Und immer bitte schön 100%. |
![]() Pink turns blue (Emotionaler Dark Wave) (Fotos von www.matthiasdahl.de) Interview lesen: Teil1 - Teil 2 Wie tief kann, wie tief darf Musik gehen? Ich glaube man sollte zwei Dinge differenzieren. Musik hat nichts mit Heldenverehrung zu tun, Musik hat aber auch rein gar nichts mit Massenkonsum in medialer Form zu tun. Musik dient in meinen subjektiven Gedanken rein dazu, Gefühle zu transportieren und abzutauchen in eine Welt, in der nur das eigene Ich und das aus den Boxen kommende Erzeugnis bestimmend ist. Wenn es einer Band gelingt, Gedankenverloren den Hörer mitzunehmen und ihn in eine Sinntiefe führt, dieser Mensch dann trotz aller Alltagssorgen zum Genießer wird, dann ist Musik mehr als Kunst, dann ist Musik ein Lebenselexier. Hochtrabende Worte, sicherlich, aber sie sind mit Bedacht gewählt und ich kenne nur 4 Bands, wo sie auch angebracht sind, und eine davon ist PTB. Auch wenn es Mic nicht gerne hören wird, für mich ist PTB DIE Band der deutschen dunklen Szene. PTB verabschiedeten sich Mitte der 90er nach einem wenig erfolgreichen Album. Es schien, als wäre es das gewesen. Eher zufällig kam dann eine Wiedervereinigung zu Stande und das WGT 2003 hatte ihren Höhepunkt. Dieses Konzert zu erleben, war für mich eine Begegnung mit der Vergangenheit, es war Gefühl pur. Nehmt einen Orgasmus, einen Lottogewinn und potenziert ihn mit 100. Es folgten in 2004 weitere begeisternde Festivalauftritte und ein begeisterndes Konzert im Bochumer Zwischenfall. Mit "Re-Union" wurde eine Best Of veröffentlicht (war schon etwas komisch, erstmals "If two world kiss" ohne Knistern zu hören) und nun hat es die Band geschafft, ein neues Album zu veröffentlichen, welches in Puncto Genialität, in Puncto Dark Wave, in Puncto Gefühl, in Puncto traditioneller Authentizität sämtliche VÖ's der letzten Jahre in den Schatten stellt. Auch wenn im Interview "moderne" Künstler erwähnt werden, glaube ich nicht, dass in den vergangen 15 Jahren ein derartiges Album erschienen ist. Pink turns blue bedeutet immer Wärme, Leidenschaft, Kraft, Verzweiflung. Und immer bitte schön 100%. www.pinkturnsblue.com (andreas) Pink turns blue sind: Mic Jogwer : Autor, Sänger, Gitarrist Louis Pavlou: drums Brigid Anderson : Keys Reini Walter : Bass Marcus Giltjes : Maler, Klangkünstler Janez Krizaj: Alter Weggefährte, der das Album im Laibach Studio in Ljubljana, Slowenien zusammenfügte. -> Review "Phoenix" lesen ![]() ![]() War die Erwartungshaltung im Vorfeld von Fans, Medien usw. nicht auch eine enorme Belastung? ![]() Ich meine im Bezug auf Kultband usw. All die ganzen Schlagwörter, die da so im Raum stehen? ![]() Wenn man sich das Album anhört, ist es tief verwurzelt in den 80ern. Auf der anderen Seite ist es zeitlos, zeitlos in der Form wie Joy Division oder Cure zeitlos sind. War es dir wichtig, wieder die alten Werte des Wave Rocks entsehen zu lassen (melodisch, melancholisch aber trotzdem dreckig)? ![]() Wenn ich dich jetzt so reden höre, kann es sein, dass du den Hype um Pink turns blue kleinreden willst? ![]() ![]() ![]() Kannst du ein wenig über die Entwicklung der letzten beiden Jahre erzählen? ![]() (Hinweis: eine wesentlich detailiertere Version zur Reunion von PTB könnt ihr im alten Interview nachlesen) Du hast aber im Vorfeld bereits einige Songs geschrieben? ![]() Da ist aber nie etwas veröffentlicht worden? ![]() "The lost Son" erscheint als perfekter Opener. Bist du der verlorene Sohn, der zurückgehrt um seine Vision von leidenschaftlicher Musik zu verfolgen? ![]() Teil 2 ![]() PTB ist einfach eine sehr bauchorientierte Band. Stell dir das so vor: Wir sind fünf Leute, kommen zusammen, haben jeder ein Eimer Farbe in der Hand und tauchen unsere Hände da richtig tief rein, schmeißen das an die Wand und machen so lange weiter bis wir denken, das ist jetzt schön. Welche Bedeutung haben in diesem Zusammenhang deine Texte? Ich schreibe diese Texte, aber habe nie einen Plan. Im Januar haben wir uns in Hamburg getroffen, um die ganzen fertigen Tracks durchzuhören, uns darüber klar zu werden, wie sieht die Reihenfolge aus, wie soll das Album heißen usw. In diesem Moment ist uns erst bewusst geworden, wie das Bild zusammenpasst. Aber wenn man die Leidenschaft im Gesang hört, muß doch mehr dahinter stecken? Natürlich steckt was dahinter, ein ganzes Leben steckt dahinter. Ich als Sänger und Texter bin dazu positioniert, diese Rolle einzunehmen. Ich bin eher eine Seele, die sucht, kein Autor, der seine Texte plant. Wenn ich mir "Crusade" anhöre, scheint die Stimme teilweise hoffnungslos, fast abwesend die beschreibenden Gedanken. Würdest du hier die Worte "unterschwellig aggressiv" gelten lassen? Ich kann natürlich meine eigene Stimme nicht beurteilen. Ich weiß, worum es mir in dem Song geht. Es geht mir um das Wort "Kreuzzug", welches zuletzt von Herrn Bush verwendet wurde, um Frauen und Kinder abzuschlachten. Im Sinne von "ich will die Welt befreien", am Ende geht es um ganz andere Dinge. Was da natürlich aufschreit ist eine Wut und eine "ich kann es nicht mehr hören"-Mentalität. Gerade wenn es um das Thema Krieg oder Religion geht, sind die Texte im Vergleich zu früher leichter interpretierbar. Ist dir bei diesen Themen eine klare Aussage wichtig? Ich stehe zu Texten, allerdings kann ich als Person nicht die Arroganz entwickeln zu sagen, ich hab das mal eben zusammengefasst. Was ich machen kann ist, das was ich fühle, wenn ich durch die Welt gehe, aufzuschreiben. Ich bin nur ein Künstler, ein Musiker und ich steh dazu, was raus kommt. In diesem Kontext stehe ich auch zu mehr Klarheit. Inzwischen gibt es ja zwei Songs die eindeutig Bezug zu Macht- und Kriegsspielen nehmen. Du meinst sicher noch "Wanderers"? Genau, wie sie wie Wanderheuschrecken über die Welt ziehen, nur weil ein Volk im historischen Automatismus gerade die Oberhand hat, und dieses Volk mit den fadensacheinigsten Gründen erklärt, warum man Geld und Menschen einsetzt, um andere Völker platt zu machen. Das sind Dinge, die ich wahrnehme und die wir als Band wahrnehmen. Vereinfacht das Feindbild USA/Bush das Entstehen derartiger Texte? Wenn einem Menschen wichtig sind, die Werte die Menschlichkeit ausmachen, das Streben nach Schönheit und die wirklichen Gefühle wichtig sind, dann muß man gegen Bush sein. Zu sagen, wir werden nicht aufgeben für das zu kämpfen, was uns wichtig ist. In welchem Zusammenhang steht der Song "Underground" mit der Philosophie von PTB? Als wir bei PTB in der Diskussion standen, was sind wir eigentlich, was können wir darstellen? Da haben wir festgestellt, dass es uns sehr, sehr schwer fällt, kalkulierte Kunst zu machen. Und dass wir Gefühle und Ideen nur daraus ziehen, wenn wir wieder ganz nach unten gehen. Dazu stehen, dass wir Underground sind, das wir Alternativ sind, das wir keine Chance auf kommerziellen Erfolg haben. Und das uns letzteres im Endeffekt auch scheißegal ist? ![]() Ja. Da gibt es ja die klassische Frage, wenn du deinen letzten Atemzug machst, worauf bist du denn stolz, darauf dass du reichlich Leute über den Tisch gezogen hast, möglichst viel Geld angehäuft zu haben? Da gibt es dann den Moment, wo du reflektierst, hey, was war denn der Sinn meines Lebens? Underground ist für mich ein ganz tief nach unten gehen, auch tief in sich zu gehen, bzw. ganz tief in dich zu horchen. "Good Times" ist ein autobiografischer Song, könntest du ein wenig über die Hintergründe des Stückes erzählen? Es ist einfach und banal. Ich hab die schrullige Eigenart, wenn ich nachts nicht schlafen kann, Auto zu fahren. Es ist auch eine Metapher für eine Durchhalteparole, das man in Zeiten, die eher unruhig sind, sagt: halte an deinen Werten fest, es wird schon die Stadt kommen, wo es wieder nett ist und fahr einfach weiter bis du zu dieser Stadt kommst. Wenn man das Retrospektiv sieht, wo war London dann für dich? London waren schon "Good Times" (lacht). London war einfach ein Abenteuer, nachdem wir "Aerdt" gemacht haben, haben wir diese emotionale Intensität, die wir auch in Laibach zelebriert haben, komplett ausgelebt. Wir konnten einfach nicht mehr, die nächste Platte wäre faktischer Selbstmord gewesen. Wir mussten einfach ausbrechen, andere Ufer suchen, wir mussten einfach Neuland suchen, sonst hätten wir uns in unseren eigenen schwarzen Sumpf aufgerieben. Hinzu kam auch, dass die Band aufgrund der Intensität fast am Ende gewesen wäre. Wir haben dann gemeinsam dieses Abenteuer London gesucht und es hat uns Kraft gegeben und neue Dinge näher gebracht. Wir haben einige Leute kennen gelernt, Moby, wir haben Cure persönlich kennen gelernt. Menschlich hat uns das sehr viel weiter gebracht. Was schwierig war für uns, wir haben ein bisschen den Kontakt zu dem verloren, was uns eigentlich ausmacht. Meinst damit auch den Kontakt zu den Fans? Zu den Fans auf jedem Fall, aber auch zu der Musik. In England gab es zu der damaligen Zeit gerade Rave und Techno. Wir haben diese Elemente dann auch in unsere Musik einfliessen lassen, aber das was eigentlich unsere Stärke ist, 100% Gefühl, die emotionale Stärke, auch Schroffheit oder Wut, Tiefgründigkeit ist uns verloren gegangen. Ende Teil 2 Diskografie: '87: If two worlds kiss LP/CD '88: Meta LP/CD '88: Touch the Skies 12"/MCD '88: Your master is calling 12"/MCD '90: Eremite LP/CD '91: Aerdt CD '91: The Son MCD '91 Seven Years MCD '92: Sonic Dust CD '92: Overloaded MCD '92: Star MCD '94: Perfect Sex CD/DCD '94: Muzak CD '04: Re-Union CD '05: Phoenix |