Castle Rock ab. Die Pyrotechniker haben ganze Arbeit geleistet und auch Fish betätigte sich mittendrin als Feuerspucker, die anderen taten es ihm beim "Veitstanz" gleich, benutzten dafür aber Flammenwerfer, welche dem großen Baum vor der Bühne aber nur marginalen Schaden zufügte. Man sollte bei Bands immer auf dem neuesten Stand sein, ich war es nicht und so waren die ersten drei Stücke, welche allesamt von der aktuellen CD "Nordnordost" stammten, für mich Neuland. Das romantisch verruchte "Schneekönigin" wurde mit Kunstschnee visuell verfeinert. Herausragend vom neuem Werk fand ich aber beim erstmaligen Hören das melancholische "Eisblumen" (ein wundervoll gefühlvoller, tiefromantischer Track). Die neuen Songs sind nicht mehr ganz so Metallastig wie noch bei "Engelskrieger", aus dem das folgende "Knochenschiff" stammte. Eric Fish gab den Flummi wie zu besten Zeiten, strapazierte den Schrei aber etwas über. Dass dieses die Stimmung aber nachhaltig auf einer immer hohen Welle reiten ließ, soll nicht unerwähnt bleiben. Mit "Kleid aus Rosen" und "Die Schlacht" gab es dann Interpretationen des "Herzblut" Albums. Abgesehen von "Julia und die Räuber" endete die längste Zeitreise bei "sag dem Teufel", bei dem sich das Auditorium erstmals reichlich textsicher gab. Die Stimmung, welche von den reichlich anwesenden Subway Fans bereits zu früher Stund mit Blut, Blut Gesängen aufgebauscht wurde, ließ während des gesamten Auftritts nicht ab. Im Gegenpart spielte sich die Band in einen wahren Rausch. Die hereinbrechende Dunkelheit ließ auch erstmals die dezente Lichtanlage zur Geltung kommen, welche hier nicht verspielt den LJ befriedigte, sondern atmosphärisch dichte Kreationen auf die Bühne zauberte. Nach dem "Veitstanz" verließen die Jungs die Bühne, um noch einmal den Fans die Möglichkeit zu geben, dass sich die Hymne "Julia und die Räuber" über den Burghof Acapella verbreitete. Natürlich kamen die Mannen zurück und taten wie ihnen geheißen. Mit "Seemannslied" als endgültigen Abschluß sprengten die Potsdamer dann dezent die Deadline von 22 Uhr. Tracklist: Sarabande de Noir Schneekönigin Feuerland Knochenschiff Kleid aus Rosen Die Schlacht Unsterblich Eisblumen Minne Henkersbraut Falscher Heiland Sag dem Teufel Das Rätsel Ohne Liebe Veitstanz Julia und die Räuber Seemanslied DAS FAZIT: Dieses Festival scheint auch immer für die Musiker etwas besonderes zu sein. Denn belanglos ein Allerwelts-Programm herunterspielen, diesem Fauxpas vieler Festivals unterlag keiner der Musiker, ganz im Gegenteil. Gelungen auch mal wieder die Zusammenstellung, welche nicht nur recht unterschiedliche Musikrichtungen zusammenbrachte, sondern auch ein perfektes Bindeglied zwischen Underground und Mainstream bot. Der Macher des Festivals, Michael Bohnes, war erneut reichlich unterwegs, im Gegensatz zu vielen anderen Veranstaltern sucht er nicht nur den Kontakt zu den Bands, sondern auch zu den Leuten, die mit ihren Erscheinen, den Berichten, Werbung und dergleichen ein solches Festival erst möglich machen. Bis auf kleine Ausnahmen, war der Sound extrem gut, und weiß Gott nicht zu laut, wie einige bei Subway bemängelten. Leider war das Mikro zu Beginn einiger Auftritte des Sängers Feind. Demnächst im Soundcheck das Mikro einfach mit einbeziehen :-) Eine kleine Frage hätte ich aber noch: Warum brachte der Auftritt der Bürgermeisterin, welche das Festival (natürlich Wahlkampfpolitisch korrekt) würdigte, einen Mitarbeiter am Wertmarkenverkaufsstand derart aus der Ruhe? |